US-Wahlkampf:Ein Krieger für Obama

Sie sind die größte Minderheit in den USA - ihre Stimmen können wahlentscheidend sein: Cuauhtémoc "Temo" Figueroa mobilisiert bei den Latinos Wähler für Obama.

Sebastian Schoepp

Cuauhtémoc war der letzte Herrscher der Azteken. Im Jahr 1525 wurde er von den Spaniern ermordet. In Mexiko ist der Krieger ein Symbol nationalen Stolzes und Cuauhtémoc daher ein beliebter Vorname. Den meisten Nichtmexikanern bereitet er Schwierigkeiten bei der Aussprache, und Cuauhtémoc Figueroa geht es da nicht anders.

US-Wahlkampf: Cuauhtémoc Figueroa (Mitte, stehend) bei der Diskussion mit einer Gruppe Lations, die Obama unterstützen

Cuauhtémoc Figueroa (Mitte, stehend) bei der Diskussion mit einer Gruppe Lations, die Obama unterstützen

(Foto: Foto: Getty Images)

Deshalb nennt der in Kalifornien geborene National Field Director von Barack Obama sich lieber schlicht "Temo". Er soll Wähler für den demokratischen Präsidentschaftskandidaten mobilisieren, und zwar in der Gemeinschaft, aus der er stammt und die vielleicht wahlentscheidend sein wird am 4. November: den Latinos oder Hispanics.

Sie sind mit fast 50 Millionen die größte Minderheit in den USA. 18 Millionen von ihnen dürfen wählen, und das zumeist in umkämpften Staaten wie Florida, Colorado, Nevada, Kalifornien oder New Mexiko. Figueroas erste Aufgabe bestand darin, Obama auszureden, dass er eine Art Abo auf diese Stimmen habe, nur weil er ebenfalls Sohn von Einwanderern ist.

Viele Latinos wollen nämlich nichts lieber, als dieses Milieu hinter sich lassen. Sie neigen zur Überintegration und wählen - wenn sie überhaupt wählen - oft Republikaner, weil das die amerikanischere Partei zu sein scheint. Außerdem sehen sie dort ihre Werte vertreten: Familie, Arbeit, Patriotismus, Religion.

Dass Cuauhtémoc Figueroa bei den Demokraten heimisch wurde, liegt an seiner Familiengeschichte. Er stammt aus El Cuchillo, einem Kaff in Kalifornien, wo Melonenpflücker aus Mexiko "wie Sklaven lebten", wie ein Familienmitglied erzählt. Cuauhtémoc ist der sechste von sieben Brüdern. Der Vater war einer der ersten Gewerkschafter am Ort, der Onkel ein enger Weggefährte von César Chávez, einem Wanderarbeiter, der Streiks organisierte und eine Art Martin Luther King der Latinos wurde.

Dieses Vorbild vor Augen entkam Temo den Melonen, studierte Geschichte, wurde Radiosprecher und Funktionär von Latino-Verbänden. Er liebe Walt Whitman und Robert Frost genauso wie Pablo Neruda und Octavio Paz, sagt Figueroa. Trotz seiner 44 Jahre ist er unverheiratet, weil ihm für eine Familie die Zeit fehle. Da ist er mehr Amerikaner als Latino.

Figueroa spricht Spanisch mit Gringo-Akzent, er redet die Leute in dem Idiom an, das ihre ambivalente Rolle in den USA ausdrückt: Spanglish. "Eres latino, and we are going to fight like hell." Er ist stolz darauf, dass es bei seinen Mobilisierungsabenden für Obama "weder Aircondition noch Sandwiches noch Mineralwasser gibt - dafür einen Plan: Barack Obama ins Weiße Haus zu bringen". Das kommt an bei einer Klientel, die es gewohnt ist, Entbehrungen zu ertragen, um einen Plan zu verwirklichen - etwa über die Grenze in die USA zu gelangen.

Hilfe für Immigranten genügt als Wahlkampfargument jedoch nicht, weiß Figueroa, denn das verspricht auch John McCain. Seine Leute erwarteten Steuererleichterungen für ihre Kleinbäckereien und Gemischtwarenläden, Bildungschancen, und dass jemand ihre Söhne aus dem Irak zurückbringe. Es scheint, als gehe Temos Rechnung auf. Nach Umfragen neigen inzwischen 62 Prozent der Latinos Obama zu.

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