US-Präsident:Obama bietet Muslimen "neue Partnerschaft" an

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Diplomatische Offensive: In seinem ersten Interview nach der Amtsübernahme hat sich US-Präsident Obama an die muslimische Welt gewandt und für eine "neue Partnerschaft in gegenseitigem Respekt" geworben. Außerdem kündigte er direkte Gespräche mit Iran an - und fordert Israel und die Palästinenser zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf.

US-Präsident Barack Obama hat den Muslimen in der Welt versichert, dass sein Land ihnen nicht feindlich gegenüberstehe. "Die Amerikaner sind nicht eure Feinde", sagte Obama im Fernsehsender al-Arabija. Er selbst habe mehrere Jahre in Indonesien gelebt und sei viel durch muslimische Länder gereist. Diese Reisen hätten ihn davon überzeugt, dass die Menschen - unabhängig vom Glauben - gemeinsame Träume und Hoffnungen hätten, betonte Obama.

US-Präsident Obama setzt auf versöhnliche Töne (Foto: Foto: AFP)

Im ersten Interview nach seiner Amtsübernahme stellte Obama eine "neue Partnerschaft in gegenseitigem Respekt" in Aussicht. Der neue Präsident hatte während des Wahlkampfes versprochen, die Beziehungen der USA zur muslimischen Welt zu verbessern.

Zum Nahostkonflikt betonte Obama, dass seine Regierung entschlossen auf einen dauerhaften Frieden sowohl zwischen Israel und den Palästinensern als auch zwischen Israel und dessen anderen Nachbarn hinarbeiten wolle. Beide Seiten befänden sich zurzeit auf einem Weg, der ihnen weder Wohlstand noch Sicherheit bringe, sagte Obama. "Stattdessen ist es Zeit, an den Verhandlungstisch zurückzukehren." Er zeigte sich optimistisch, dass dieses Ziel erreicht werde, aber es werde Zeit brauchen und ein neues Denken hinsichtlich der Probleme des Nahen Ostens "als ein Ganzes" erfordern.

Obama bekräftigte zugleich die amerikanische Unterstützung für Israel, nannte das Land einen "engen Freund" der USA und erklärte, er halte an der Überzeugung fest, dass Israels Sicherheit von höchster Wichtigkeit sei. Zugleich betonte er aber der Washington Post zufolge, "wenn Amerika bereit ist, eine neue Partnerschaft (mit der muslimischen Welt) zu initiieren, auf der Basis von gegenseitigem Respekt und gegenseitigem Interesse, dann, glaube ich, können wir bedeutenden Fortschritt erzielen".

Direkte Gespräche mit Iran angekündigt

Wie in seiner Antrittsrede sagte Obama weiter, dass er die Hand allen Muslimen reichen wolle, die bereit seien, ihre geballten Fäuste zu öffnen, dass er aber Terroristen verfolgen werde, die Zerstörung suchten. Seine Aufgabe sei es zu kommunizieren, dass die USA ein Interesse am Wohlergehen der muslimischen Welt hätten, sagte Obama.

"Wir machen manchmal Fehler. Wir sind nicht perfekt gewesen." Aber wenn man auf die Vergangenheit zurückblicke, auf den gegenseitigen Respekt und die Partnerschaft, die Amerika noch vor 30 oder 40 Jahren mit der muslimischen Welt gehabt habe, "gibt es keinen Grund, warum wir das nicht wiederherstellen können".

Nach massiven Kursänderungen im Antiterrorkampf und im Umweltbereich löst sich der neue US-Präsident Barack Obama nun offenbar auch von der bisherigen Iran-Politik seines Vorgängers George W. Bush. Die neue amerikanische UN-Botschafterin Susan Rice kündigte am Montag direkte Gespräche der USA mit Iran über dessen umstrittenes Atomprogramm an. Bush hatte dies abgelehnt.

"Wir wollen uns in einer lebhaften Diplomatie engagieren, die sowohl eine direkte Diplomatie mit Iran einschließt wie auch die Fortsetzung unserer Zusammenarbeit und Partnerschaft mit den P 5+1", sagte Rice vor Journalisten in New York. Bisher hatten die "P 5+1", also die fünf Vetomächte des Sicherheitsrats sowie Deutschland, die Federführung bei den Gesprächen mit Iran.

Diplomatie mit einer "sehr klaren Botschaft"

Rice sagte weiter, die fortgesetzte Weigerung Teherans, den Forderungen der internationalen Gemeinschaft nach Einstellung seiner atomaren Anreicherungsaktivitäten nachzukommen, werde den Druck auf Iran nur vergrößern. Dialog und Diplomatie müssten Hand in Hand gehen mit einer "sehr klaren Botschaft" an Teheran, dass die USA und die internationale Gemeinschaft eine Einhaltung der Verpflichtungen erwarteten.

Vor allem die westlichen Länder fürchten, dass Iran unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogramms an der Entwicklung von Atomwaffen arbeitet. Obama hatte bereits im Wahlkampf einen neuen Ansatz in der Iran-Politik angekündigt und erklärt, dass er als Präsident auch zu direkten Gesprächen mit Teheran ohne Vorbedingungen bereit wäre. Dies hatte bei seiner damaligen Rivalin und jetzigen Außenministerin Hillary Clinton heftige Kritik ausgelöst.

Obama fügte später hinzu, dass direkte Gespräche natürlich sorgfältig vorbereitet werden müssten. Der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs, erklärte, dass Susan Rice mit ihren Äußerungen über eine "direkte Diplomatie" lediglich Obamas bereits bekannten Standpunkt wiedergegeben habe. Demnach werde die neue Regierung "alle Elemente unserer nationalen Macht" nutzen, um der Besorgnis über das iranische Atomprogramm Rechnung zu tragen, sagte Gibbs in Washington.

"Allzu oft diktieren die USA von Beginn an"

Der neue US-Sondergesandte für den Nahen Osten, George Mitchell, beginnt indes seinen Antrittsbesuch in der Krisenregion. Erste Station wird Ägypten sein, daran schließen sich Besuche in Israel, Jordanien, der Türkei und Saudi-Arabien an. Vor seiner Heimreise nach Washington wird Mitchell Zwischenstopps in Paris und London einlegen. Die Reise wird nach offiziellen Angaben mindestens acht Tage dauern.

In seinem Interview mit al-Arabija sagte Obama, er halte es für wichtig, sich "gleich von Anfang an" im Nahen Osten zu engagieren. Er habe Mitchell beauftragt, zu Beginn erst einmal zuzuhören, "denn allzu oft diktieren die USA von Beginn an". Der frühere demokratische Senator Mitchell vermittelte bereits im Auftrag des früheren US-Präsidenten Bill Clinton im Nordirland-Konflikt und leitete Anfang dieses Jahrzehnts eine internationale Kommission zur Analyse der Gewalt im Nahen Osten. In deren im Frühjahr 2001 vorgelegten Bericht wurde ein Stopp der jüdischen Siedlungen im Westjordanland und ein entschlossenes Vorgehen der Palästinenser gegen Terrorismus gefordert.

© AP/dpa/AFP/Reuters/ihe/gdo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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