USA:"Bester Freund" stützt "böse Person"

US-Präsident Donald Trump beendet seinen Flirt mit Moskau und geht auf Distanz zu Russland. Warum oder wozu? Vielleicht weiß er es selber nicht.

Von Sacha Batthyany, Washington

Abu Malek, one of the survivors of a chemical attack in the Ghouta region of Damascus that took place in 2013, uses his crutches to walk along a street in Ghouta town of Ain Tarma

Die Zerstörung und Verelendung Syriens, wie hier nahe Damaskus, interessierte Donald Trump im Wahlkampf noch wenig. Nun, als Präsident, bezeichnet er Baschar al-Assad als "Tier".

(Foto: Bassam Khabieh/Reuters)

Es gibt Kommentatoren in Washington, die erinnert das Verhältnis zwischen Donald Trump und Wladimir Putin an eine Online-Dating-Seite. Im Wahlkampf habe Trump mit Putin aus der Distanz geradezu "geflirtet", hieß es etwa auf CNN. Er pries den russischen Präsidenten als "starken Leader" und äußerte die Hoffnung, Putin könne bald sein "neuer bester Freund" werden. Trump mochte Putins Profil - und der russische Präsident gab die Komplimente zurück.

Seit dem Giftgasanschlag in Syrien aber habe sich das Verhältnis gewandelt, "als hätten sich die beiden Staatsführer zum ersten Mal im echten Leben getroffen", so CNN. Tatsächlich hat sich der Ton innerhalb weniger Tage verschärft. Der abrupte Kurswechsel von freundschaftlich zu konfrontativ löse ein "geopolitisches Schleudertrauma" aus, schrieb die New York Times.

Zur Syrien-Politik gibt es aus dem Weißen Haus widersprüchliche Aussagen

Noch vor Wochen wurde dem US-Außenminister Rex Tillerson etwa vorgeworfen, er sei zu eng mit Russland verstrickt und sei ungeeignet, dem Kreml die Stirn zu bieten. Beim G-7-Außenministertreffen in Italien am Dienstag aber, einen Tag bevor Tillerson nach Moskau flog, wählte der US-Außenminister deutliche Worte. Russland stehe mit seiner Syrienpolitik "auf der falschen Seite der Geschichte", sagte Tillerson und forderte, dass Moskau sich von Syriens Präsident Baschar al-Assad distanziere und auch die Verbindungen zu Iran kappe. "Wir verschreiben uns wieder dem Ziel, jeden in der ganzen Welt zur Rechenschaft zu ziehen, der Verbrechen an Unschuldigen verübt", sagte Tillerson.

Das Weiße Haus veröffentlichte derweil einen vierseitigen Bericht, wonach es keinen Zweifel gebe, dass der Giftgasanschlag in Idlib, bei dem mehr als 80 Menschen starben und Hunderte verwundet wurden, von der syrischen Regierung ausgegangen sei. Auch der UN-Sicherheitsrat stimmt am Mittwochabend erneut über eine Resolution zum Giftgasangriff in Syrien ab und wollte eine Untersuchung des Vorfalls fordern. In der vergangenen Woche war es wegen einer Blockade Russlands nicht gelungen, eine Resolution zu dem Angriff zu verabschieden. Moskau steht an der Seite der syrischen Regierung, die wiederum bestreitet, für den Giftgasangriff verantwortlich zu sein.

Auch am Mittwoch blockierte Russland die Resolution.

Putin hatte Trumps Vergeltungsschlag auf den Luftwaffenstützpunkt Al-Schairat scharf kritisiert und sprach von einer "Provokation". Trump wolle nur von innenpolitischen Schwierigkeiten ablenken. Eine Vielzahl der 59 Marschflugkörper hätten das Ziel verfehlt, hieß es in einer Meldung aus Moskau, die das Weiße Haus dementierte. Der Kreml verbreite ein "falsches Narrativ", hieß es aus Washington wie zu Zeiten des Kalten Krieges. Russland versuche, die Vorfälle in Syrien "zu vertuschen".

Im Gegensatz zu Außenminister Tillerson und der amerikanischen UN-Botschafterin Nikki Haley hielt sich Trump mit Kommentaren zu Russlands Syrienpolitik in den vergangenen Tagen noch zurück. Vor dem Treffen zwischen Trumps Außenminister Tillerson mit dessen russischem Kollegen Sergej Lawrow aber meldete sich der Präsident zu Wort. "Wir gehen nicht nach Syrien", sagte er dem Fernsehsender Fox Business. Ein Satz, der zur Kakofonie passt, die im Moment aus dem Weißen Haus zu vernehmen ist. Trumps Kabinettsmitglieder hatten sich in den vergangenen Tagen mehrfach widersprochen. So habe der Sturz Assads gemäß Haley "oberste Priorität", laut Trumps Pressesprecher Sean Spicer sei er "wieder vom Tisch".

Im Interview mit Fox bezeichnete Trump den syrischen Präsidenten Assad als "Tier". Putin, so Trump weiter, stütze eine "böse Person" in Syrien. Putins Unterstützung für Assad sei "sehr schlecht für Russland" und auch "sehr schlecht für die Menschheit".

Eine eigentliche Strategie hinter Trumps Kurswechsel ist aber auch nach dem Interview nicht zu erkennen.

Sicher scheint nur zu sein, dass der Präsident sich von dem Isolationismus zu lösen versucht, den er im Wahlkampf noch predigte, und sich einer eher interventionistischen Politik zuwendet. Statt "America first" also plötzlich "America everywhere"? Gemäß US-Medienberichten war es Trumps Tochter Ivanka, die mit ihrem Mann Jared Kushner den Präsidenten dazu bewogen hätte, in Syrien einzugreifen und Russland stärker zur Rechenschaft zu ziehen. Dies behauptet auch Trumps Sohn Eric im britischen Telegraph. Ivanka sei Mutter von drei Kindern und habe viel Einfluss auf den Präsidenten. "Ich bin mir sicher, sie sagte: Hör zu, das ist schreckliches Zeug", so Eric Trump.

Andere behaupten, der Präsident wolle nur beweisen, dass er mit Russland nicht verstrickt sei, wie ihm seine Gegner seit Wochen vorhalten. "Trumps Wandel ist einfach nur ein weiteres Zeichen seiner Unberechenbarkeit", sagt Politikexperte David Axelrod. Die Ungewissheit ist in Trumps Präsidentschaft bisher die einzige Konstante.

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