Profil:Bill de Blasio

New Yorks Bürgermeister hat wieder seine Gabe für den richtigen Ton bewiesen.

Von Christian Zaschke

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(Foto: Rex/Shutterstock)

Es sind die schwierigen Momente, in denen Bill de Blasio zur Hochform aufläuft. Als der New Yorker Bürgermeister am Montag zwei Stunden nach dem Anschlag in Manhattan sein erstes Statement abgab, fand er genau den richtigen Ton: Er appellierte an die Stadt, sich nicht unterkriegen zu lassen. Das sagen Politiker zwar immer in solchen Momenten, aber de Blasio sagte es eben besonders überzeugend. New York werde deshalb Ziel von Anschlägen, weil es ein Leuchtfeuer für die Welt sei, deklamierte er. Weil die Stadt beispielhaft zeige, dass eine vielschichtige und vielseitige Gesellschaft möglich sei.

Ähnlich hatte er sich nach einem Anschlag vor sechs Wochen geäußert. Damals sagte er: "Diese Tat sollte uns brechen, aber wir New Yorker sind stark und unverwüstlich." Das mag pathetisch klingen, es verfehlt jedoch seine Wirkung nicht. In solchen Momenten ist Bill de Blasio der richtige Mann am richtigen Ort. Ob man das insgesamt über den Bürgermeister sagen kann, darüber gibt es verschiedene Meinungen.

Zwar wurde er Anfang November mit rund 65 Prozent der Stimmen wiedergewählt, besonders beliebt ist er allerdings nicht. Sein Erfolg war vor allem der Tatsache geschuldet, dass seine Gegenkandidatin zu unbekannt war und Präsident Donald Trump zu nahe stand. Und der ist in seiner Heimatstadt New York sagenhaft unbeliebt. Nach seiner Wiederwahl versprach de Blasio, dass es jetzt erst richtig losgehe. Damit gestand er indirekt ein, dass er in seiner ersten Amtszeit nicht allzu viel erreicht hat. Zwar gibt es nun ein kostenloses Kindergartenjahr und die Kriminalitätsrate ist gesunken, aber seine wichtigsten Versprechen konnte de Blasio nicht halten: bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und die Zahl der Obdachlosen zu verringern. Es gibt jetzt sogar mehr Obdachlose in New York als bei seinem Amtsantritt 2014.

De Blasio gehört zum eher linken Flügel der Demokraten und hat sich Donald Trump als Lieblingsfeind erkoren. Seine Wiederwahl zum Bürgermeister nannte er "ein klares Zeichen ans Weiße Haus". Trump lässt sich bei solchen Fehden bekanntlich nicht lumpen, er bezeichnete de Blasio auf seinem Lieblingsmedium Twitter einmal als "schlechtesten Bürgermeister der USA".

In Folge des Anschlags vom Montag vertreten beide Männer wieder einmal entgegengesetzte Positionen. Trump hat eine Verschärfung der Einwanderungsgesetze gefordert, weil der aus Bangladesch stammende Attentäter mit einem Visum als Verwandter eines US-Bürgers ins Land gelangt ist. Diese Praxis gehöre schleunigst abgeschafft. Als Vertreter des multikulturellen New York widersprach De Blasio umgehend. In regelmäßigen Abständen wird darüber spekuliert, ob der 56 Jahre alte de Blasio gern Nachfolger des 71 Jahre alten Trump werden wolle. De Blasio winkt dann stets lächelnd ab. Er konzentriere sich aufs Jetzt, sagt er gern. Ein Dementi klingt anders.

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