US-Wahl:Ein Verbündeter bleibt Trump noch: die NRA

Lesezeit: 3 min

Trump während seiner Rede auf einer NRA-Veranstaltung im Mai. (Foto: AFP)

Einen Tag, nachdem der Kandidat über Schüsse auf Hillary Clinton fabulierte, greift die Waffenlobby seine Gegnerin in einem TV-Spot an.

Von Sebastian Gierke

Hillary Clinton sitzt in einem Privatjet und bewundert sich selbst. Gerade hat ihr eine Stewardess mit unterwürfigem Lächeln ein Tablett gereicht, gegenüber sitzt ein Leibwächter. Und auf dem Monitor über ihr sagt die TV-Hillary-Clinton zur Jet-Hillary-Clinton: "Ich verstehe total, wie hart das Leben heute in Amerika sein kann."

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Die Botschaft des Filmchens ist klar. Clinton ist eine Heuchlerin. Der TV-Spot endet mit dem Satz: "An out of touch hypocrite. She'd leave you defenseless." Das ist die Botschaft der National Rifle Association (NRA), der mächtigen Waffenlobby der USA. Für den Spot, der seit gestern in besonders umkämpften US-Bundesstaaten gezeigt wird, gibt sie drei Millionen Dollar aus.

Sechs Millionen Dollar waren es bislang insgesamt für Anti-Clinton-Spots, wie die New York Times berechnet hat. Nicht viel im Vergleich zu dem, was insgesamt ausgegeben wurde, um Clinton zu unterstützen. Doch für Trump hat niemand sonst so viel Geld locker gemacht. Der Kandidat selbst hat bislang keinen Dollar für Wahlwerbung im Fernsehen ausgegeben.

Donald Trump fällt im Kampf um das Weiße Haus gerade deutlich hinter seine Kontrahentin Clinton zurück. Selbst in der eigenen Partei schwindet die Unterstützung für ihn immer mehr. Doch die NRA und Trump stehen unverbrüchlich zusammen. Das war nicht immer so.

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Gerade hat Trump mit einem harschen Kommentar für Empörung gesorgt. In einer Rede fabulierte er darüber, dass Unterstützer des Rechts auf Waffenbesitz möglicherweise etwas tun können gegen Hillary Clinton. Viele interpretierten das als indirekten Aufruf zur Gewalt. Die NRA dagegen verteidigte die Äußerungen. Trump habe damit die Waffenbefürworter für die Wahl im November mobilisieren wollen. Nichts sonst.

Die Beziehung zwischen Trump und der NRA in diesem Wahlkampf ist äußerst eng. Als einen der letzten wirklichen Verbündeten Trumps bezeichnet die New York Times die Waffenlobby. Doch woher kommt die innige Verbindung zwischen dem reichen Geschäftsmann aus New York und der Lobbygruppe, die die Interessen von Waffenherstellern und Waffenbesitzern in den USA vertritt? Von Menschen, die meist in ländlichen Gegenden des Landes zu Hause sind?

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Die Antwort ist einfach: Trump braucht die NRA und die NRA braucht Trump.

Wie viele Mitglieder die Organisation hat, ist umstritten. Sie selbst behauptet, es seien mehr als fünf Millionen Amerikaner, außerdem habe man mehrere zehn Millionen Unterstützer. Auch wenn diese Zahlen angezweifelt werden, so umgibt die NRA doch immer noch ein Mythos von politischer Unverletzlichkeit. Viele Politiker wollen sich mit ihr nicht anlegen. Nicht mit dieser gewaltigen Armee von Waffenliebhabern, die jedem, der es wagt, ihnen nur zu widersprechen, Rache schwören.

Genau diese Armee ist es, die Donald Trump hinter sich wissen will. Der Republikaner hat schon zu Beginn seiner Kampagne, als noch nicht klar war, ob er sich überhaupt gegen die parteiinterne Konkurrenz im Vorwahlkampf durchsetzen kann, der NRA seine bedingungslose Unterstützung zugesichert.

Doch der Opportunist Trump hat auch hier, wie bei so vielen Themen, seine Meinung angepasst. So wetterte er im Jahr 2000 in seinem Buch "The America We Deserve" gegen die Republikaner, die "die NRA-Linie" uneingeschränkt verträten und sogar eine leichte Verschärfung der Waffengesetze verweigerten. "Ich bin gegen eine generelle Reglementierung des Waffenbesitzes, aber ich unterstütze das Verbot von Sturmgewehren und außerdem eine etwas längere Wartezeit, um eine Waffe kaufen zu können", stand da zu lesen.

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Im April 2015, kurz bevor er seine Kandidatur bekanntgab, änderte Trump dann den Ton und erklärte: "I love the NRA! I Love the Second Amendment!"

Heute sind seine Positionen unmissverständlich:

  • Trump will noch am ersten Tag seiner Amtszeit waffenfreie Zonen an Schulen und Militärbasen abschaffen.
  • Von einem Verbot von Sturmwaffen ist keine Rede mehr.
  • Gegen die von Barack Obama über eine Präsidentenverfügung erlassenen neuen Vorschriften zur Waffenkontrolle will er Einspruch einlegen.
  • Außerdem sage der "gesunde Menschenverstand" Millionen Amerikanern, dass es erlaubt sein müsse, Waffen verborgen am Körper zu tragen.

Die NRA zu feiern und Clinton zu beschuldigen, den zweiten Verfassungszusatz abschaffen zu wollen, ist fester Bestandteil von Trumps Wahlkampfauftritten. Das "Second Amendment" garantiert den Amerikanern das Recht auf Waffenbesitz. Tatsächlich plant Clinton keineswegs, das "Second Amendment" außer Kraft zu setzen. Die Faktenchecker von Politifact fanden dafür keinerlei Anhaltspunkte. Zuletzt betonte sie auf dem Parteitag der Demokraten, dass sie das "Second Amendment" nicht antasten wolle.

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Allerdings hat sie sich im Wahlkampf immer wieder gegen die NRA positioniert und fordert beispielsweise umfassende Hintergrundüberprüfungen für mögliche Waffenkäufer oder das Verbot von Sturmgewehren. Die Waffenlobby steht deshalb fester denn je an Trumps Seite.

Die NRA ist allerdings nicht nur Segen für Trump, sondern auch Fluch. Menschen außerhalb seiner Kernwählerschaft zu überzeugen, wird durch die Hilfe der Waffenlobby nicht unbedingt leichter. Umfragen zeigen: Auch in den USA befürworten immer mehr Menschen zumindest moderat hohe Hürden für den Besitz von Waffen.

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