USA-Besuch:Erdoğan sieht zu, wie seine Leibwächter Demonstranten verprügeln

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  • Beim Besuch des türkischen Präsidenten Erdoğan am Dienstag in Washington kam es bei einer Demonstration vor der türkischen Botschaft zu Gewalt.
  • Es kursieren Videos mit türkischen Sicherheitsleuten, die auf Demonstranten einprügeln.
  • Nun zeigt ein weiteres Video, wie Erdoğan die Szenen aus wenigen Metern Entfernung beobachtet.

Eine schwarze Limousine parkt vor der türkischen Botschaft in Washington. Drinnen sitzt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, gerade auf Staatsbesuch in den USA. Um den Wagen wuseln ein Dutzend Sicherheitsmänner. Dann zoomt die Kamera heran: Nur wenige Meter vom Auto entfernt sieht man ein Handgemenge, Menschen rennen über den Rasen. Männer in schwarzen Anzügen - offenbar weitere Sicherheitsleute der türkischen Botschaft - laufen ihnen hinterher, treten sie, schlagen auf sie ein.

Es soll sich um eine Demonstration von Kurden und Gegnern der türkischen Regierung gehandelt haben, die von Erdoğans Security-Leuten brutal aufgelöst wurde. Mehrere Videos dazu kursieren seit ein paar Tagen im Netz. Alleine über das Bildmaterial ist nicht zweifelsfrei zu erkennen, wer mit der Gewalt anfing. Doch ist klar zu sehen, wie mehrere Sicherheitsleute auf Demonstranten einprügeln, sie verfolgen, nachtreten.

Und nun hat Amerika'nın Sesi, der türkische Service der Voice of America, des offiziellen staatlichen Auslandssenders der USA, ein weiteres Video veröffentlicht. Es zeigt die Gewalt im Hintergrund - und dann Präsident Erdoğan, wie er ruhig aus dem Wagen aussteigt und das Treiben beobachtet. Er geht um das Auto herum, in Richtung Botschaftseingang, und bleibt dann noch einmal stehen: Wieder geht sein Blick zu den Demonstranten, die gerade von Sicherheitsleuten traktiert werden. Dann verschwindet er in der Botschaft.

Untersuchung des Vorfalls noch nicht abgeschlossen

Zwei Leibwächter des türkischen Präsidenten hatten die amerikanischen Behörden nach den Vorfällen festgenommen. Sie sind inzwischen wieder freigelassen worden. Ob den beiden Leibwächtern diplomatische Immunität gewährt wurde oder unter welchen Konditionen sie freigelassen wurden, gaben die US-Behörden nicht bekannt.

Die Untersuchung ist dem Außenministerium zufolge aber noch nicht abgeschlossen: Es hat den türkischen Botschafter vorgeladen. Der republikanische Senator und ehemalige Präsidentschaftsbewerber John McCain forderte Präsident Donald Trump gar auf, den türkischen Botschafter aus dem Land zu werfen.

Die Türkei stellt die Vorfälle freilich anders dar. Die Demonstranten hätten vor der türkischen Botschaft Slogans gegen Erdoğan gerufen und hätten Erdoğan-Anhänger provoziert, berichtet die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Weil die US-Polizei türkische Forderungen nach einem Einschreiten nicht beachtet habe, seien Erdoğans Sicherheitskräfte und türkische Staatsbürger eingeschritten, um "sie zu zerstreuen", heißt es im Anadolu-Bericht.

© SZ.de/dayk/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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