US-Präsidentschaftswahlkampf:Obamas riskante Miesmacherei

Volksfern, gierig, Geschäftemacher: Mit aller Macht versucht Präsident Obama seinen Konkurrenten Romney im US-Wahlkampf schlecht aussehen zu lassen. Die Botschaft scheint angekommen zu sein, aber für Obama ist die Strategie doppelt riskant.

Nicolas Richter, Washington

Clint Eastwood sagt, sein Land brauche einen Schub, weswegen er bei der Präsidentschaftswahl Mitt Romney seine Stimme geben werde. Das ist konsequent, denn Eastwood, 82, hat Kandidaten der Republikaner schon unterstützt, als diese noch Nixon hießen. Politisch mag Eastwood und Romney einiges verbinden, und gemeinsam ist ihnen auch, dass sie tendenziell eher zurückgenommene, zuweilen gar in sich gekehrte Menschen sind.

US-Präsident Obama

Obamas Negativwerbung verfängt, aber trotzdem könnte die Kampagne gegen Romney gefährlich werden.

(Foto: AP)

Der große Unterschied: Eastwood ist in Western und Krimis zum Superstar gereift, weil er selbst in wortkargen Rollen enormes Charisma entwickelte. Bei Romney ist es umgekehrt: Im Wahlkampf redet er pausenlos, aber so richtig können sich viele Landsleute noch immer nicht für ihn begeistern. Das belegen mehrere neue Umfragen.

Bisher lautete die Analyse der Wahlbeobachter: Fällt die Arbeitslosenquote im Laufe des Jahres deutlich unter acht Prozent, ist Amtsinhaber Obama so gut wie unschlagbar. Bleibt sie hingegen bei acht Prozent oder darüber, müsste Romney gewinnen. So gesehen dürfte es eigentlich nicht gut stehen um Obama. Im Juli sind zwar mehr Jobs entstanden als erwartet, doch liegt die Arbeitslosenquote weiter über acht Prozent, und der Trend deutet auf Stagnation.

Wie eine neue gemeinsame Umfrage von New York Times, dem Sender CBS und der Quinnipiac Universität verrät, kann Romney vom Misserfolg seines Rivalen allerdings nicht so klar profitieren wie erhofft. In Florida würden 51 Prozent Obama wählen und 45 Romney, in Ohio steht es 50 zu 44 und in Pennsylvania 53 zu 42. Für Romney dürfte darin eine beunruhigende Erkenntnis liegen: Zum einen gelingt es ihm nicht, aus seiner behaupteten Wirtschaftskompetenz schlagende Wettbewerbsvorteile zu ziehen.

Auf die Frage, wer von beiden Wettbewerbern die Wirtschaft voranbringen würde, kommt es in den drei Bundesstaaten zu einem Patt. Zwar veröffentlichte die Zeitung USA Today zuletzt Ergebnisse, wonach Romney landesweit als viel wirtschaftskompetenter gilt. Für die Wahl ist aber die Stimmung in den "swing states" entscheidend, in denen die Wähler nicht traditionell festgelegt sind. Florida, Ohio und Pennsylvania gehören dazu.

Deutlicher fällt der Vergleich der beiden Wettbewerber bei der Frage nach der persönlichen Sympathie aus. In den drei jüngst untersuchten Bundesstaaten fiel die Antwort klar zu Obamas Gunsten aus. Romney wird in diesem Zusammenhang von einer ansehnlichen Mehrheit unterstellt, er interessiere sich nicht für die Probleme der Durchschnittswähler. Obama schneidet in dieser Frage deutlich besser ab. USA-weit lautet das Ergebnis ähnlich.

Den ganzen Sommer über hat Obama im Fernsehen Werbespots senden lassen, die Romney als volksfernen, gierigen und überhaupt dubiosen Geschäftemacher darstellten. Diese Botschaft scheint bei den Wählern angekommen zu sein. Allerdings ist Obamas Strategie riskant: Erstens hat er so viel teure Negativwerbung für Romney gemacht, dass ihm in den letzten Wochen vor der Wahl das Geld auszugehen droht. Zweitens riskiert Obama, der immer Wandel und Optimismus gepredigt hat, bei aller Miesmacherei am Ende wie jene zynischen Washingtoner Politprofis wahrgenommen zu werden, die er immer kritisiert hat. Dirty Harry ist eine Rolle, die zu Eastwood passen mag, aber nicht zu Obama.

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