US-Wahlkampf:Bushs Geheimwaffe

Die amerikanische Präsidentengattin, die eigentlich nie eine politische Rede halten wollte, macht jetzt Wahlkampf. Die Zustimmungswerte Laura Bushs liegen weit über denen ihres Mannes. Vorbei die Zeit, als sie als "Anti-Hillary" galt.

Reymer Klüver

Das riesige Sternenbanner hinter der Tribüne lässt die zierliche Frau am Rednerpult noch zarter wirken. Wie immer sitzt die Frisur perfekt, sie ist makellos gekleidet, graublaues Kleid, klassisch und schlicht, vielleicht von ihrem Lieblingsschneider, dem New Yorker Couturier Oscar de la Renta.

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Vertritt sogar den Präsidenten vor den UN: Laura Bush.

(Foto: Foto: AP)

Sie sagt Sätze, denen eigentlich jeder zustimmen müsste, auch diejenigen, die ihren Mann lieber heute aus dem Weißen Haus ausziehen sehen würden als erst in zwei Jahren, wenn seine Amtszeit endet.

"Wir müssen eine ernsthafte Diskussion im ganzen Land führen, zivilisiert und mit gegenseitigem Respekt", sagt Laura Bush am Donnerstagabend im Auditorium der William Jessup University im kalifornischen Rocklin. Das klingt gut und überparteilich.

Aber die handverlesenen und fähnchenschwingenden Zuhörer verstehen das natürlich anders: als Attacke auf die Demokraten und deren beißende Kritik am Krieg.

Nur würde Laura Bush das nie direkt sagen, selbst nicht auf dieser Wahlkampfveranstaltung für den republikanischen Kongressabgeordneten John Doolittle, der gerade wegen des Irak-Kriegs gewaltige Schwierigkeiten hat, sein Mandat bei der Wahl am 7. November zu verteidigen.

"Ich backe keine Kekse"

Laura Bush ist mit diesem zurückhaltenden Stil zur effektivsten Wahlkämpferin für die Sache ihres Mannes und seiner Republikaner geworden. Auftritte in mindestens 16 Bundesstaaten hat die First Lady, die an diesem Samstag 60 wird, in den letzten Tagen absolviert.

Allein am Donnerstag war sie in Michigan, Illinois, Iowa und Kalifornien. Und das, obwohl sie von ihrem Mann vor der Hochzeit 1977 das Versprechen einforderte, dass er nie eine politische Rede von ihr verlangen dürfe. Die hält sie nun schon die ganze Zeit, auf ihre Art und freiwillig.

Laura Bush hat zumindest in der zweiten Amtszeit ihres Mannes eine aktivere Rolle eingenommen, als ihr vielleicht am Anfang vorgeschwebt hat. Schnell war sie als "Anti-Hillary" abgestempelt worden, weil sie nie eine parteipolitisch so profilierte Position eingenommen hatte wie ihre Vorgängerin Hillary Clinton.

Doch gegen die Rolle als Heimchen am Herd hat sich die Lehrerin und Bibliothekarin genauso entschieden gewehrt: "Ich backe keine Kekse", sagte Laura Bush vor zwei Jahren empört in einem Interview.

Eine Abstimmung über Bush - obwohl er nicht auf dem Weltzettel steht

Wie groß ihr Einfluss auf ihren Mann ist, hat nicht zuletzt die - am Ende missratene - Nominierung der Bush-Beraterin Harriet Miers für den Obersten Gerichtshof gezeigt. Laura Bush hatte öffentlich die Besetzung der Richterstelle mit einer Frau gefordert.

Im neuesten Buch des Enthüllungsjournalisten Bob Woodward ist nachzulesen, dass sie sich auch sonst nicht zurückhält: Sie riet ihrem Mann offenbar, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zu entlassen - ein Ratschlag, mit dem sie den Nerv der meisten Amerikaner getroffen haben dürfte.

Überhaupt ist sie zu so etwas wie einer Geheimwaffe des Präsidenten geworden. Sie hat für ihn im September Auftritte vor den UN absolviert, war im Namen des Präsidenten in Afrika im Kampf gegen Aids unterwegs - und macht nun eben Wahlkampf.

Ihr Mann indes ist geradezu zur Belastung für den Wahlkampf geworden. Zwar taucht sein Name auf keinem der Wahlzettel oder Bildschirme der Wahlmaschinen in den 435 Kongressbezirken und 33 Bundesstaaten auf, in denen Senatoren gewählt werden.

Dennoch sind diese Wahlen eine Abstimmung über Bush. "Ich würde sagen, er ist mindestens 50 Prozent des Problems", zitiert die Washington Post einen Wahlstrategen der Republikaner, ohne Namensnennung, versteht sich. Bush ist und bleibt einer der unbeliebtesten Präsidenten der jüngeren Vergangenheit.

Seine Zustimmungswerte liegen kontinuierlich unter 40 Prozent. Laura Bush hingegen kommt auf 69 Prozent. "Sie ist die beliebteste Republikanerin im ganzen Land", sagt die Professorin Myra Gutin, eine Expertin für First Ladys.

Jedenfalls haben die meisten der republikanischen Kongressabgeordneten und Senatoren, die ihre Mandate gegen Demokraten verteidigen müssen, angesichts dieser Umfragewerte Angebote aus dem Weißen Haus für Wahlkampfauftritte des Präsidenten dankend abgelehnt.

Nur als Spendensammler war Bush nach wie vor hochwillkommen: Immer noch zahlen viele reiche Amerikaner Tausende Dollar für ein Mittag- oder Abendessen in Anwesenheit des Präsidenten. Doch das passiert in kleinem Kreis, da sind die Treuesten der Treuen unter sich.

Hoffnung auf den Swing

Öffentlich tritt George W. Bush erst in diesen Tagen verstärkt als Wahlkämpfer in Erscheinung. Und das auch nur in Staaten, wo sein Wahlkampfstratege Karl Rove glaubt, dass ein Auftritt seines Chefs die Basis in Wallung bringt.

In Montana etwa, wo die Republikaner das Mandat eigentlich schon abgeschrieben hatten. Jüngste Umfragen zeigen aber offenbar, dass Senator Conrad Burns vielleicht doch noch eine Chance hat, seinen Sitz zu halten, wenn die Republikaner nur genug ihrer Stammwähler zum Gang ins Wahllokal motivieren können. Da kann Bush offenbar noch mobilisierend wirken.

Auch die anderen Wahlkampfauftritte, die Bush bis Dienstag noch absolviert, finden in Wahlkreisen in Nevada oder auf dem flachen Land in Missouri statt, die strukturell als republikanisch gelten und in denen die Partei hofft, durch eine letzte Mobilisierungskampagne den Swing zu den Demokraten verhindern zu können. Doch auch das dürfte eine zweischneidige Angelegenheit sein.

"Ein Auftritt des Präsidenten mag die Republikaner schon mobilisieren", sagte der demokratische Kongressabgeordnete Leonard Boswell nach einem Abstecher Bushs in seinen Wahlkreis im noch republikanisch dominierten Staat Iowa, "unsere Leute werden dadurch aber auch mobilisiert."

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