US-Strafzölle:Wie die EU einen Handelskrieg mit den USA abwenden will

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Ein Trimet-Mitarbeiter reinigt in Nordrhein-Westfalen flüssiges Aluminium. Die US-Strafzölle würden deutsche Unternehmen hart treffen. (Foto: dpa)
  • Bis 1. Mai sind Produkte aus der EU von den US-Strafzöllen auf Stahl und Aluminium ausgenommen.
  • Kurz vor Ablauf der Frist warnen Deutschland, Frankreich und Großbritannien die USA vor handelspolitischen Maßnahmen gegen die EU.
  • Die EU droht mit Gegenmaßnahmen, falls Trump keine Ausnahmeregelung für europäische Produkte schafft.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel, und Jens Schneider, Berlin, Berlin/Brüssel

Kurz vor Ablauf der Frist zu einer Entscheidung über neue Importzölle der USA haben Deutschland, Frankreich und Großbritannien vor handelspolitischen Maßnahmen gegen die Europäische Union gewarnt. Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron und die britische Premierministerin Theresa May seien sich einig, dass die Vereinigten Staaten keine handelspolitischen Maßnahmen gegen die Europäische Union ergreifen sollten, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Andernfalls sollte die Europäische Union nach Auffassung der Regierungschefs "bereit sein, im Rahmen der multilateralen Handelsordnung entschlossen ihre Interessen zu vertreten". Am 1. Mai, also an diesem Dienstag, endet die Frist, bis zu der die EU von den von Trump eingeführten Einfuhrzöllen auf Stahl und Aluminium ausgenommen ist. Ein Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei US-Präsident Donald Trump in Washington hatte am Freitag keine Lösung gebracht.

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Die Kanzlerin erklärte nach dem Gespräch mit Trump, dass die Entscheidungen nun beim amerikanischen Präsidenten lägen. Die für Handelsfragen zuständige EU-Kommission versuchte bis zuletzt, eine Einigung mit Washington zu erzielen, um einen Handelskrieg abzuwenden.

Die EU will unbefristet von den US-Zöllen ausgenommen werden

Die Europäische Union hielt sich mögliche Vergeltungsmaßnahmen offen. Die Kommission drängte dabei darauf, dass die EU zunächst weiter ohne jegliche Bedingungen unbefristet von diesen neuen Zöllen ausgenommen wird. Erst wenn dies von Trump bestätigt werde, seien Gespräche über mögliche Handelserleichterungen oder gar ein neues transatlantisches Abkommen möglich, hieß es in Brüssel.

Die Verhandlungen gestalteten sich schwierig, da die Vereinigten Staaten mehrere Forderungen stellten, die Europa erfüllen sollte. So wollten die USA etwa, dass die EU deutlich weniger Stahl und Aluminium als bisher in die USA exportiert. Die Europäer wiesen dieses Ansinnen zurück. Trump hatte nach den Gesprächen mit Bundeskanzlerin Merkel erneut beklagt, dass Amerika "ein Handelsdefizit von 151 Milliarden US-Dollar mit der EU" hat. Merkel zeigte sich mit Blick auf die Handelsbeziehungen offen für Gespräche über bilaterale Handelsabkommen zwischen der EU und den USA.

Angesichts der von Trump verhängten Zölle haben die Europäer sich bereits bei der Welthandelsorganisation (WTO) beschwert. Diese hätten als Schutzmaßnahme gemeldet werden müssen. Da die USA dies nicht getan haben, setzte die EU ein Streitschlichtungsverfahren in Gang. Ein solches Verfahren kann mehrere Jahre dauern. Die EU ist deshalb gewappnet, ihrerseits mit Zöllen zu reagieren.

"Die Tür für eine Lösung bleibt einen Spalt weit offen"

Die Kommission hat bereits eine Liste mit US-Produkten im Wert von 2,8 Milliarden Euro erstellt, die mit Zöllen belegt werden könnten. Dazu zählen etwa Motorräder, Whiskey und Erdnussbutter. Hinzu kämen Schutzmaßnahmen für die eigene Industrie, falls aufgrund der US-Zölle verstärkt billige Produkte aus China in die EU drängen und europäische Stahl- und Aluminiumhersteller unter Druck geraten.

Trump hat bereits mit Aufschlägen auf europäische Autos gedroht, wenn die EU ihre "grauenhaften" Zölle auf US-Produkte nicht abschaffe. Dabei nannte er ausdrücklich die Marken Mercedes und BMW. Tatsächlich wäre Deutschland in der EU von Auto-Zöllen am stärksten getroffen: Es hat 2017 fast eine halbe Million Fahrzeuge in die USA exportiert. Vertreter des deutschen Außenhandels sahen am Wochenende noch eine kleine Chance, dass Trump einlenkt. "Das war sicher kein Durchbruch. Aber die Tür für eine Lösung im Streit um die US-Strafzölle bleibt einen Spalt weit offen", sagte der Präsident des Groß- und Außenhandelverbandes BGA, Holger Bingmann.

Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber (CSU), sagte im Deutschlandfunk, die USA müssten wissen, dass es bei Strafzöllen Gegenmaßnahmen geben werde. Diese müssten verhältnismäßig sein und mit dem Vorschlag verbunden werden, jederzeit über einen neuen Anlauf zu einem Freihandelsabkommen zu reden. FDP-Chef Christian Lindner warb dafür, das seit Trumps Amtsantritt ruhende transatlantische Freihandelsabkommen TTIP "aus dem Eisschrank zu holen". Der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer betonte, Gegenmaßnahmen dürften nicht eskalierend wirken, müssten aber klarmachen, dass die USA mit der EU nicht umspringen könnten, wie sie wollten.

© SZ vom 30.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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