US-Wahl:Trump wird Präsident

Der Republikaner kann die Wahl in wichtigen "Swing States" wie Florida, Pennsylvania und Ohio für sich entscheiden und wird überraschend neuer Präsident der USA. Prognosen hatten die Demokratin Hillary Clinton deutlich vor dem Geschäftsmann gesehen.

Von Kathrin Werner

Donald Trump wird der neue Präsident der Vereinigten Staaten. Die letzten Stimmen sind noch nicht ausgezählt, Doch nach einem von kaum einem politischen Experten prophezeiten Kopf-an-Kopf-Rennen liegt der Geschäftsmann und Kandidat der republikanischen Partei deutlich vor seiner Kontrahentin Hillary Clinton, die Trump schon zum Sieg gratulierte. Trump hat die wichtigen und umkämpften Bundesstaaten Florida, Ohio, Pennsylvania und North Carolina gewonnen.

Die meisten Beobachter hatten einen deutlichen Sieg für Clinton prognostiziert, sie lag seit Monaten in allen Umfragen vorn. Doch Republikaner, die schon zuvor für die republikanische Partei gestimmt hatten, haben sich auch diesmal für den republikanischen Kandidaten entschieden - trotz etwaiger Bedenken gegen die Person Trump. Clinton ist es nicht gelungen, neue Wähler anzusprechen und Minderheiten wie Afroamerikaner zu mobilisieren, die dem jetzigen Präsidenten Barack Obama ins Weiße Haus verholfen haben. Entgegen aller Erwartungen gewann Trump nicht nur im konservativen Süden und im so genannten Rostgürtel in der Mitte des Landes, in dem wirtschaftlich schwache und schlecht ausgebildete Weiße die Mehrheit ausmachen. Er siegte auch in Bundesstaaten wie Florida, die zuletzt an die Demokraten gingen.

Die Nachricht überrascht die Welt. Zahlreiche Börsen drehten ins Minus. Der Mexikanische Peso fällt, zeitweilig verlor er im Vergleich zum Dollar um elf Prozent, weil Händler Konsequenzen von Trumps Politik für Mexikos Wirtschaft fürchten. Der Goldpreis steigt - die Menschen kaufen Gold in unsicheren Zeiten. Der SPD-Politiker Ralf Stegner fürchtete auf Twitter eine "böse BREXIT-Überraschung auch bei #USwahl16". Der Grünen-Politiker Omid Nouripour forderte in der ARD einen europäischen Krisengipfel, sollte Trump die Wahl zum US-Präsidenten für sich entscheidet.

Insgesamt muss Trump die Hälfte der 538 Wahlmänner für sich gewinnen. Die Amerikaner wählen ihren Präsidenten nicht direkt. Jeder der 50 Bundesstaaten und die Hauptstadt Washington hat der Einwohnerzahl entsprechend eine bestimmte Anzahl Wahlmänner, die den Präsidenten wählen - und zwar einstimmig. Alle Wahlmänner werden der Partei zugeordnet, die die meisten Stimmen in dem jeweiligen Bundesstaat bekommen hat. New York, Heimatstaat beider Kandidaten, hat zum Beispiel 22 Wahlmänner, die an Clinton gingen.

Es ist das Ende eines langen und erbitterten Wahlkampfs. Noch nie haben Präsidentschaftskandidaten einander so sehr verachtet, noch nie haben sie sich so offen beschimpft, noch nie haben sie sich zum Beispiel geweigert, einander bei einer Fernsehdebatte die Hände zu reichen. Das setzte sich auch in der Wählerschaft fort. Trumps Anhänger forderten Gefängnis oder Schlimmeres für Clinton und attackierten ihre Anhänger bei Wahlkampfveranstaltungen. Clintons Unterstützern fehlt jedes Verständnis für Trumps Unterstützer. Soziologen sprechen vom "Empathy Gap", also einer völligen Unfähigkeit, sich in den jeweils anderen einzufühlen. Es wird eine der größten Herausforderungen für Trump, dessen Wahlkampf nicht auf Versöhnung, sondern auf weiterer Spaltung fußte, das Land wieder zu vereinen.

Clinton hatte in den Umfragen vor den Wahlen stets einen Vorsprung vor Trump. In wichtigen Staaten wie Florida oder North Carolina lagen die Kandidaten lange etwa gleichauf. Trotzdem hatten Dutzende verschiedene Prognosen für das gesamte Land einen Vorsprung von Clinton von rund vier Prozentpunkten erwartet. In den letzten Tagen war der Vorsprung geschrumpft, auch weil die Bundespolizei FBI neue Emails von ihr auf Gesetzesverstöße untersuchte und erst kurz vor der Abstimmung Entwarnung gab. Laut einer Reuters/Ipsos-Umfrage vom Wahltag lag die Wahrscheinlichkeit, dass Clinton die Wahl gewinnen würde, trotzdem noch bei 90 Prozent. Die New York Times war sich vor den ersten Auszählungen zu 84 Prozent sicher, dass Clinton Präsidentin werden würde. Trumps Berater hatten allerdings stets eine Überraschung angekündigt ähnlich des EU-Austritts-Votums in Großbritannien, bei dem die Prognosen auch anders ausfielen als das Ergebnis.

Selbst Bezirke, die Obama damals mit einer großen Mehrheit für sich gewinnen konnte, haben diesmal Trump gewählt. Es scheint, so analysiert ein Experte bei CNN, als habe Clinton vergessen, sich um ihre Freunde zu kümmern. Auf der datengetriebenen Jagd der Wahlkampfprofis nach dem letzten Wechselwähler, den es zu überzeugen galt, haben die Clinton-Mitarbeiter offenbar eines unterschätzt: Wie wichtig es gewesen wäre, sich der Unterstützung traditioneller demokratischer Wählergruppen zu versichern. Bei diesem Wahlkampf wäre dies offenbar dringender nötig gewesen als bei vorangegangenen.

Für eine genaue Analyse ist es noch zu früh, aber man darf ziemlich sicher davon ausgehen, dass Clintons außergewöhnliche große Unbeliebtheit demokratische Wähler von den Urnen fernhielt - oder sie gar ins Lager der Gegenseite trieb. Anders ausgedrückt: Clinton hat die Kraft unterschätzt, die Frustration mit den eigenen Lebensumständen und Wut auf die Regierung - der Clinton ja lange angehörte - in breiten Bevölkerungsschichten entfalten kann. Trump dagegen hat genau das erkannt und für sich ausgenutzt.

Neben dem Präsidenten wählten die Amerikaner auch das Repräsentantenhaus und ein Drittel der hundert Senatoren. Es wird Trump die Arbeit erleichtern, dass nach den aktuellen Auszählungen die Republikaner beide Kammern des Kongresses gewonnen haben.

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