US-Wahl:Der Trump-Erklärer

The 2016 Republican National Convention

Mike Pence beim Parteitag in Cleveland.

(Foto: Bloomberg)

Vizepräsidentschaftskandidat Mike Pence liefert in Cleveland was er soll: Seriosität. Er muss jene Wähler gewinnen, die Donald Trump abschreckt.

Kommentar von Hubert Wetzel, Cleveland

Man wusste bisher nicht so genau, warum der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump den Gouverneur von Indiana, Mike Pence, zu seinem Vize gemacht hat. Und ganz sicher scheint sich auch Pence selbst immer noch nicht zu sein, was seine Rolle neben dem Mann sein soll, der eigentlich alle Aufmerksamkeit für sich beansprucht. Nach der Rede, die Pence am Mittwochabend beim Parteitag der Republikaner in Cleveland hielt, kann man sagen: Trump will nicht viel von Pence, doch das Wenige, das er will, kann Pence liefern.

Pence' Auftritt war zunächst einmal deswegen bemerkenswert, weil seine Rede die bisher einzige des Parteitags war, in der so etwas wie Humor und sogar - unerhört - Selbstironie aufblitzte. Pence weiß, dass er für den größten Teil der Amerikaner bestenfalls ein Unbekannter ist, dass er schlimmstenfalls als grauhaariger Langweiler aus einem Bauernstaat gilt. Das hat er mit mehr Witz und Charme zugegeben, als Republikaner für gewöhnlich aufbringen.

Pence weiß ganz offensichtlich auch, wo sein Platz ist. Der Gouverneur redete über sich, seine Familie, seine Regierungsarbeit in Indiana. Das musste er tun, um sich der Partei und den Zuschauern vorzustellen. Vor allem aber redete er über Trump. Er erläuterte das, was Trump in und mit Amerika vorhat, klarer und verständlicher, als Trump es bislang je geschafft hat. Und er tat es in der routinierten, abgerundeten Sprache des professionellen Politikers.

Das ist einerseits weniger plakativ, was die Trump-Fans enttäuschen dürfte; es ist andererseits aber für Leute, die noch nicht von Trump überzeugt sind, auch weniger erschreckend. Das Versprechen, Trump werde "die Grenze sichern und den Einwanderungsgesetzen Geltung verschaffen" klingt einfach ein bisschen weniger drastisch als die Idee, eine dreitausend Kilometer lange Mauer zwischen den USA und Mexiko zu bauen.

Zudem vermied es Pence, Trump dadurch bloßzustellen, dass er seine eigene, makellos konservative Vita hervorhob. Jeder weiß, dass Trump bei Themen wie Abtreibung oder Homo-Ehe kein rechter Ideologe ist, sondern eher liberal denkt. Jeder weiß, dass der tiefgläubige Pence da sehr viel schärfere Ansichten hat. Und jeder weiß, dass die Auswahl von Pence jenen christlich-konservativen Wählern, die Trump für windig halten, ein Gefühl der Sicherheit geben soll: Ihr könnt den Hallodri Trump ruhig wählen, weil der Chorknabe Pence schon aufpassen wird.

Das ist natürlich in der Praxis Blödsinn, aber es ist die plausibelste Logik hinter der Wahl von Pence. Pence hütete sich davor, dieses Offensichtliche laut auszusprechen, was Trump geschadet hätte. Jedes Selbstlob des Chorknaben hätte die Fehlerhaftigkeit des Hallodris nur betont. Pence Anwesenheit war Botschaft genug.

Es gab bei diesem Parteitag sehr viele schlechte Reden, geiferndes, gebrülltes Zeug voller Hass. Es gab - das können auch Trump-Gegner nicht bestreiten - auch ein paar sehr gute Reden, allen voran die der Söhne von Donald Trump. Pence fiel mit seinem Auftritt eher in die zweite Kategorie. Mehr muss ein Vizekandidat beim Parteitag nicht tun.

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