Republikaner-Kandidat Donald Trump:Alles, was recht ist

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Donald Trump spricht am ersten Tag des Nominierungsparteitags der Republikaner in Cleveland. (Foto: dpa)

Nach den tödlichen Schüssen auf Polizisten setzt Donald Trump auf "Recht und Ordnung"-Parolen. Der Republikaner will Präsident werden, indem er die Ängste vieler Amerikaner verstärkt.

Von Hubert Wetzel, Cleveland

Bekannt war noch fast gar nichts. Kein Tätername, kein Täterfoto, keine Einzelheiten darüber, wie und warum die Schießerei passiert war. Doch als sich am Sonntagmittag die ersten Meldungen verbreiteten, dass in Baton Rouge wieder drei Polizisten von einem unbekannten Schützen getötet und mehrere verletzt worden waren, schrieb Donald Trump seinen ersten Kommentar auf Facebook: "Wie viele Gesetzeshüter und Menschen müssen noch sterben, weil niemand dieses Land führt? Wir fordern Recht und Ordnung."

Eine Stunde später tippte Trump einen Tweet: "Wir VERSUCHEN den Islamischen Staat zu bekämpfen, und jetzt töten unsere eigenen Leute unsere Polizisten. Unser Land ist gespalten und außer Kontrolle." Noch eine Stunde später - in Baton Rouge war die Lage immer noch verworren - nutzte der republikanische Präsidentschaftskandidat auf Twitter das Drama für etwas Eigenwerbung. Er werde am Abend mit seinem Vizekandidaten Mike Pence im Fernsehen sein, schrieb er, "um über RECHT UND ORDNUNG zu reden. Schlechte Zeiten für die gespaltenen USA!". Der Tag endete mit einem weiteren Tweet: "Unser Land ist ein gespaltener Tatort, und es wird schlimmer werden!"

Trump erklärt weder, warum die Kriminalitätsrate steigt, noch, was man dagegen tun sollte

In den hingetwitterten Sätzen steckt ein Strategieschwenk. Über das Übel des Freihandels redet Trump nicht mehr, ebenso wenig über die Bedrohung durch illegale Einwanderer. Stattdessen probiert der Kandidat seit den Attacken auf Polizisten in Dallas und Baton Rouge einen neuen Spruch aus: Recht und Ordnung. Aus "Make America great again" ist "Make America safe again" geworden - Trump will Amerika erst mal sicher machen, bevor er das Land wieder großartig macht.

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Recht und Gesetz - das ist einer der ältesten Wahlkampfslogans der Republikaner. Und einer der erfolgreichsten. Mit dem Vorwurf an die Demokraten, sie seien "weich" im Umgang mit Kriminellen, wurden viele Wahlen gewonnen. Richard Nixon machte damit 1968 Wahlkampf, wie 2016 ein Jahr der Unruhe, Morde und der Angst. Bill Clinton fürchtete den Vorwurf so sehr, dass er 1992 als harter Kämpfer gegen das Verbrechen in die Wahl zog. Später unterstützte er eine Strafrechtsreform, die zur massenhaften Inhaftierung von (vor allem schwarzen) Verdächtigen führte. Der Demokrat Barack Obama hatte Glück: Als er antrat, waren die Kriminalitätsraten auf historischen Tiefstständen.

Seit einiger Zeit steigt die Zahl der Verbrechen in den USA wieder, vor allem in Großstädten. Doch es waren die beispiellosen Überfälle auf Polizeibeamte in Dallas und Baton Rouge, die das Thema für die Republikaner wieder wahlkampftauglich gemacht haben. Wie Donald Trump seine Rolle sieht, ist nach der Twitterei der vergangenen Tage klar: Er ist der "Recht-und-Ordnung-Kandidat", der durchgreifen wird.

Wie und wogegen, ist dabei nicht so wichtig. Trump hat bisher weder erklärt, warum seiner Meinung nach die Kriminalität steigt, noch, was man dagegen tun sollte. Stattdessen nutzt er die ständigen Nachrichten über Terroranschläge und Schießereien, um Obama und der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton mangelnde Führungsstärke vorzuwerfen und das allgemeine, vage Gefühl der Unsicherheit bei vielen Amerikanern zu verstärken. Trump wirft mit Phrasen um sich - "Chaos", "Gewalt", "Verbrechen", "außer Kontrolle". Ob die Opfer in Nizza oder Dallas, Brüssel oder Baton Rouge starben, von wem sie aus welchen Gründen getötet wurden, spielt eine Nebenrolle. Trump zufolge ist ganz Amerika, ist die ganze Welt eine Wild-West-Stadt, in der die Verbrecher marodieren. Und er ist der neue Sheriff.

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Das wäre eine unfaire, aber vielleicht noch legitime Wahlkampfstrategie, wäre das Thema Kriminalität nicht so eng mit dem Thema Rasse verknüpft. Doch die Attentäter von Dallas und Baton Rouge waren Schwarze, die ausgezogen waren, um weiße Polizisten zu töten. Wie schon Micah Johnson, der Schütze von Dallas, war auch der 29 Jahre alte Gavin Long, der Angreifer in Baton Rouge, ein ehemaliger Soldat, den seine Wut über die Polizeibrutalität gegen Schwarze zu einem Angriff auf Beamte motiviert hatte. In konservativen Kreisen wird mittlerweile die gesamte schwarze Black-Lives-Matter-Bewegung, die friedlich gegen Polizeiübergriffe protestiert, in einen Topf mit diesen selbsternannten Rächern geworfen. Das ist insofern absurd, als sich beide Attentäter vor ihren Bluttaten über die Friedfertigkeit dieser Bewegung mokiert hatten. Doch die Kritik an Black Lives Matter und Trumps Ruf nach Recht und Ordnung erinnern viele Schwarze an die Zeit, als die Bürgerrechtsbewegung von ihren Gegnern kriminalisiert wurde. "Ich kenne nicht viele Afroamerikaner, die Trumps Worte gehört haben und nicht erschrocken sind bei dem Gedanken, dass wir in eine längst überwunden geglaubte Ära zurückkehren", zitierte die Zeitschrift The Hill den schwarzen demokratischen Abgeordneten Emmanuel Cleaver.

Trump selbst verurteilt bisher die Black-Lives-Matter-Bewegung nicht so offen, wie manche seiner Verbündeten, allen voran der frühere New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani, der am Montag zu den Eröffnungsrednern des republikanischen Wahlparteitags in Cleveland gehörte. Doch der Grundton in den Tweets und Facebook-Einträgen des Kandidaten, die sich vor allem an seine weißen, männlichen Anhänger richten, ist ähnlich: hinterhältige schwarze Angreifer gegen heldenhafte weiße Ordnungshüter - und das Land steht am Abgrund. Dass in Baton Rouge neben zwei weißen Polizisten auch der schwarze Beamte Montrell Jackson starb, verheiratet und gerade Vater geworden, erwähnte Donald Trump nicht.

© SZ vom 19.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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