US-Wahlkampf der Republikaner:Von Schweinen und Kühen

US-Präsidentschaftskandidat McCain unter Druck: Führende Republikaner kritisieren seinen Wahlkampf. Und US-Medien stürzen sich auf Verfehlungen seiner Vize-Kandidatin Palin.

Reymer Klüver, Washington

Führende Republikaner haben erstmals öffentlich den Wahlkampf ihres Präsidentschaftskandidaten John McCain kritisiert und beide Bewerber zur Mäßigung ermahnt.

US-Wahlkampf der Republikaner: Sarah Palin im Glück: Die republikanische Vizepräsidentschaftskandidatin winkt ihren Anhängern in Golden, Colorado, zu.

Sarah Palin im Glück: Die republikanische Vizepräsidentschaftskandidatin winkt ihren Anhängern in Golden, Colorado, zu.

(Foto: Foto: Reuters)

"McCain ist in einigen seiner Wahlspots einen Schritt zu weit gegangen und hat Barack Obama Dinge zugeschrieben, die Wahrheitstests nicht hundertprozentig standhalten würden", sagte Karl Rove, Architekt der Wahlsiege von Präsident George W. Bush.

Der ehemalige New Yorker Bürgermeister, Rudolph Giuliani, sagte, der Wahlkampf sei "auf beiden Seiten zu negativ" geworden.

Aus der Karriere der republikanischen Vize-Präsidentschaftsbewerberin Sarah Palin wurden neue Details bekannt, die Zweifel bestärken, ob sie dem Amt gewachsen wäre.

Sprichwörtlicher Lippenstift

Hintergrund der Äußerungen Roves und Giulianis sind Wahlwerbespots, die McCain in der vergangenen Woche veröffentlicht hatte. Darin hatte er Obama beschuldigt, seine Vizepräsidentschafts-Kandidatin Palin als Schwein verunglimpft zu haben. Obama hatte indes nur eine amerikanische Redensart benutzt, nach der ein Schwein ein Schwein bleibt, selbst wenn man es mit Lippenstift schminkt. Gemeint war, dass Fakten auch dann Fakten blieben, wenn Palin sie schönrede.

McCain selbst hatte diese Redensart einmal auf Hillary Clinton gemünzt. In einem weiteren Spot hatte McCain Obama vorgeworfen, Aufklärungsunterricht schon im Kindergartenalter forcieren zu wollen - was dieser erwiesenermaßen nicht fordert. Obama wiederum spielte in einem Wahlspot auf McCains Alter an - obwohl er öffentlich versichert hatte, dass das Alter McCains in seinem Wahlkampf keine Rolle spielen werde.

Rove sagte, beide Kandidaten machten Fehler: "Sie müssen sich nicht auf diese Art und Weise attackieren." Den Äußerungen Roves kommt besondere Bedeutung zu, als er als einer der Hintermänner des Schmierenwahlkampfs 2004 gegen den demokratischen Präsidentschaftsbewerber John Kerry gilt, dessen Kriegseinsatz in Vietnam damals lächerlich gemacht worden war. Die Demokraten richteten nun eine Seite im Internet ein, auf der angebliche Lügen McCains aufgelistet werden.

New York Times und Washington Post berichteten, dass Sarah Palin als Gouverneurin von Alaska und zuvor als Bürgermeisterin der Kleinstadt Wasilla Posten an persönliche Freunde ohne Rücksicht auf Qualifikationen vergeben habe.

Insgesamt hatte Palin fünf ehemalige Schulfreunde mit Posten in ihrer Verwaltung versorgt. So wurde eine Klassenkameradin mit der Leitung des Landwirtschaftsamtes von Alaska betraut, die zuvor als Immobilienhändlerin tätig war. In ihrem Bewerbungsschreiben hatte sie unter anderem ihre Kindheitsliebe für Kühe als Qualifikation für den Job angeführt.

Als Bürgermeisterin hatte Palin bei ihrem Amtsantritt 1996 den Rücktritt aller Behördenleiter im Rathaus der Stadt verlangt - als Loyalitätstest. Den Polizeichef feuerte sie wenig später, weil er ihr angeblich nicht ordnungsgemäß Bericht erstattet hatte. Der Mann behauptet bis heute, dass er gehen musste, weil die National Rifle Association, die einflussreiche Waffenlobby und einer der Sponsoren für den Wahlkampf Palins, ihn auf der Abschussliste hatte.

Palin entließ den Direktor des Museums der Stadt, die 1917 als Versorgungsposten für Goldgräber gegründet worden war, weil er ihr zu progressiv war. Und sie sorgte dafür, dass der Justitiar der Gemeinde gehen musste. Ein Geldgeber für ihren Bürgermeister-Wahlkampf hatte sich über den Justitiar beschwert, weil der ein Bauvorhaben des Mannes gestoppt hatte.

Zur Kandidatin der Republikaner im Gouverneurswahlkampf vor zwei Jahren stieg Palin auf, weil sie zuvor unter spektakulären Umständen von einem wohldotierten Posten in der Energiekommission des Staates zurückgetreten war. Sie hatte erklärt, dass sie nicht mehr mit habe ansehen können, wie der Chef der Republikaner in Alaska sein Amt als Chef der Energiekommission für Parteigeschäfte missbrauche.

Mit dem Versprechen, mit derlei Missständen aufzuräumen, behielt sie bei den Vorwahlen der Republikaner gegen den regierenden Gouverneur Frank Murkowski und schließlich bei den Gouverneurswahlen selbst die Oberhand. Der Reporter einer Lokalzeitung in Fairbanks recherchierte zeitgleich, dass Palin als Bürgermeisterin von Wasilla nichts anderes gemacht habe und Partei-E-Mails aus dem Rathaus verschickt habe. Palin sprach daraufhin von einer Schmierenkampagne - und gewann.

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