US-Wahl:Russische Medien fahren gezielte Rufmord-Kampagne gegen Clinton

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Hillary Clinton als US-Außenministerin mit ihrem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow 2012 über den Dächern von Sankt Petersburg. (Foto: AFP)
  • Staatliche Fernsehsender und Nachrichtenseiten warnen vor der Präsidentschaftskandidatin der US-Demokraten.
  • Die Behauptung, die Clintons hätten bei der Gründung der Terrormiliz "Islamischer Staat" Pate gestanden, war dabei nur ein Höhepunkt.
  • Experten sehen darin Russlands Wunsch, sich in den USA Respekt zu verschaffen.

Von Julian Hans, Moskau

Die Amerikaner sollten sich gut überlegen, wem sie am 8. November ihre Stimme geben, erklärte der nationalistische Populist Wladimir Schirinowskij unlängst in einem Interview: "Sie stimmen für den Frieden auf Erden, wenn sie Trump wählen. Aber wenn sie Hillary wählen, bedeutet das Krieg. Es wird Hiroshimas und Nagasakis überall geben."

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Nun sitzt die verbale Atomkeule bei Schirinowskij ziemlich locker, er hat auch schon empfohlen, Istanbul auszulöschen, Berlin zu bombardieren oder eine Bombe "auf irgendein kleineres Land" zu werfen, um der Welt die Macht des russischen Kernwaffenarsenals zu demonstrieren und den Gegnern Russlands "das Maul zu stopfen".

Doch im staatlichen Fernsehen erfüllt er seit einem Vierteljahrhundert treu die Rolle des Provokateurs. Das Populisten-Handwerk, Haarsträubendes zu sagen, um dann zu verstehen zu geben: "war doch nicht so gemeint", hat er zu einer eigenen Unterhaltungskunst perfektioniert, ohne die die Talkshows nicht mehr auskommen. Er selbst vergleicht sich gern mit Trump, allerdings konnte er bei keiner der fünf Präsidentschaftswahlen, bei denen er angetreten ist, ein zweistelliges Ergebnis erreichen.

"Westi Nedeli" zeigen Clintons Hustenanfälle in Dauerschleife

Über Monate haben die staatlichen russischen Medien eine regelrechte Rufmord-Kampagne gegen Hillary Clinton gefahren, und zwar sowohl die nationalen als auch die internationalen wie der Propaganda-Kanal Russia Today und die Agentur Sputnik. Die Behauptung, die Clintons hätten bei der Gründung der Terrormiliz "Islamischer Staat" Pate gestanden, war dabei nur ein Höhepunkt. Zuletzt raunte der TV-Moderator und Chef der Propaganda-Agentur Rossija Segodnja, Dmitrij Kisseljow, das US-Establishment werde Donald Trump eher umbringen, als ihn Präsident werden zu lassen.

Die Sender ließen kaum eine Verschwörungstheorie aus. Als das Trump-Lager Zweifel an Hillary Clintons Gesundheit streute, spielte das sonntägliche Nachrichtenmagazin Westi Nedeli (Nachrichten der Woche) Zusammenschnitte von Husten-Anfällen der Kandidatin in Dauerschleife. Videos, auf denen sie den Kopf schüttelt, wurden so montiert, dass es wirkte, als leide Clinton an einer Nervenkrankheit. Die Zuschauer mussten den Eindruck gewinnen, das Rennen um die US-Präsidentschaft werde zwischen einem authentischen Haudrauf mit Sympathien für Russland und einer nervenkranken Todgeweihten ausgetragen.

Russland will zeigen, dass es den USA etwas anhaben kann

Dass der Kreml so und mit den Hacker-Attacken auf Computer führender Demokraten tatsächlich hofft, die US-Wahlen zu beeinflussen, halten die meisten Beobachter in Moskau für unwahrscheinlich. Eher gehe darum, "zu zeigen, dass Russland von Bedeutung ist und den USA etwas anhaben kann, genau so, wie es die USA aus Moskauer Sicht mit Russland gemacht haben", schrieb der Außenpolitik-Experte Wladimir Frolow in der Moscow Times.

Allerdings wurde dabei außer Acht gelassen, dass Russland mit einer möglichen künftigen Präsidentin Clinton wird auskommen müssen. Die dürfte nun umso entschlossener sein, eine harte Haltung gegenüber der russischen Führung einzunehmen.

"Wir mischen uns nie in die inneren Angelegenheiten anderer Länder ein", sagte Wladimir Putin auf dem Petersburger Wirtschaftsforum im Juni. Er habe Trump lediglich eine markante Persönlichkeit genannt, "und ist er das etwas nicht?". Und außerdem: Wenn die Amerikaner sich gegen jegliche Einmischung in innere Angelegenheiten wehrten, dann dürfe sein Land das wohl auch für sich beanspruchen.

Als Außenministerin drückte Clinton den Neustart-Knopf

Der Wink ist kaum misszuverstehen. Als Hillary Clinton 2009 frisch im Amt der Außenministerin mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow den symbolischen Knopf für einen Neustart in den Beziehungen drückte, folgte sie damit mehr Obamas Wunsch als ihrem eigenen. Als im Dezember 2011 Hunderttausende Russen gegen den Ämtertausch von Wladimir Putin und Dmitrij Medwedew demonstrierten, verteidigte Clinton sie öffentlich: Das russische Volk habe das Recht, gehört zu werden, sagte sie bei einem Besuch in Litauen. Die Menschen verdienten "faire, freie und transparente Wahlen und Politiker, die ihnen verantwortlich sind".

Putin und sein Umfeld aus Geheimdienstleuten sahen sich darin bestätigt, dass die Opposition ihren Marschbefehl aus Washington bekam und Moskau das letzte und wichtigste Ziel in einer Reihe von Amerika initiierter Revolutionen sei. Solche Kreise sehen nun mit Genugtuung, dass Moskau das umgekehrt genauso drauf hat. Wie die Beziehungen mit einer möglichen Präsidentin Clinton nach diesen Vorfällen gestaltet werden sollen, steht auf einem anderen Blatt.

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