USA:Auf, auf zum Höllenritt

Lange glaubte die republikanische Parteiführung, mit Donald Trump werde es schon gutgehen, man könne ihn unter Kontrolle halten. Seine sexistischen Brabbeleien zeigen nun: Das war ein fataler Irrtum.

Von Stefan Kornelius

Donald Trumps sexistische Brabbelei überrascht niemanden. Nichts anderes hat man von diesem Mann erwartet. Er ist ein Sexist, ein Rassist und ein Demagoge. Zwischen Vermutung und Beweis aber liegt exakt jene Grauzone, in die sich die Republikanische Partei und all ihre Kandidaten für die Kongress-Ämter und Gouverneursposten geflüchtet haben: Das wird schon gutgehen; den werden wir schon unter Kontrolle halten.

Nein, es ist nicht gutgegangen. Und nein, Donald Trump hält nichts und niemand unter Kontrolle. Der Mann ist und bleibt der falsche Kandidat, ihm darf man die amerikanische Präsidentschaft nicht anvertrauen. Kann man ihm also die Kandidatur noch nehmen?

Einen Kandidatenwechsel zu einem so späten Zeitpunkt, einen Monat vor der Wahl, hat es in der US-Geschichte noch nicht gegeben. Trump müsste aufgeben und den Weg für eine Nachbesetzung freimachen, was gewaltige rechtliche Probleme schüfe. Sein Ego wird diese Schmach nicht zulassen. Er hat gegen das Partei-Establishment die Kandidatur durchgesetzt, warum sollte er sich jetzt dem Partei-Establishment beugen? Tatsächlich gibt es diese gewaltige Kluft zwischen der Eliten-Perspektive auf den Kandidaten und den Trump-Wählern, die kein Problem mit der Derbheit und Charakterlosigkeit ihres Kandidaten haben. Trump hat nur diese Wählerschicht im Blick. Sie verschafft keine Mehrheit, aber einen Egotrip.

Wer glaubwürdig bleiben will, muss sich von Trump distanzieren

Trump war der Loyalitätskonflikt der republikanischen Parteiführung, der Senatoren und Kongressabgeordneten, schon immer egal. Nun hat sich dieses Problem auch gelöst. Wer als republikanischer Bewerber um ein Wahlamt seine Glaubwürdigkeit erhalten will, muss sich von Trump jetzt absetzen. Faktisch ist Trump nun ein unabhängiger Kandidat, der minimale Unterstützung und Spenden erhalten wird.

Rückzug oder die Einzelkämpfer-Variante - wie auch immer sich Trump entscheidet, die letzten vier Wahlkampfwochen werden zu einer schlimmen politischen Erfahrung für die USA werden. Hillary Clinton würde am meisten davon profitieren, wenn Trump im Rennen bliebe. Sie hat bereits in den vergangenen Wochen weitgehend passiv von dessen Selbstzerstörung profitiert. Das wichtigste Motiv ihrer Anhänger ist, Trump zu verhindern. Das ist nicht sonderlich schmeichelhaft für die Kandidatin, aber es reicht vermutlich aus, um Präsidentin zu werden.

Der faustische Pakt der Republikaner mit ihrem Kandidaten endet in einem Höllenritt. Die Selbstvernichtung wird weitergehen. Wer die Wahl zwischen Al Gore und George W. Bush im Jahr 2000 und die Anwaltsschlacht bei der Stimmenauszählung in Erinnerung hat, kann sich ausmalen, was ein juristisches Gemetzel vor dem Wahltermin zwischen Trump und seiner Partei anrichten könnte. Der Kandidat würde damit nicht nur den letzten Rest Anstand im Wahlkampf zerstören, sondern auch den Glauben an das System und die Relevanz von Politik überhaupt. Und das alles wegen des Egos eines einzigen Mannes.

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