US-Präsident: Rede zur Lage der Nation:Jobs, Jobs, Jobs - Obama verspricht Arbeitsplätze

Lesezeit: 4 min

Kurskorrektur von Barack Obama: In seiner ersten Rede zur Lage der Nation verkündet der Präsident eine Joboffensive, dringt auf einen strikten Sparkurs - und räumt Fehler ein.

Abgekämpft sieht er aus, ernst und trotzdem optimistisch: Als Barack Obama vor den US-Kongress tritt, um das erste Mal seine Rede zur Lage der Nation zu halten, ist dem Präsidenten seine Anspannung anzumerken.

"Wir geben nicht auf. Ich gebe nicht auf" - Barack Obama während seiner Rede (Foto: Foto: Reuters)

Ein Jahr liegt nun der umjubelte Amtsantritt des ersten afroamerikanischen US-Präsidenten zurück; zwölf Monate, in denen der Präsident schnell die Grenzen seines Macht erkennen musste.

"Change", Wandel, hatte der Präsidentschaftskandidat Obama versprochen, erreicht hat er bislang wenig: Guantanamo, Afghanistan, die Gesundheitsreform - lauter Schlachten, die Obama nicht gewinnen konnte, die er sogar zu verlieren droht.

Offen für die Sorgen des "kleinen Mannes"

Nun, da die Zustimmungswerte zu Obama unter 50 Prozent gesunken sind, warteten die ernüchterten, progressiven Obama-Unterstützer sehnlich auf eine Wende: Sie hoffen, dass der Präsident, den Glauben an den von ihm versprochenen Wandel wiederbelebt.

Obama weiß dies, als er ans Rednerpult des Kongresses tritt - und er tut sein Bestes.

Kämpferisch ist die Rede vor den beiden Parlamentskammern, und sie markiert tatsächlich eine Kurskorrektur:

Jobs, Jobs, Jobs, lautet seine Devise: Obama macht den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zum Schwerpunkt seines nächsten Amtsjahres. Mit einer Joboffensive und Schritten zum Abbau des gigantischen Schuldenbergs will sich Obama gegen den wachsenden Wählerunmut im Land stemmen.

Der Präsident bescheinigt sich und seiner Regierung, die Wirtschaft mit teils unpopulären Maßnahmen aus der Rezession gebracht zu haben. Ein Jahr nach seiner Amtsübernahme sei der Höhepunkt des Sturms überstanden, sagt Obama. "Aber die Verwüstung bleibt", fügt er unter anderem mit Blick auf die Arbeitslosenquote von zehn Prozent hin.

Obama appelliert an den Kongress, möglichst rasch ein von ihm vorgeschlagenes Arbeitsbeschaffungsprogramm zu verabschieden. "Ich möchte ein Jobgesetz ohne Verzögerung auf meinem Schreibtisch haben."

Obama spricht zudem von Steuererleichterungen für mehr als eine Million kleinerer Firmen zur Förderung von Neueinstellungen oder Lohnerhöhungen.

Zur Reduzierung des gigantischen Haushaltsdefizits schlägt er vor, in den drei noch verbleibenden Jahren seiner Amtszeit einen Teil des Etats einzufrieren. Bereits im Haushaltsjahr 2010 solle es Einsparungen in Höhe von 20 Milliarden Dollar geben. Der Haushalt werde Zeile für Zeile auf mögliche Streichungen hin durchforstet.

Notfalls werde er die Haushaltsdisziplin mit einem Veto durchsetzen, droht Obama. Er will außerdem eine Kommission einsetzen, die Wege zu einem Schuldenabbau suchen soll.

Obama präsentiert sich während seiner Rede als ein Präsident, der die Sorgen "des kleinen Mannes" versteht. Wiederholt ruft er Demokraten und Republikaner zur Zusammenarbeit auf und spricht von einem Defizit an Vertrauen in der Bevölkerung, "tiefen und ätzenden Zweifeln daran, wie Washington arbeitet".

Das Weiße Haus und der Kongress hätten eine Verpflichtung, ihre Differenzen zu überwinden und außerdem den übermäßigen Einfluss von Lobbyisten auf die Politik zu beenden.

"Wir alle haben das Bankenprogramm gehasst"

Obama will wieder als der wahrgenommen werden, als der er bei Amtsantritt galt: Als Versöhner der Lager, als Präsident aller, nicht als der Staatschef, der polarisiert.

Der Druck auf Obama ist immens: Seine Demokraten haben seit November drei wichtige staatliche Wahlen verloren. Die Niederlagen spiegelten eine verbreitete Unzufriedenheit in der Bevölkerung über die nur langsame Wirtschaftserholung, die hohe Arbeitslosigkeit und die Rekordverschuldung von 1,4 Billionen Dollar im vergangenen Jahr wider.

So wurde Obama angelastet, sich zu sehr auf die Gesundheitsreform konzentriert und sich zu wenig um die wirtschaftlichen Nöte der Menschen gekümmert zu haben. Im kommenden November stehen bereits die nächsten Kongresswahlen an - die Demokraten fürchten herbe Verluste fürchten.

Deshalb müht sich Obama alle zu umarmen - und gleichzeitig seinen Willen zum Wandel zu bekräftigen.

Ändern soll sich die Finanzwelt, das wiederholt Obama auch bei seiner State of the Union Address. Er setze sich für eine "ernsthafte" Finanzreform ein, verkündet der Präsident. Beschwichtigend schiebt er nach, dass er nicht daran interessiert sei, die Banken zu bestrafen. Sondern: "Ich bin daran interessiert, unsere Wirtschaft zu schützen."

Das könne nur geschehen, wenn es einen Schutz gegen dasselbe leichtsinnige Verhalten gebe, das beinahe die gesamte Wirtschaft zum Zusammenbruch gebracht habe.

Zugleich verteidigt Obama das Rettungsprogramm für die Banken. Das hätten Demokraten und Republikaner gemeinsam umgesetzt: "Wir alle haben das Bankenprogramm gehasst", sagt der Präsident. "Es war ungefähr so populär wie eine Zahnwurzelbehandlung." Aber er sei er mit dem Versprechen angetreten, nicht nur das zu tun, was populär, sondern was notwendig sei.

"Deutschland wartet nicht"

Obama streift auch andere Themen, er wirbt beispielsweise für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Amerika müsse in diesem Bereich innovativ sein, um nicht den Anschluss an andere Länder zu verlieren. "In der Zwischenzeit wartet China nicht mehr darauf, sich die Wirtschaft zu erobern. Deutschland wartet nicht. Indien wartet nicht", warnt Obama. Die USA sollten mehr Jobs durch saubere Energien schaffen.

Unbeirrt zeigte sich Obama bei dem Thema, das sein innenpolitisches Fiasko bedeuten könnte: bei seinen Plänen für eine umfassende Gesundheitsreform. Die hatte der Wahlkämpfer Obama versprochen, nun pocht der Präsident weiterhin auf ihre Umsetzung.

"Kehrt der Reform nicht den Rücken!", mahnt er die Vertreter beider Parteien. "Lasst uns gemeinsam einen Weg finden und diesen Job für das amerikanische Volk abschließen." Auch in diesem Jahr würden Millionen US-Bürger ihren Versicherungsschutz verlieren. "Ich werde diese Amerikaner nicht im Stich lassen, niemand in dieser Kammer sollte dies tun".

Der Präsident wiederholt ein weiteres Wahlversprechen: Ja, er wolle die Rechte der Homosexuellen stärken. Obama erklärt, er werde den Kongress bitten, ein Gesetz abzuschaffen, nach dem Schwule und Lesben aus der Armee entlassen werden können, wenn sie ihre sexuellen Neigungen offenbaren. Das "Don't ask - don't tell"-Gesetz war 1993 unter Präsident Bill Clinton ins Leben gerufen worden, um Homosexuellen überhaupt den Weg in die Armee zu ebnen.

Nur relativ kurz geht Obama auf außenpolitische Fragen ein. So spricht er von einer wachsenden Isolation Nordkoreas und Irans wegen deren nuklearer Ambitionen und richtete eine Warnung an an Teheran. "Wenn die iranischen Führer weiter ihre Verpflichtungen ignorieren, dann sollte es keinen Zweifel daran geben: Auch auf sie (wie Nordkorea) werden stärkere Konsequenzen hinzukommen."

Zum Thema Terrorismus kündigt der Präsident die Schließung von Sicherheitslücken an, die durch den Anschlagsversuch auf eine US-Passagiermaschine zu Weihachten sichtbar geworden seien.

Obamas Rede hat auch seine selbstkritischen Momente. Offen räumt der Präsident die Verunsicherung in der Bevölkerung und Rückschläge seiner Regierung im ersten Amtsjahr ein. Aber er sei bereit zu kämpfen: "Wir geben nicht auf. Ich gebe nicht auf", ruft Barack Obama. "Lassen Sie uns von Neuem anfangen."

© sueddeutsche.de/AP/AFP/dpa/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: