US-Militärschlag gegen Syrien:Obamas mühsamer Kampf um Zustimmung

Protestors Rally Against Possible Syria Strike

Demonstranten am Samstag in Los Angeles: Obamas Pläne, Syrien zu bombardieren, stoßen bei vielen US-Bürgern auf Ablehnung.

(Foto: AFP)

Mit einer breiten PR-Strategie will sich Obama im eigenen Land den Rückhalt für seine Syrien-Pläne sichern. Zahlreiche Kongressmitglieder sehen den Militärschlag skeptisch, in der Bevölkerung herrscht ebenfalls Ablehnung. Auf internationaler Ebene sucht Außenminister Kerry weiter Verbündete. Syriens Machthaber Assad dementiert in einem Interview, den Befehl zum Giftgasangriff gegeben zu haben.

Kurz vor dem Beginn der Beratungen im US-Kongress über einen Militärschlag gegen Syrien gerät US-Präsident Barack Obama zunehmend unter Druck. Zahlreiche Senatoren und Abgeordnete zeigten sich nach der Rückkehr aus der Sommerpause unsicher, ob sie einem Militärschlag zustimmen sollen. In einem Interview mit dem amerikanischen Sender CBS dementierte Syriens Machthaber Assad, den Gebrauch von Chemiewaffen veranlasst zu haben.

Das Wochenende markierte für Obama den Auftakt zu einer breit angelegten Öffentlichkeitskampagne der Regierung, die am Dienstag in einer Ansprache des Präsidenten an die kriegsmüde Bevölkerung gipfeln soll. Nach Angaben des Fernsehsenders CNN zeigte die US-Regierung Mitgliedern des Geheimdienstausschusses des Senats Videos von Giftgasopfern, deren Authentizität allerdings noch nicht geklärt sei. In seiner wöchentlichen Rundfunk- und Internet-Ansprache erklärte Obama, ein Einsatz in Syrien würde zeitlich und vom Umfang her begrenzt sein, und keinesfalls zu einem neuen Irak oder Afghanistan ausarten.

Er gab damit eine Vorgeschmack auf das, was er wohl auch am Dienstag zur besten Sendezeit in einer landesweit übertragenen Rede den Amerikanern sagen dürfte. Davor soll es am Montag noch Interviews mit den drei großen TV-Anstalten des Landes sowie den Sendern CNN, Fox News und PBS geben. Außerdem sind Einzelgespräche und Informationsveranstaltungen für Senatoren und Abgeordnete geplant.

Bislang sind Obamas Aussichten schlecht, von den Abgeordneten und Senatoren die erhoffte Rückendeckung für den Einsatz als Reaktion auf den Einsatz von Giftgas in Syrien zu bekommen. Der Senat in Washington könnte noch in der laufenden Woche über eine Resolution abstimmen, wann genau das Repräsentantenhaus sich damit befasst, ist nicht klar.

Obamas Regierung hat wiederholt erklärt, dass aus ihrer Sicht der mutmaßliche Chemiewaffenangriff am 21. August östlich von Damaskus auf das Konto von Syriens Präsident Baschar al-Assad geht. Nach ihren Angaben wurden dabei mehr als 1400 Menschen getötet, darunter Hunderte Kinder. Sie beruft sich unter anderem auf Geheimdienstinformationen und Augenzeugenberichte. Zumindest öffentlich hat sie bislang jedoch keine Beweise oder wissenschaftliche Erkenntnisse präsentiert, die belegen, dass wie von ihr angegeben tatsächlich Sarin eingesetzt wurde und dass eine direkte Verbindung zwischen dem Angriff und Assad oder seinem engeren Machtzirkel besteht.

In die Diskussion platzte ein Bericht der Bild am Sonntag unter Berufung auf deutsche Sicherheitskreise, wonach syrische Divisions- und Brigadekommandeure seit rund vier Monaten wiederholt den Einsatz von Chemiewaffen gefordert haben sollen. Allerdings sei dies stets von der Führung abgelehnt und der Einsatz am 21. August wahrscheinlich nicht von Assad persönlich genehmigt worden. Dies hätten Funkgespräche ergeben, die vom Flottendienstboot Oker abgefangen worden seien, das vor Syriens Küste kreuze. Der Bundesnachrichtendienst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Der Bericht zeigt, wie unklar nach wie vor die genauen Umstände um den Chemiewaffeneinsatz sind.

Auch international finden sich viele Kritiker

Auch in den USA überwiegt die Skepsis. Hier sind die Erinnerungen an den langwierigen Irak-Krieg noch frisch, bei dem sich herausstellte, dass die Beweise, die von der Regierung als Grundlage für den Einmarsch vorgelegt wurden, falsch waren. In einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters und des Meinungsforschungsinstituts Ipsos gaben denn auch jüngst 56 Prozent der befragten Amerikaner an, gegen einen US-Militäreinsatz in Syrien zu sein. Lediglich 19 Prozent sprachen sich dafür aus. Viele Kongressmitglieder gaben an, dass sie in ihren Wahlkreisen hauptsächlich kritische Stimmen gehört hätten.

International wächst die Kritik an den US-Plänen - zuletzt durch Iran. Ein möglicher Militärschlag gegen Syrien sei nach Vorgaben der UN-Charta illegal, sagte der iranische Außenminister Mohammad Javed Zarif in Bagdad.

"Vor 65 Jahren wandten sich zivilisierte Länder illegalerweise gegen die Charta der Vereinten Nationen", sagte Zarif in einer Pressekonferenz mit seinem irakischen Kollegen Hoshyar Zebari. Alle Möglichkeiten seien schon lange vom Tisch, so Zarif weiter. Vor zwei Tagen hatte Irans Ajatollah Chamenei die USA bereits vor einem Schlag gegen Syrien gewarnt.

Bislang gelang es dem US-Präsidenten und seinem Außenminister John Kerry nicht, uneingeschränkte Unterstützung für die Syrien-Pläne zu erhalten. Im litauischen Vilnius verabschiedeten die 28 EU-Außenminister am Samstag eine gemeinsame Erklärung, in der sie zwar einerseits die syrische Führung für den Einsatz von Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung verantwortlich machten.

Andererseits stellen sich die Europäer aber hinter die Forderung des französischen Präsidenten François Hollande, zunächst den Bericht der UN-Inspektoren über den Chemiewaffen-Einsatz abzuwarten (er könnte Hollande zufolge Ende nächster Woche erscheinen) und diesen anschließend vor den Vereinten Nationen zu diskutieren. Kerry wollte diese Möglichkeit nicht ausschließen.

Nach Informationen der BBC traf Kerry in Paris Vertreter der Arabischen Liga, um sie von dem US-Kurs zu überzeugen - sie einigten sich allerdings lediglich darauf, Syrien habe eine "globale rote Linie" überschritten. Kerry zufolge wäre eine internationale Militäraktion gegen Syrien wegen des mutmaßlichen Giftgaseinsatzes auch ein Zeichen für den Iran und die Hisbollah. Wie der syrische Präsident Assad würden beide sonst glauben, dass nichts passiere, wenn international geächtete Waffen genutzt würden. "Das hier ist nicht Fantasieland, Assad hat chemische Waffen eingesetzt", sagte Kerry nach dem Treffen.

Zuvor hatte der US-Außenminister in Paris seinen französischen Außenminister Laurent Fabius getroffen. Kerry erklärte, die Zahl der Unterstützer liege im "zweistelligen Bereich". Fabius ergänzte, dass es "breite und zunehmende Unterstützung" gebe. Die Welt könne nach den Giftgas-Attacken gegen Zivilisten nicht "stilller Beobachter des Gemetzels" in Syrien bleiben, betonte Kerry.

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