US-Wahl: Republikaner:Mit vollen Kassen an die Macht

Obama in Bedrängnis: Den Republikanern gelingt es, die Wahlen im November zu einer Art Referendum über den Präsident zu machen. Das liegt auch an umstrittenen Spenden von Unternehmen und Verbänden.

Christian Wernicke, Washington

In der Endphase des US-Wahlkampfs liegen die oppositionellen Republikaner finanziell klar vorn: Republikanische Kandidaten für Senat oder Repräsentantenhaus sammelten im dritten Quartal 2010 mehr als 160 Millionen Dollar an Spenden, während die Demokraten weniger als 130 Millionen eintrieben. Zudem genießen die Republikaner die Unterstützung wirtschaftsnaher Verbände wie der US-Handelskammer oder konservativer Lobbygruppen, die bis zur Wahl am 2. November zusätzlich etwa 150 Millionen Dollar zumeist für aggressive TV-Spots ausgeben wollen.

Harry Reid And Tea Party Challenger Sharron Angle Debate In Las Vegas

Die Republikanerin Sharron Angle ergatterte 14,3 Millionen Dollar an Spendengeldern. Ihr demokratischer Konkurrent, Harry Reid, bekam nur 2,8 Millionen Dollar zusammen.

(Foto: AFP)

Die am Wochenende von der Bundeswahl-Kommission veröffentlichten Daten offenbaren mancherorts eine dramatische finanzielle Übermacht der Republikaner. Im Bundesstaat Nevada etwa, wo der demokratische Fraktionschef im Senat, Harry Reid, um sein politisches Überleben kämpft, flossen der erzkonservativen Republikanerin Sharron Angle 14,3 Millionen Dollar zu. Reid, der in Umfragen knapp zurückliegt, ergatterte von Juli bis September nur 2,8 Millionen Dollar. Doch hat Angle, die zu einem nationalen Idol der rechten Tea-Party-Bewegung herangewachsen ist, einen Großteil ihrer Werbemittel bereits verbraucht: Mit 4,1 Millionen Dollar hat sie nur etwas mehr Geld in der Kriegskasse als Reid (4,0 Millionen).

Auch in den meisten anderen Senats-Rennen verfügen republikanische Kandidaten über klare Finanzvorteile. Dies ist eine Umkehr der Machtverhältnisse im Vergleich zu den Wahlen 2006 und 2008, bei denen die Demokraten auf mehr Spenden bauen konnten, um mit TV-Spots ihre Anhänger zur Stimmabgabe zu motivieren. Den Republikanern scheint es zu gelingen, die Zwischenwahl zu einer Art Referendum über Präsident Barack Obama zu machen: Konservative und unzufriedene Wähler bekunden in allen Umfragen eine weitaus höhere Bereitschaft zur Stimmabgabe als Demokraten. Prognosen verheißen den Republikanern im Senat einen Zugewinn von mindestens fünf Mandaten. In fünf weiteren Bundesstaaten, die bislang Demokraten nach Washington schickten, steht die Entscheidung auf des Messers Schneide. Verlöre Obamas Partei auch dort, würde die Mehrheit im US-Oberhaus an die Republikaner fallen.

Im Repräsentantenhaus gilt eine Machtübernahme der Republikaner als wahrscheinlich. Die Republikaner müssen dazu 39 Sitze hinzugewinnen. Von den insgesamt 425 Wahlkreisen gelten laut jüngsten Analysen nur etwa hundert Rennen als offen - und 91 Distrikte davon sind bisher in demokratischer Hand. Auch hier beflügelt der Spendenfluss die Hoffnungen der Republikaner: Laut Wahlkommission gelang es rechten Herausforderern in den 40 am heißesten umkämpften Wahlkreisen, mehr Spenden einzutreiben als die demokratischen Amtsinhaber.

Selbst prominente Demokraten wie die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, oder mächtige Ausschussvorsitzende wie Ike Skelton (Verteidigung) und Nick Rahall (Umwelt) konnten im vorigen Quartal nur weniger als die Hälfte an Zuflüssen einsammeln wie ihre rechten Herausforderer. Traditionell genießen Amtsinhaber eigentlich stets einen Finanzvorteil, weil sie bekannter sind und über ein etabliertes Netzwerk treuer Spender verfügen.

Welle von Großspenden

Der überraschende Rückstand demokratischer Kandidaten bei direkten Spenden erklärt sich vor allem durch Zuflüsse, die von Sponsoren außerhalb der jeweiligen Wahlkreise stammen. Bei diesen "Fremdspenden", hinter denen meist Unternehmen oder reiche Gönner stehen, liegen die Republikaner laut Analyse des unabhängigen Centers for Responsive Politics vorn: Kandidaten der Grand Old Party erhielten 113,7 Millionen Dollar und damit mehr als doppelt so viel wie die Demokraten (49,7 Millionen).

Kritiker erklären die Welle von Großspenden mit einem umstrittenen Urteil des Verfassungsgerichts. Die mehrheitlich konservativen Richter entschieden im Januar, Unternehmen und Verbände hätten das gleiche Recht auf Meinungsfreiheit und politische Teilhabe wie jeder Bürger. Das Grundsatzurteil ermöglicht es etwa der Handelskammer, in dieser Wahlsaison um die 75 Millionen Dollar von Unternehmen einzutreiben und für überwiegend prorepublikanische Werbespots einzusetzen, ohne die Namen der Sponsoren veröffentlichen zu müssen.

Präsident Obama hat die Praxis attackiert und der Handelskammer unterstellt, sie würde illegal Spenden aus dem Ausland für ihre Kampagne verwenden. Allerdings konnte er diese Vorwürfe nicht beweisen. Die demokratische Parteizentrale hatte mit aggressiven Werbespots versucht, rechte Lobbygruppen in Misskredit zu bringen. Das zielte etwa auf die Organisation American Crossroads, die von Karl Rove, dem ehemaligen Schlüsselvertrauten von Präsident George W. Bush, gesteuert wird. Innerhalb einer Woche erhielt Crossroads nun 13,3 Millionen Dollar Spenden. So kündigte die Organisation an, sie wolle statt der bisher kalkulierten 56 Millionen Dollar nun mindestens 65 Millionen investieren, um republikanischen Anwärtern zum Sieg zu verhelfen.

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