US-Präsidentschaftswahlen:Kerry und Edward überholen Dean

Kurz vor der Vorwahl im US-Bundesstaat Iowa ist der Senator von Massachusetts, John Kerry, in Umfragen mit 26 Prozent an die Spitzenposition in der Gunst der Wähler gerückt. Der bundesweite Favorit, Ex-Gouverneur Howard Dean, erreichte mit 20 Prozent nur Platz drei hinter John Edwards (23 Prozent). Demnach ist der Wahlausgang noch völlig offen.

Auch der Spitzenkandidat und Kongressabgeordnete Richard Gephardt fiel weiter zurück. Er erreichte nur noch 18 Prozent.

Damit sahen die Umfragewerte die ersten vier von sechs in Iowa antretenden Bewerbern so nah beieinander wie selten zuvor, wodurch der Wahlausgang äußerst offen blieb. Auch schlossen nach Angaben der Regionalzeitung Des Moines Sunday Register die Hälfte der Befragten, die sich für einen Kandidaten ausgesprochen hatten, nicht aus, dass sie sich noch umstimmen lassen. "Wenn jemand eine Voraussage trifft, hat er entweder eine Kristallkugel oder er rät", kommentierte der Chef der Demokratischen Partei in Iowa, Jean Hessburg.

Die vier Kandidaten bemühten sich insbesondere mit Kritik an der US-Politik im Irak um die Gunst der Wähler - nachdem am Sonntag bei einem Anschlag vor dem US-Hauptquartier in Bagdad am Sonntag mehr als 20 Menschen gestorben waren..

"Die US-Regierung hat die rücksichtsloseste, arroganteste, unfähigste, ideologische Außenpolitik in der jüngeren Geschichte betrieben", kritisierte etwa Kerry im Fernsehsender ABC.

Das Vorgehen der USA in Irak sei falsch, sagte der US-Senator aus North Carolina John Edwards im CBS-Fernsehen. So müsse die Stabilisierungstruppe in Irak internationalisiert werden.

Darüber hinaus versuchte Edwards, die einfachen Bürger anzusprechen: "Dies ist ein Land, in dem der Sohn eines Fabrikarbeiters den Sohn eines Präsidenten schlagen kann!" rief Edwards (50) unter dem Jubel seiner Fans. Der Senator aus North Carolina war in einfachen Verhältnissen aufgewachsen, hat es als Rechtsanwalt aber zu einem Millionenvermögen gebracht.

Unterstützung von Ex-Präsident Jimmy Carter

Der lange Zeit in Umfragen führende Ex-Gouverneur von Vermont, Dean, der dem linken Flügel der Demokraten zugerechnet wird, sicherte sich am Sonntag publikumswirksam die Unterstützung von Ex-Präsident und Friedensnobelpreisträger Jimmy Carter.

Dean habe "mutig und offen" den Irak-Krieg abgelehnt, sagte Carter beim gemeinsamen Besuch eines Gottesdienstes mit Dean in seiner Heimatstadt Plains in Georgia. Bei mehreren Auftritten auf seiner Tour durch Iowa wurde Dean auch von seiner Frau begleitet. Im Zuge des Vorwahlkampfs war die Medizinerin bislang erst einmal an der Seite ihres Ehemanns aufgetreten.

Auch der vierte aussichtsreiche Bewerber, Richard Gephardt, richtete in den letzten Stunden vor Beginn des "caucus" sein Augenmerk auf die Irak-Politik der Bush-Administration. Eine Untersuchungskommission müsse eingesetzt werden, um Gründe für die vergebliche Suche nach Massenvernichtungswaffen in Irak zu klären, forderte der Abgeordnete aus Missouri laut dem Sender NBC.

Gephardt setzt außerdem vor allem auf Gewerkschafter, die mit Riesentrucks in den Straßen von Iowa Stärke demonstrierten. "Hier geht es nicht um mich, sondern darum, dass wir einen Präsidenten bekommen, der für die arbeitende Bevölkerung da ist!" sagte der 62-Jährige.

Wenig Chancen wurden Dennis Kucinic, Abgeordnetem aus Ohio, und dem schwarzen Prediger Al Sharpton eingeräumt. Zwei demokratische Kandidaten, Ex-Nato-Oberbefehlshaber Wesley Clark und Senator Joseph Lieberman, waren in Iowa nicht angetreten. Die Wahlversammlungen sollen um 01.30 (MESZ) beginnen, erste Ergebnisse werden für 06.00 (MESZ) erwartet.

Im so genannten Caucus-System in Iowa nehmen die Parteimitglieder an einer der knapp 2000 Parteiversammlungen teil, und müssen öffentlich die Hand für einen Kandidaten heben. Wer nicht 15 Prozent der Stimmen bekommt, scheidet in dem Bezirk aus.

Seine Wähler können sich dann für einen anderen Kandidaten aussprechen. Der Sieg in Iowa ist die erste Etappe auf dem Weg zum Weißen Haus. Vorwahlen finden bis Frühsommer in allen 50 Bundesstaaten statt. Der Herausforderer für Bush wird Ende Juli auf einem Parteitag in Boston gekürt.

Trotz des Medienspektakels zum Auftakt der Vorwahlen hat der Ausgang wenig Aussagekraft für den weiteren Verlauf: 1980 wurde der Sieger der Republikaner im "Iowa caucus", George Bush senior, im weiteren Verlauf vom späteren Präsidenten Ronald Reagan ausgestochen. Und 1988 hatte Gephardt gewonnen, der damals aus Geldmangel wenig später das Handtuch warf. Umfragen zufolge hat derzeit keiner der demokratischen Anwärter eine Chance gegen Amtsinhaber Bush.

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