US-Präsidentschaftskandidat John McCain:Vietnam-Veteran feiert sein Comeback

John McCains Comeback in New Hampshire passt zu seinem Wahlkampfslogan "No Surrender" - genauso wie das Leben des Vietnam-Veteranen, der nach einem Flugzeugabschuss als tot galt und nach fünfeinhalb Jahren Gefangenschaft wieder heimkehrte.

Christian Wernicke

Trotz allem, der Mann hat Humor. "Ja, ich lebe das Leben eines Lazarus", hat John McCain erst vorige Woche von sich gesagt, und der Slogan seines Wahlkampfs spiegelt seinen fast ewigen Kampf ums Überleben wider: "No Surrender!"

US-Präsidentschaftskandidat John McCain: Senator John McCain mit seiner Frau Cindy bei einer Wahlkampfveranstaltung in Grand Rapids, Michigan.

Senator John McCain mit seiner Frau Cindy bei einer Wahlkampfveranstaltung in Grand Rapids, Michigan.

(Foto: Foto: AP)

Ja, der alte Senator aus Arizona und einstige Marinepilot hat schon viele Schlachten verloren. Als Soldat und Kriegsgefangener erlebte er Amerikas Schmach in Vietnam.

Und vor acht Jahren, da der Republikaner mit George W. Bush um den Einzug ins Weiße Haus rang, unterlag er einer Schmutzkampagne seines texanischen Parteifreundes. Aber Kapitulation? "Niemals!"

Er steht noch, oder genauer: wieder. Und wie: "Was immer ich in meinem Leben auch gemacht habe - am Ende kam mehr dabei heraus als ich erwartet habe", rief McCain in der Nacht zum Mittwoch seiner jubelnden Gefolgschaft in New Hampshire zu.

Der 71-Jährige hat seinen Triumph ausgekostet, in vollen Zügen. McCains von Kriegsverletzungen geschundener Körper richtete sich auf, sein von den Narben einer Krebsoperation gezeichnetes Gesicht erstrahlte, da ihn das Echo seiner johlenden Anhänger übertönte: "Mac is back!"

Es ist der Krieg, der diesen Mann gemacht hat. Der Sohn und Enkel zweier US-Admirale galt 1967, nach dem Abschuss seines Flugzeuges über Vietnam, bereits als tot. Fünfeinhalb Jahre durchlitt McCain in Hanoi Folter und Gefangenschaft, als Krüppel kehrte er heim.

Bis heute plagt ihn, dass Amerika die Schlachten um Vietnam nicht im Dschungel, sondern im politischen Kampf in Washington verloren habe - weshalb er seit 2003 stur und ohne Rücksicht auf innerparteiliche Sympathieverluste zum Durchhalten im Irak mahnte.

Jahrelang drosch der umgängliche, aber eben eigenwillige Senior auf Donald Rumsfeld ein: Der Verteidigungsminister solle endlich mehr Truppen in den Irak entsenden. Als Präsident Bush diesen Weg aus der Not dann vor einem Jahr einschlug, schmähten die Demokraten den Plan als "McCain-Strategie". Der Senator behielt recht - rein militärisch jedenfalls.

Es ist der Hang zum martialischen Denken, der europäische Beobachter nicht nur mit Respekt von McCain sprechen lässt: "Mit ihm würde die Bush-Doktrin vom präventiven Krieg fortleben", kommentierte ein Diplomat das Wahlergebnis.

Zwar bedauert McCain inzwischen, dass er vor Monaten zur Melodie des Beach-Boys-Songs "Barbara Ann" einen neuen Text summte: "Bomb, bomb, bomb - bomb, bomb Iran!" Aber Bill Kristol, der publizistische Anführer der Neokonservativen, frohlockte am Mittwoch: "McCain verdankt seinen Sieg unseren Erfolgen im Irak."

Aber es ist nicht nur der Irakkrieg, der McCains Kampagne wieder auf die Beine brachte. Nach seinem Einbruch im Sommer, als er mangels Spenden seine Wahlkampfmanager entlassen musste, hat er seine Kampagne selbst in die Hand genommen und seinen alten Kampfgeist wiederentdeckt.

New Hampshire bedeutet für McCain eine zweite Chance. Es ist seine letzte, und die will ihm Mitt Romney, der Ex-Gouverneur von Massachusetts verbauen. In TV-Spots wirft er dem alten Senator vor, er habe - im Streit um Steuersenkungen, um illegale Einwanderung oder um das Militärlager auf Guantanamo - gegen die reine, die stramm rechte Lehre der Partei verstoßen. Das Wall Street Journal berichtet sogar, Romney wolle McCains "vulkanisches Temperament" zum Thema machen. So einer dürfe nie seine Finger am Abzug haben.

Das kennt der Lazarus: Anno 2000, da McCain ebenfalls in New Hampshire obsiegte, verbreitete die Bush-Kampagne Gerüchte, der Veteran sei seit Vietnam psychisch "instabil". Am Mittwoch gab sich der Senator unerschütterlicher denn je. Er sei bereit, von 2009 an der Nation als Oberkommandierender zu dienen: "Wir sind die Gestalter der Geschichte - nicht ihre Opfer."

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