US-Präsident:Trump lässt Juden bei Holocaust-Gedenken unerwähnt

British Prime Minister Meets Donald Trump

Donald Trump, Präsident der USA, hat Juden bei Holocaust-Gedenken nicht erwähnt.

(Foto: AFP)

Der neue US-Präsident nennt am Holocaust-Gedenktag die größte Opfergruppe nicht - und sorgt für Irritationen.

Von Oliver Das Gupta

Die ersten Tage von Donald Trump im Weißen Haus sind begleitet von großem Getöse. Neben den umstrittenen Dekreten und allerlei Poltereien des neuen US-Präsidenten wird jetzt auch seine Aussage zum Holocaust-Gedenktag kritisiert.

Trump sorgt ausnahmsweise nicht mit etwas für Wirbel, das er von sich gibt, sondern damit, dass er etwas Essentielles unerwähnt lässt: die Juden, die mit Abstand größte Opfergruppe des nationalsozialistischen Rassenwahns.

In einer schriftlichen Stellungnahme Trumps, die die Pressestelle des Weißen Hauses verbreitete, ist lediglich die Rede von "unschuldigen Menschen". Die Täter nennt Trump beim Namen: die Nazis.

Die Anti-Defamation League (ADL), eine Organisation mit Sitz in New York, die gegen Diskriminierung von Juden und Antisemitismus kämpft, reagierte prompt.

"Verwirrend und ärgerlich" nannte ADL-Chef Jonathan Greenblatt via Twitter die Erklärung des neuen Präsidenten - und verwies auf dessen Amtsvorgänger. So betonten sowohl Trumps republikanischer Parteifreund George W. Bush, als auch der Demokrat Barack Obama, dass vor allem Juden Opfer der NS-Ideologie waren.

Etwa sechs Millionen Menschen mit jüdischem Hintergrund waren in Gaskammern, aber auch durch Massenerschießungen ermordet worden. Die Nazis ließen unzählige Häftlinge verhungern, an Seuchen sterben und sich als Arbeitssklaven zu Tode schuften. Bereits zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs hatte der deutsche Diktator Adolf Hitler die "Vernichtung" der europäischen Juden in einer Reichstagsrede angekündigt. In den letzten Kriegsjahren hat Hitler-Deutschland die "Lösung der Judenfrage" systematisch betrieben (hier mehr dazu).

Vor diesem historischen Hintergrund ist es ein Lapsus Trumps, das Schicksal der Juden unerwähnt zu lassen. Die Tonalität seiner Erklärung steht außerdem in deutlichem Kontrast zu seiner eingeleiteten Politik: Trump verspricht mit Blick auf den Holocaust nämlich "alles zu tun während meiner Präsidentschaft und meines Lebens", damit "die Mächte des Bösen nie wieder die Mächte des Guten bezwingen". Am Ende seiner drei Absätze langen Erklärung heißt es, zusammen werde man "Liebe und Toleranz" auf der ganzen Welt verbreiten.

Gleichzeitig ist Trump allerdings nicht bereit, Menschen in den USA aufzunehmen, die heute vor Krieg und Verfolgung fliehen. Zuletzt verhängte er einen Einreisestopp für Bürger aus sieben muslimischen Ländern, von denen fünf durch die US-Luftwaffe in den letzten Wochen bombardiert wurden.

Dagegen setzt sich auch die jüdische ADL ein. In einem Statement vom 26. Januar zählt Greenblatt auf, für welche Personen Trumps Abschottung "ein Todesurteil" bedeuten könnte: Sunniten im schiitischen Iran, frühere Übersetzer der US-Armee im Irak, Homosexuelle im Jemen, Kinder und Witwen in Syrien. Diese Menschen aus Sicherheitsgründen abzuweisen sei "grausam" und widerspreche den Werten Amerikas, meint Greenblatt.

Die Armut von Holocaust-Überlebenden in den USA

Dem Pathos in Trumps Statement steht auch ein weiterer innenpolitischer Aspekt entgegen: Etwa 100.000 jüdische Holocaust-Überlebende wohnen in den USA, ein Drittel von ihnen lebt in Armut, berichtet der Sender CNN. Die hohe Armutsrate hängt auch oft damit zusammen, dass die inzwischen hochbetagten Menschen durch die NS-Mordmaschinerie viele Verwandte verloren haben. Viele von ihnen hätten wegen fehlender Sprachkenntnisse nur einfache Arbeiten verrichtet, erklärte die Organisation The Blue Card, die den Betroffenen hilft. Kleine Renten und eine dürftige Sozialversicherung reichten deshalb nicht aus.

Dass der neue Präsident etwas an der Notlage dieser Menschen verbessern will, ist nicht bekannt und wird auch nicht erwartet. Trump will schließlich Amerika auf andere Weise groß machen.

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