US-Soldaten bei Homosexuellen-Parade:Schwul in Uniform

Zum ersten Mal haben schwule und lesbische US-Soldaten an einer Homosexuellen-Parade teilgenommen - und zwar in Uniform. Noch vor eineinhalb Jahren wäre das undenkbar gewesen. Bis Präsident Obama der Politik des Wegschauens ein Ende setzte.

Moritz Koch

Memos aus dem Pentagon halten oft die gesamte Welt in Atem. Es geht dann um Fragen von Krieg und Frieden, um das Für und Wider von Folterverhören, die Planung eines Cyberangriffs oder die Zielbestimmung von Drohnenattacken. Einen Grund zum Feiern liefert so ein Memo eher selten - ausnahmsweise aber schon, wie der jüngste Aktenvermerk zeigt, mit dem das amerikanische Verteidigungsministerium von sich reden macht.

Members of the United States Army march in the San Diego gay prid

Erstmals durften Militärangehörige in Uniform an der Schwulen- und Lesbenparade in San Diego teilnehmen. Dutzende homosexuelle Soldaten marschierten durch die sonnendurchfluteten Straßen der kalifornischen Küstenstadt.

(Foto: dpa)

Ausnahmsweise, heißt es dort, dürften Militärangehörige in Uniform an der Schwulen- und Lesbenparade in San Diego teilnehmen. Und so marschierten Dutzende schwule und lesbische Soldaten am Samstag durch die sonnendurchfluteten Straßen der kalifornischen Küstenstadt. Alle Teilstreitkräfte waren vertreten: die Navy, die Marines, die Army, die Air Force, die Coast Guard. Es war eine etwas andere Militärparade, anders jedenfalls als die martialischen Stechschritt-Spektakel, an denen sich die Despoten dieser Welt ergötzen. Auf die Soldaten folgten keine Panzerkolonnen und Artilleriebatterien, sondern Karnevalswagen, Dragqueens und ein Meer aus Regenbogenfahnen.

Noch vor eineinhalb Jahren wären diese Bilder undenkbar gewesen. Für offen schwule und lesbische Soldaten gab es in den US-Streitkräften keinen Platz. "Don't ask, don't tell" lautete die Devise des Pentagons. Offizieren war es verboten, Fragen nach der sexuellen Orientierung ihrer Untergebenen zu stellen. Genauso wenig durften sich Soldaten von sich aus zu ihrer Homosexualität bekennen. Wenn sie es doch taten, wurden sie aus dem Dienst entlassen. Nichts fragen, nichts sagen - es war eine Politik des Wegschauens und Verleugnens. Doch damit ist es vorbei.

Auf Druck von Präsident Barack Obama hat der Kongress "Don't ask, don't tell" Ende 2010 außer Kraft gesetzt. Für die Schwulen-Bewegung war es ein Meilenstein. Fast zwanzig Jahre dauerte der Kampf um Akzeptanz, insbesondere die Republikaner hatten sich erbittert gegen die Reform gesträubt. Doch nun ist die Schlacht gewonnen und es kann gefeiert werden.

Schon im vergangenen Jahr nahmen homosexuelle Soldaten an der Parade in San Diego teil - damals noch im T-Shirt. An diesem Samstag konnten sie sich erstmals in Uniform zeigen, und sie wurden von den Zuschauern mit Jubelschreien begrüßt. "Sie kämpfen ja auch nicht im T-Shirt, sie kämpfen in Uniform", sagte der frühere Marine-Soldat Sean Sala, der die Teilnahme seiner Kameraden organisiert hatte. "Es geht darum zu zeigen, wer wir sind."

Das Pentagon zögert

Noch zögert das Pentagon allerdings, die neue Freizügigkeit zur politischen Leitlinie zu erheben. Auch weiterhin, so legt das Memo fest, bedarf das Tragen der Uniform bei Spaßparaden der ausdrücklichen Genehmigung des Ministeriums oder des kommandierenden Offiziers. Doch Sala ist sich sicher: Seit Samstag gibt es keinen Weg zurück. Künftig werde es keine Pride-Parade mehr ohne uniformierte Soldaten geben. Und das, hofft Sala, werde der gesamten Schwulenbewegung Mut machen. Schließlich gibt es noch viel zu tun.

Die Gleichberechtigung von Homosexuellen ist die wohl wichtigste und zugleich umstrittenste Bürgerrechtsfrage in den Vereinigten Staaten. Vor allem die Homo-Ehe bleibt ein Reizthema. Nach langem Zögern hat Obama Farbe bekannt: "Für mich ist es wichtig, voranzugehen und zu betonen, dass gleichgeschlechtliche Paare heiraten können", sagte er im Mai in einem Fernsehinterview.

Doch der Widerstand der Republikaner ist in dieser Frage viel massiver, als er es bei "Don't ask, don't tell" war. Sie wollen Obamas Gleichstellungsagenda stoppen, gerade jetzt, in Wahlkampfzeiten.

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