US-Wahlkampf:Obama bricht alle Spendenrekorde

Obama hat inzwischen mehr als 600 Millionen Dollar Spenden gesammelt. Seinem Konkurrenten McCain bleibt da nur ungläubiges Staunen - und ein böser Verdacht.

Barack Obama stellt alle Spendenrekorde bisheriger Präsidentschaftskampagnen in den Schatten: Einschließlich September hat er 605 Millionen Dollar (450 Millionen Euro) Spenden eingenommen. Im vergangenen Monat allein waren es 150 Millionen Dollar, wie Wahlkampfmanager David Plouffe mitteilte.

US-Wahlkampf: Barack Obama in Kansas City: Starker Rückenwind

Barack Obama in Kansas City: Starker Rückenwind

(Foto: Foto: Reuters)

Damit hat der Senator aus Illinois seinen finanziellen Vorsprung vor dem republikanischen Kandidaten John McCain weiter ausgebaut und kann bis zum Urnengang am 4. November in wahlentscheidenden Staaten deutlich mehr Geld für Werbung ausgeben.

Im September spendeten 632.000 Menschen erstmals für Obamas Wahlkampf, insgesamt waren es damit 3,1 Millionen Unterstützer, wie Plouffe weiter mitteilte. Daher werde die Werbung nun auch im eher konservativen Staat West Virginia ausgebaut. Möglicherweise werde man auch noch in Georgia und North Dakota Fernsehwerbung schalten.

Die demokratische Partei sammelte darüber hinaus nach Angaben vom Sonntag im September insgesamt 49,9 Millionen Dollar und hatte Anfang Oktober noch 27,5 Millionen Dollar zur freien Verfügung. Seine Team muss bis Montag einen umfassenden Bericht über den vergangenen Monat bei der Wahlkommission einreichen.

McCains Zweifel

McCain legte am Sonntag nahe, dass es beim schwindelerregend hohen Spendenaufkommen Obamas vielleicht nicht mit rechten Dingen zugehe. "Die Geschichte lehrt uns, dass unbegrenzte Geldsummen in politischen Kampagnen zu einem Skandal führen", sagte er im Gespräch mit dem Sender Fox News. McCain hat sich entschlossen, im Herbst die öffentliche Wahlkampffinanzierung in Anspruch zu nehmen, womit er für September und Oktober nur maximal 84 Millionen Dollar zur Verfügung hat. Die republikanische Partei konnte im September indes Spenden in Höhe von 66 Millionen Dollar einsammeln.

Kein Zweifel, McCain ist verbittert über die Entwicklung. "Sie haben Ihr Wort gebrochen, Senator Obama", hielt er seinem Gegner in der jüngsten TV-Debatte vor. Tatsächlich hatten beide Kandidaten anfangs versprochen, ihre Kampagnen mit öffentlichen Mitteln zu finanzieren. Demnach standen ihnen beiden jeweils 84 Millionen Dollar zu. Doch die unerwartet sprudelnden Gelder zu seinen Gunsten veranlassten Obama zum Sinneswandel: Er verzichtete auf die Staatshilfen und setzte ganz auf Spenden - mit durchschlagenden Erfolg. Obama begründete seine Wende mit dem Hinweis auf viele "dunkle" Kanäle und sogenannte unabhängige Organisationen, die traditionell republikanische Kandidaten unterstützen.

Wahlkampfexperten haben kaum Zweifel, dass die finanzielle Überlegenheit entscheidenden Einfluss hat. So konnte sich Obama etwa den Luxus leisten, auch in solchen Bundesstaaten massiv TV-Spots zu streuen, die seit Jahren oder Jahrzehnten als sichere Hochburgen der Republikaner gelten. Das wiederum setzt McCain, ohnehin finanziell im Nachteil, unter enormen Druck, in solchen Staaten zu investieren, die sein Team zuvor gar nicht eingeplant hat.

"Das praktisch unbegrenzte Spendenpotenzial", meint die Washington Post, versetzt Obama in die Lage, die gesamte traditionelle Aufteilung der Bundesstaaten infrage zu stellen. Vor allem aber zwinge Obama "McCain, seine viel geringeren Mittel zur Verteidigung statt zur Offensive einzusetzen."

Nach einer Studie der Universität Wisconsin gab das Obama-Team etwa allein in North Carolina in der Woche vom 28. September bis 4. Oktober rund 1,2 Millionen Dollar für TV-Sports aus, McCain lediglich 148.000 Dollar. In Virginia, ebenfalls ein hartumkämpfter "Battleground-State", investierte Obama in dieser Zeit 2,1 Millionen Dollar, McCain 547.000 Dollar. In den alles entscheidenden Bundesstaaten Florida, Ohio und Pennsylvania gebe Obama dreimal mehr als McCain aus. Aus Michigan hat sich McCain sogar unlängst völlig zurückgezogen - angesichts des Vorsprung seines Gegners zieht es vor, sein Geld dort zu sparen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welchen Trumpf Obama noch in der Tasche hat und warum sich der Republikaner Colin Powell für den Demokraten ausgesprochen hat.

Obama bricht alle Spendenrekorde

"Wir sind in einer starken Position", meint denn auch David Axelrod, der Chefstratege Obamas. "In einer stärkeren Position als es die Demokraten in den Wahlkämpfen der vergangenen Jahren jemals waren." Das ist bescheiden ausgedrückt. Obamas "Fernsehdominanz wird immer offensichtlicher, je näher der Wahltag rückt", staunt die New York Times. Kurz vor dem Urnengang will Obama seinen stärksten Trumpf ziehen. Dann will er nicht nur kurze, minutenlange TV-Spots ausstrahlen lassen - dann plant er halbstündige Werbesendungen.

Barack Obama, Reuters

Barack Obama ermahnte seine Anhänger, schon jetzt fest an einen Wahlsieg zu glauben

(Foto: Foto: Reuters)

Powell stellt sich hinter Obama

Nun hat auch noch der frühere US-Außenminister Colin Powell offiziell seine Unterstützung für Obama erklärt. Der Vier-Sterne-General, der in der Regierung des republikanischen Präsidenten George W. Bush von 2001 bis 2005 Außenamtschef war, gab seine Rückendeckung für den Demokraten Powell am Sonntag in einem Interview im Sender NBC bekannt. Sowohl Obama als McCain seien als Oberkommandierende qualifiziert genug, sagte Powell.

Der Demokrat sei aber besser geeignet, die Wirtschaftsprobleme in den Griff zu bekommen und das internationale Ansehen der USA zu verbessern. McCain hat in seinem Wahlkampf versucht, Obama die Kompetenzen als Oberkommandierender abzusprechen.

Powell äußerte Enttäuschung über den negativen Ton in McCains Wahlkampf sowie über seine Entscheidung, Sarah Palin zur Vizepräsidentschaftskandidatin zu machen. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Gouverneurin von Alaska im Bedarfsfall die Präsidentschaft übernehme, sagte Powell. Falls Obama die Wahl gewinne, "sollten alle Amerikaner stolz sein, nicht nur die Afroamerikaner", sagte Powell. "Das würde nicht nur unser Land begeistern, es würde die Welt begeistern", fügte Powell hinzu.

Immer mehr US-Zeitungen für Obama

Zudem unterstützen immer mehr große US-Zeitungen Obama. Nach der Washington Post und der Los Angeles Times gab am Samstag auch die Chicago Tribune eine Wahlempfehlung zugunsten des schwarzen Senators ab. Obama sei "der stärkste Kandidat", man habe "volles Vertrauen" in den 47-Jährigen. Das Blatt betonte, es sei das erste Mal, dass es einen Kandidaten der Demokraten unterstütze.

Bereits am Freitag sprach sich die Los Angeles Times "ohne Zögern für Obama als Präsident aus." Er sei ein "kompetenter, souveräner Führer, der die Hoffnungen der Vereinigten Staaten repräsentiert". Die Washington Post meinte: "Obama hat das Potenzial, ein großartiger Präsident zu werden". Wegen des enttäuschenden Wahlkampfs McCains sei die Entscheidung leicht gefallen, meinte das Blatt. Obama genieße die "Bewunderung" der Redaktion und habe "beeindruckende Qualitäten".

McCain holt in Umfragen auf

Obama hat inzwischen seinen Wahlkampf in den Hochburgen der Republikaner intensiviert. Der Senator aus Illinois absolvierte am Samstag Auftritte in Missouri, zu denen insgesamt 175.000 Menschen erschienen, und wollte anschließend weiter nach North Carolina und Florida reisen. Obama ermahnte seine Anhänger, angesichts der Umfragen nicht von einem sicheren Wahlsieg auszugehen, sondern bis zum Schluss zu kämpfen.

Obama zeigte sich überwältigt, als zu seinem Auftritt in St. Louis mindestens 100.000 Menschen erschienen. "Was für ein großartiger Anblick. Da kann ich nur sagen: Wow!", sagte der 47-Jährige zu den Schaulustigen. In Kansas City strömten am Samstagabend mehr als 75.000 Menschen zu einer Veranstaltung des Demokraten. So viele Menschen wie in St. Louis waren in den USA noch nie zu einem Auftritt Obamas erschienen. In Berlin hatte der Senator im Juli 200.000 Menschen angelockt.

"Der Wind hat sich gedreht in Amerika", rief Obama seinen Anhängern in St. Louis zu. "Er hat sich in Kansas gedreht, in Missouri, in North Carolina, in Virginia, in Ohio", sagte er mit Blick auf einige der Bundesstaaten, die bei der Wahl 2004 für Bush gestimmt hatten. "Wir müssen bis zur Zielgeraden weiterrennen", sagte er weiter.

Lesen Sie, wie McCain in den letzten Umfragen wieder aufholen konnte und warum bei Obama die Alarmglocken läuten müssten

Obama bricht alle Spendenrekorde

US-Wahlkampf: McCain konnte in den jüngsten Umfragen Boden gegenüber Obama gut machen.

McCain konnte in den jüngsten Umfragen Boden gegenüber Obama gut machen.

(Foto: Foto: Reuters)

Allerdings liegt McCain nur noch drei Prozentpunkte hinter seinem demokratischen Rivalen Barack Obama, wie am Sonntag eine Umfrage zeigte, die im Auftrag der Nachrichtenagentur Reuters und C-Span erhoben wurden. Erstmals habe die Zustimmung für McCain die 45 Prozent-Marke überschritten, sagte der Meinungsforscher John Zogby. "Da ist auf jeden Fall etwas passiert." In Umfragen direkt nach der Debatte am Mittwoch hatte Obama besser abgeschnitten.

Das jüngste Umfrage-Ergebnis sieht Obama bei 48 Prozent und den Republikaner bei 45 Prozent. Noch am Samstag hatte der 72-jährige McCain bei 44 Prozent gelegen. Die rollierende Befragung, die vor 13 Tagen begonnen wurde und immer die vier jüngsten Tage mit einbezieht, zeigt laut Zogby seit Donnerstag einen Schub für den Senator aus Arizona.

Zudem scheint sich die Unterstützung für McCain innerhalb des konservativen Lagers zu festigen. Neun von zehn Republikaner stellten sich hinter ihn, sagte Zogby. Und auch bei den parteiungebundenen Wählern lege McCain zu, während sich Obamas Vorsprung allein am Wochenende von 16 auf acht Prozentpunkte halbiert habe. Viele Experten halten die Stimmen dieser Gruppe für entscheidend. "Wenn dieser Trend anhält, dann müssen bei Obama die Alarmglocken läuten", sagte Zogby. Bei der rollierenden Umfrage werden die jüngsten Antworten von mehr als tausend Wählern eingerechnet, die ältesten Ergebnisse fallen heraus.

McCain erwähnte bei Auftritten in North Carolina und Virginia am Samstag erneut "Joe den Klempner" als Symbolfigur für den kleinen Mann. "Joes Traum ist es, ein kleines Unternehmen zu kaufen, um in seiner Gegend Arbeitsplätze zu schaffen", sagte der Senator aus Arizona. Die Angriffe gegen den Klempner aus Ohio, dem in Medienberichten Steuerschulden nachgesagt wurden, seien "Angriffe auf kleine Geschäftsleute im ganzen Land". Mit aggressiver Telefonwerbung versuchte McCain, in mehreren "Swing States" an Boden zu gewinnen, in denen die Menschen sich immer wieder neu zwischen den Parteien entscheiden. In den Spots erwähnte der 72-jährige Republikaner erneut Obamas Verbindungen zu dem früheren Linksextremisten William Ayers.

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