US-Studie zu "Gescheiterten Staaten":Lage im Sudan und Irak weltweit am schlechtesten

Der Sudan und der Irak sind am stärksten von gewaltsamen Konflikten und einer Verschlechterung der Lebensbedingungen bedroht. Doch auch in anderen Staaten sieht es nach dem "Failed States Index" kaum besser aus.

Der Sudan und der Irak sind einer am Montag veröffentlichten Studie, dem "Failed States Index 2007", zufolge am stärksten von gewaltsamen Konflikten und einer Verschlechterung der Lebensbedingungen bedroht.

Unter den zehn weltweit am meisten gefährdeten Staaten sind allein acht Länder südlich der Sahara. Gefährdet sind demnach außerdem die Zentralafrikanische Republik, der Tschad, Somalia, Simbabwe, die Elfenbeinküste, die Demokratische Republik Kongo und Guinea. Die einzigen nicht-afrikanischen Länder innerhalb der ersten zehn sind der Irak und Afghanistan.

Der Sudan liegt damit das zweite Jahr in Folge an der Spitze der vom Scheitern bedrohten Staaten, wie aus der Erhebung des Magazins Foreign Policy und der Organisation Fund for Peace hervorgeht.

Der Hauptgrund für die Instabilität des Landes ist wohlbekannt: die anhaltende Gewalt in der Region Darfur. Mindestens 200.000, vielleicht aber auch doppelt so viele Menschen wurden innerhalb der vergangenen zwei Jahre von bewaffneten Milizen der Regierung getötet. Zwei bis drei Millionen Menschen wurden in Flüchtlingscamps in die umliegenden Staaten vertrieben.

Milliarden Aufbauhilfe können nutzlos sein

Wie die Beispiele Irak und Afghanistan zeigen, die an Platz zwei bzw. acht stehen, müssen gefährdete Länder nicht von der internationalen Staatengemeinschaft vernachlässigt werden, sondern es sind andere Gründe, die Staaten verwundbar machen.

Die Erfahrung der beiden Länder zeige, "dass Milliarden Dollar in Entwicklungs- und Sicherheitshilfen nutzlos sein können, wenn sie nicht von einer funktionierenden Regierung, vertrauenswürdigen Führern und realistischen Friedens- und Wirtschaftsplänen begleitet werden", heißt es in Foreign Policy.

In der Studie wurden 177 Staaten auf Basis von mehr als 12.000 öffentlich einsehbaren Quellen von Mai bis Dezember 2006 untersucht. Dabei wurden zwölf soziale, wirtschaftliche, politische und militärische Kriterien berücksichtigt. Als "Failed States" werden die ersten 32 der auf der Liste enthaltenen Staaten eingeordnet.

Die Ursachen der Schwächen von Staaten sind vielfältig. Ein deutlich begünstigendes Merkmal dafür, dass Konflikte und Naturkatastrophen nicht gelöst werden können, liegt der Studie zufolge in der langjährigen Herrschaft häufig brutaler Machthaber.

So seien beispielsweise in dreien der fünf Staaten, die die Liste anführen - Tschad, Sudan und Simbabwe - die politischen Führer seit mehr als 15 Jahren an der Macht. Langjährige despotische Herrschaft sei jedoch kein afrikanisches Problem, sondern komme beispielsweise auch in Usbekistan zum Tragen.

Gescheiterte und scheiternde Staaten

Dass viele der am meisten gefährdeten Staaten in bestimmten Regionen zusammengeballt liegen, ist laut der Untersuchung kein Zufall. Denn "Failed States" destabilisierten häufig auch die umliegenden Länder. Dies zeige sich am Beispiel Sudan, aber auch im Libanon.

Die Studie weist darauf hin, dass die Mehrzahl der Staaten auf der Liste noch nicht gescheitert seinen. Doch zeigten sie "ernsthafte Schwächen, die sie verwundbar machen", insbesondere gegenüber Naturkatastrophen, Kriegen und wirtschaftlichem Niedergang.

Die Anfälligkeit für solche Außeneinwirkungen sei nicht zu unterschätzen, heißt es. Dies zeige das Beispiel Libanon (auf Position 28). Dort habe der Krieg im vergangenen Sommer dazu geführt, dass fast zwei Dekaden wirtschaftlichen und politischen Fortschritts zunichte gemacht worden seien.

Der Libanon war denn im Jahr 2006 auch das Land, das am meisten an innerer Stabilität verlor, gefolgt von Somalia und Äquatorialguinea.

Doch auch beeindruckende Verbesserungen der inneren Lage eines Landes sind nach der Studie durchaus möglich. Die Einführung freier Wahlen scheint hier einen wesentlichen Beitrag leisten zu können, wie der Blick auf die "Aufsteiger" des Jahres 2006 zeigt.

Aufsteiger Russland und China

Am meisten verbessert habe sich die Lage in Liberia, heißt es in der Untersuchung. Unter anderem die Wahl 2005 habe dort nach mehr als zehn Jahren Bürgerkrieg Stabilität gebracht.

In Indonesien trug der erste direkt gewählte Präsident Susilo Bambang Yodhoyono nach Jahren der Korruption und der Zerstörung durch den Tsunami 2004 zu politischer Beständigkeit bei. Auch in der Demokratischen Republik Kongo sorgten die ersten Wahlen mit mehreren Parteien in mehr als 40 Jahren für eine neue Legitimität der Führung.

Deutlich verbessert hat sich der Erhebung zufolge auch die Situation in China und Russland. Beide Länder sind nun nicht mehr unter den am meisten gefährdeten Staaten zu finden. Neben der Aufnahme von 31 neuen Ländern in die Untersuchung sei dafür das Wirtschaftswachstum und bei Russland die momentane Beruhigung im Tschetschenien-Konflikt ausschlaggebend.

Als besonders beunruhigend werten es die Macher der Studie, dass sich unter den 15 geschwächtesten Staaten zwei mit Atomwaffen befinden: Nordkorea und Pakistan.

Deutschland liegt auf Platz 154 der untersuchten 177 Staaten.

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