US-Wahl:Schäuble: "Demagogischer Populismus ist nicht nur ein Problem Amerikas"

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Ursache des zunehmenden Populismus sei, dass die Eliten kein gutes Bild abgeben würden, sagt Schäuble.

(Foto: Getty Images)
  • Schäuble zeigt sich nach Trumps Triumph bei der US-Wahl über die Art der politischen Auseinandersetzung in Deutschland besorgt.
  • Auch nach Ansicht von Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann muss der Sieg von Trump eine Warnung für die europäischen Länder sein.
  • EU-Kommissar Oettinger meint, dass Europa nach Trumps Sieg nicht mehr so stark auf Amerika zählen kann wie früher.

Nach dem Erfolg Donald Trumps bei der US-Präsidentschaftswahl hat sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) besorgt gezeigt über die Art der politischen Auseinandersetzung - auch in Deutschland. "Demagogischer Populismus ist nicht nur ein Problem Amerikas", schreibt der 74-Jährige in einem Gastbeitrag für die Bild-Zeitung. "Auch anderswo im Westen sind die politischen Debatten in einem besorgniserregenden Zustand." Vor allem im Internet sei inzwischen "völlig egal, ob Behauptungen wahr sind - Hauptsache, der Empörungsgrad stimmt".

"Vereinfachung hat eine Untergrenze", sagte Schäuble weiter. Als eine der Ursachen des zunehmenden Populismus nannte der Minister, "dass die Eliten in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nicht immer ein gutes Bild" abgeben würden. Zudem seien Entscheidungsprozesse häufig kaum noch nachvollziehbar. Der Minister forderte: "Jeder muss bereit sein dazuzulernen. Wenn wir für die Perspektive des anderen und fürs Umdenken offen sind, hat es der demagogische Populismus schwer." Zudem bleibe "die Hoffnung auf die 'checks and balances' der rechtsstaatlichen Demokratie".

Kretschmann: Trump-Sieg muss Warnung für Europa sein

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht den Triumph Trumps in den USA als eine Warnung für die europäischen Länder. Auch in Frankreich, Polen, Österreich und Deutschland grassiere der Unmut über die etablierte Politik und Verunsicherung mache sich breit, sagte Kretschmann. Man dürfe jene, die zweifelten und von Ängsten geplagt seien, nicht alleinelassen. "Wir müssen alles daran setzen, sie zu erreichen, mit ihnen zu reden und sie davon abhalten, den Weg der Rechtspopulisten einzuschlagen", forderte er.

Die westliche Welt lebe von ihren liberalen Werten. Freiheit in Verantwortung, Vielfalt und Toleranz prägten den Lebensstil und die Gesellschaft. "Es ist unsere Verantwortung und unsere Aufgabe, dieses Wertefundament zu erhalten und weiterzuentwickeln", sagte Kretschmann und sprach sich dafür aus, die guten wirtschaftlichen und außenpolitischen Beziehungen mit den USA auch unter dem neuen US-Präsidenten Trump zu pflegen: "Denn sie sind von großer Bedeutung für unser Land, für Deutschland und für Europa."

Oettinger: Die Zeiten als kleiner Bruder der USA sind vorbei

Nach Ansicht des EU-Kommissars für digitale Wirtschaft, Günther Oettinger, kann Europa nach Trumps Sieg nicht mehr so stark auf Amerika zählen wie früher. "Europa muss zumindest erwachsen werden", sagte Oettinger im Deutschlandfunk. "Die Zeiten, wo wir uns als kleiner Bruder der USA fühlen konnten, wo wir im Schatten und in der Sicherheit der USA wachsen konnten", gehörten der Vergangenheit an.

Trotzdem solle Europa Trump eine Chance geben, "die Partnerschaft mit unseren Werten und unseren gemeinsamen Grundlagen" fortzusetzen. Wirtschaftlich könnten sich die Vereinigten Staaten nicht von der Weltbühne verabschieden, sagte Oettinger. "Die Amerikaner sind doch mehr als je zuvor Global Player. Da kann die Regierung, da kann der Präsident kein reiner Regionalfürst werden." Jetzt gelte es, Trumps Politik genau zu beobachten, meinte der EU-Kommissar. Trumps erste Aussagen nach dem Wahlsieg seien zumindest klug gewesen - ob seine Politik versöhnlich werde, bleibe abzuwarten.

Gabriel zu Trump: Vorreiter einer neuen autoritären Internationalen

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte den Wahlsieger Trump hingegen als einen "Vorreiter einer neuen autoritären und chauvinistischen Internationalen" bezeichnet. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sprach nach der Wahl von einem "schweren Schock". Der SPD-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag, Andreas Stoch, hätte es nach eigenen Worten niemals für möglich gehalten, dass der republikanische Kandidat US-Präsident wird. Trump sage bewusst die Unwahrheit, diskriminiere Minderheiten, habe ein sexistisches Frauenbild und habe im Wahlkampf völlig haltlose Versprechungen gemacht. "Dennoch müssen wir akzeptieren, dass er gewählt wurde, und die guten transatlantischen Beziehungen fortsetzen", sagte Stoch.

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