US-Vorwahl:Romney warnt Amerika vor "Betrüger" Trump

Mitt Romney

Mitt Romney spricht an der Universität von Utah.

(Foto: AP)
  • In einer historisch unvergleichlichen Rede greift Mitt Romney, republikanischer Kandidat von 2012, seinen wahrscheinlichen Nachfolger Donald Trump an.
  • Der republikanische Mitbewerber Kasich begrüßt Romneys Äußerungen.
  • Trumps Reaktion lässt nicht lange auf sich warten. Er bezeichnet Romneys Attacke als "irrelevant", dieser sei ein "gescheiterter Kandidat".

Von Matthias Kolb, Washington

Noch bevor Mitt Romney ans Rednerpult in der University of Utah tritt, um den Stand der US-Vorwahlen der Republikaner zu kommentieren, mischt sich Donald Trump bereits in die Debatte ein. Bei Twitter, seinem Lieblingskommunikationskanal, bezeichnet er Romney als "Verlierer" - wie soll der gescheiterte Republikaner-Kandidat des Jahres 2012 denn wissen, wie man Wahlen gewinnt?

Doch Mitt Romney geht ungerührt in den Kampf gegen Trump. Er erinnert an Ronald Reagan, den übergroßen Helden der konservativen Bewegung, der 1964 die US-Amerikaner daran erinnert habe, dass sie vor einer Wahl stünden. Diese "Time for Choosing" sei nun wieder gekommen, und Romney lässt in seiner Rede keinen Zweifel daran, dass er Donald Trump verachtet.

Er nennt ihn einen "Betrüger" und "Schwindler", der nicht nur die USA unsicherer machen würde, sondern die ganze Welt. Ihm fehlten der Charakter und das Urteilsvermögen, das ein US-Präsident benötigte. Seine Versprechen seien ebenso wenig wert wie ein Abschluss der Trump University, sagt Romney. Und wenn es um Außenpolitik gehe, dann sei Trump "very very not smart", witzelt er.

Der 68-Jährige, der als Finanzinvestor Hunderte Millionen Dollar verdient hat, nimmt den Erfolg des Geschäftsmannes Trump auseinander - mitunter gleicht diese 18-minütige Rede einer Anklage vor Gericht. Dieser habe nichts selbst geschaffen, sondern sein Vermögen nur geerbt. "Was ist geschehen mit Trump Airlines, Trump Steaks, Trump Vodka, Trump University, Trump Mortgage? Die gibt es alle nicht mehr", ruft er. Sein Fazit muss nicht übersetzt werden: "A business genius he is not."

Trumps Antwort lässt nicht lange auf sich warten. In Portland im US-Bundesstaat Maine, wo die Republikaner am Samstag eine Vorwahl abhalten, spricht er vor seinen Anhängern. Wie schon auf Twitter bezeichnet er Romney als "schrecklich gescheiterten Kandidaten", seine Verbalangriffe seien deswegen "irrelevant". "Mitts Kandidatur war ein Desaster", sagt Trump.

Romneys Rede zeigt erneut, wie absurd und ohne historische Parallelen dieser Wahlkampf ist: Dass der ehemalige Präsidentschaftskandidat den Stimmen-König der eigenen Partei auseinandernimmt, ist ohne Vergleich. Womöglich wären Romneys Attacken noch wirksamer, wenn dieser nicht 2012 Trumps Unterstützung akzeptiert und neben ihm in Las Vegas posiert hätte. Trump wäre nicht Trump, wenn er nicht vorab auf diese Tatsache hingewiesen und Romney unterstellt hätte, dass dieser um das endorsement gebettelt habe.

Auch diesen Punkt greift Trump wenig später bei seinem Auftritt in Portland auf. "Wenn ich zu ihm gesagt hätte: 'Geh vor mir auf die Knie', wäre er auf die Knie gegangen", sagt Trump.

Doch Mitt Romney verdient Respekt dafür, dass er bereit ist, sich von Trump und dessen Millionen Fans beschimpfen zu lassen: "Achtet darauf, wie er auf meine Rede reagieren wird. Er wird sicher nicht auf die unterschiedlichen Politik-Vorstellungen eingehen und Details nennen." Romney, der fünffache Vater und 18-fache Großvater, ist angewidert von Trumps Auftreten ("er gibt damit an, Ehebrecher zu sein"), das ihn an Drittklässler erinnert: "Stellt euch vor, dass eure Kinder und Enkel so agieren würden. Würde euch das gefallen?"

Mitt Romney, der für viele Trump-Fans sicher als Vertreter genau jenes von ihnen verachteten Establishments gilt, kürt keinen Favoriten unter den drei verbliebenen Nicht-Trump-Kandidaten. Er fordert auf, in Florida für Marco Rubio und in Ohio für John Kasich zu stimmen - gemäß dem Szenario, wonach es vor allem darum gehe, Trump die Mehrheit auf dem Parteitag zu verweigern. Er gibt auch keinen Hinweis darauf, dass er als möglicher Kompromisskandidat zur Verfügung stehen würde, falls Trump in Cleveland scheitern sollte.

Romney packt noch zwei weitere Attacken aus: Er fordert den Milliardär auf, endlich seine Steuerunterlagen zu veröffentlichen. "Ich glaube, dass da eine Bombe verborgen ist. Vielleicht hat er nicht so viel an Behinderte und Veteranen gespendet, wie er uns immer erzählt", sagt Romney, der 2012 selbst erst spät über seine finanziellen Hintergründe informierte. Und er verlangt von Trump, den Mitschnitt eines Gesprächs mit der New York Times zu veröffentlichen, in dem der Milliardär nach Angaben der Zeitung ankündigt, seine Anti-Einwanderer-Rhetorik nicht ernst zu meinen (Details hier).

Romney greift auch Hillary Clinton an

Trump ist bekannt dafür, dass er ständig Umfragewerte herunterbetet, und Mitt Romney weist voller Schadenfreude darauf hin, dass aktuelle Erhebungen zeigen, dass sowohl Hillary Clinton und Bernie Sanders gegen Trump gewinnen würden. Dieses Argument akzeptiert Trump natürlich nicht, wie er am Morgen in einem Tweet unterstreicht.

Doch für Romney scheint es keine Alternative zu sein, im Zweifel für Clinton zu stimmen - er möchte einen Republikaner, der nicht Donald Trump heißt. "Hillary Clinton hat den amerikanischen Interessen als Außenministerin schlecht gedient. Eine Person, die so unehrlich und nicht vertrauenswürdig ist, darf nicht Präsidentin werden", ruft er in den Applaus hinein.

Was Mitt Romney in seiner Rede allerdings nicht getan hat: Er hat nicht versucht, die wütenden Anhänger Trumps, die sich von der republikanischen Partei verraten fühlen, zu überzeugen oder ihnen das Gefühl zu geben, dass er deren Ängste ernst nimmt. Und er hat auch nicht gesagt, dass er es bereut, 2012 von Donald Trump unterstützt worden zu sein.

Sehr deutlich kritisiert der ehemalige Präsidentschaftskandidat Trumps fehlende außenpolitische Erfahrung: Romney erinnert daran, dass der Milliardär sich bewundernd über Russlands autokratischen Präsidenten Wladimir Putin geäußert und George W. Bush zugleich einen Lügner genannt hat.

Am Morgen hatten sich mindestens 70 US-Außenpolitiker der Republikaner in einem Brandbrief gegen eine Präsidentschaftskandidatur des Milliardärs Donald Trump ausgesprochen. "Herr Trumps Äußerungen lassen uns zu dem Schluss gelangen, dass er als Präsident die Autorität seines Amtes nutzen würde, um auf eine Weise zu handeln, die Amerika weniger sicher machen und die unser Ansehen in der Welt vermindern würde", heißt es in dem Text, der im Fachblog "War on the Rocks" veröffentlicht wurde (hier nachzulesen).

Und während die Experten und Moderatoren in den US-Kabelsendern beginnen, aufgeregt diese "mit nichts zu vergleichende Rede" zu analysieren, erhält Romney die Unterstützung von John McCain, dem Präsidentschaftskandidat des Jahres 2008. "Ich teile die Sorgen über Donald Trump, die mein Freund Mitt Romney gerade geäußert hat."

Via Twitter äußert John Kasich, der sich heute Abend (Ortszeit) mit Trump sowie Marco Rubio und Ted Cruz in einer TV-Debatte messen wird, seine volle Unterstützung. Diese Redeschlacht wird eine ganz besondere werden.

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