US-Präsident im TV-Interview:Flirt mit der Folter

Lesezeit: 3 min

  • Im Interview mit dem Sender ABC spricht sich der neue US-Präsident für Folter aus.
  • An bereits widerlegten Behauptungen zu angeblichen Wahlmanipulationen hält Trump fest.

Von Johannes Kuhn, New Orleans

Die vergangenen Tage haben die Frage eigentlich beantwortet, ABC-Moderator David Muir stellt sie trotzdem noch einmal: Hat das Amt Donald Trump verändert? Der 70-jährige Neu-Präsident läuft neben Muir durch die Gänge des Weißen Hauses, breitet die Hände aus, lächelt und sagt: "Ich will mich nicht zu sehr verändern." Er könne "die präsidialste Person überhaupt" sein, abgesehen von Abraham Lincoln natürlich. "Aber dann würde ich den Job nicht so hinkriegen."

Politisch desinteressiert, so rechthaberisch wie dünnhäutig

Das erste TV-Interview seit der Vereidigung zeigt den 45. US-Präsidenten, wie ihn seine Anhänger lieben: Auf eine Trump'sche Art nahbar, mit Anpack-Rhetorik und einfachen Losungen und Lösungen. Und es zeigt Donald Trump, wie ihn seine Gegner fürchten: politisch desinteressiert, so rechthaberisch wie dünnhäutig, die Wahrheit leugnend.

Und liebäugelnd mit gefährlichen politischen Ideen: Als Muir den US-Präsidenten fragt, ob er glaube, dass Foltermethoden wie Waterboarding (das simulierte Ertränken) funktionieren, sagt Trump: "Absolut." Man müsse Feuer mit Feuer bekämpfen. "Wenn sie die Köpfe unserer Bürger und anderer Menschen abhacken, wenn der IS Dinge tut, von denen niemand seit dem Mittelalter gehört hat, bin ich sehr für Waterboarding." Die Entscheidung würden aber letztlich Verteidigungsminister und CIA-Chef treffen.

Auch das ist Trump: seine Meinung in den Raum stellen, aber die Entscheidung letztlich der zweiten Führungsebene überlassen. Die New York Times hatte berichtet, dass die US-Regierung an einem Dekret arbeiten soll, das der CIA erlaubt, Geheimgefängnisse in Übersee wiederzueröffnen. Trump hat für den Mittwoch Neuigkeiten dazu angekündigt, die dann aber nicht verkündet werden.

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"Ich lasse mir das nicht niedermachen"

Politisch bleibt es in diesem Interview darüber hinaus nur oberflächlich - der 70-Jährige verspricht eine bessere Gesundheitsversorgung, und "natürlich" werde Mexiko die Grenzmauer bezahlen. Chicagos Bürgermeister, der ihn kritisiert hatte, solle sich mal lieber um die vielen Morde in seiner Stadt kümmern. "In Afghanistan passiert nicht so viel wie in Chicago." Dass Trump mit den Bundesermittlern gedroht hatte, will er nun als Hilfsangebot verstanden haben.

Trump bleibt bei seinen Aussagen über Wahlmanipulationen, die seiner Gegnerin Hillary Clinton drei Millionen mehr Stimmen beschert hätten. Tote, Illegale, in mehreren Bundesstaaten registrierte Bürger (darunter übrigens Medienberichten zufolge seine Tochter Tiffany und sein Berater Stephen Bannon) hätten abgestimmt. Natürlich alle für seine Gegnerin. "Meiner Meinung nach sind das Millionen, aber ich werde eine Untersuchung einleiten."

Was er präsentiert habe, sei überall widerlegt worden, erklärt ihm Muir. "Sehen Sie sich den PEW-Report an", entgegnet Trump, auf einen von ihm falsch interpretierten Bericht aus dem Jahr 2012 anspielend. "Ich habe mit dem Autor des Berichts gestern Abend telefoniert. Er hat mir gesagt, dass sie keinerlei Beweise für Wahlbetrug gefunden haben", entgegnet Muir. Trump: "Entschuldigung, aber warum hat er dann den Bericht geschrieben? Er knickt ein. Wissen Sie, ich rede immer über die Reporter, die einknicken wenn sie etwas schreiben, das sie selber hören möchten, aber nicht immer die Millionen von Menschen."

Ähnlich verläuft die Diskussion über die Zuschauerzahl während seiner Amtseinführung. "Ich habe über dieses Meer von Menschen geblickt und 'Wow' gesagt", erklärt Trump, "ich lasse mir das nicht niedermachen." Seinen Zahlen zufolge sei es die größte Zuschauerzahl aller Zeiten gewesen.

Später, als es um die Proteste Hunderttausender US-Bürger vom Samstag und deren Botschaft geht, sagt er: "Es war eine große Menge, aber wir hatten am Freitag auch eine große Menge." Seine umstrittene Medienschelte vor CIA-Mitarbeitern würde er wiederholen. "Sie haben gesagt, es waren die größten Standing Ovations, seitdem Peyton Manning [ein bekannter Football-Quarterback; Anm. d. Red.] den Super Bowl gewonnen hat, und sie haben gesagt, dass es ungefähr gleich war."

Lob für die Obamas

Nach weniger als einer Woche wirkt Trump bereits der Realität erstaunlich entrückt - zumindest gemessen am Einstand seiner Vorgänger. Immerhin fühlt er sich dabei wohl, schwärmt von der Geschichte des Weißen Hauses, der Auswahl von Teppichen und Möbelstücken und spricht vom "ernüchternden Moment", als er die Codes für die Atomwaffen erhalten habe.

Die freundlichsten Worte findet er für das Ehepaar Obama. "Lang, komplex, nachdenklich" sei der Brief seines Vorgängers gewesen. "Wir haben uns wirklich gut verstanden", schwärmt er von dem Mann, dem er jahrelang vorwarf, nicht in den USA geboren zu sein und das Land zugrunde zu richten, und zeigt stolz ein Bild der beiden Ehepaare Trump und Obama vor der Amtseinführung.

Frieden gibt es immer erst hinterher - und was das für die kommenden vier Jahre bedeutet, lässt die Trump-kritischen Teile des Landes bereits nach weniger als einer Woche erschaudern.

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