US-Militär:USA wollen Truppen in Afghanistan offenbar aufstocken

Jim Mattis, Joseph Dunford, David Norquist

US-Verteidigungsminister James Mattis (Mi.) und der Vorsitzende des Vereinigten Generalstabs der Streitkräfte der Vereinigten Staaten, General Joseph Dunford (li.), vor dem Senate Armed Services Committee.

(Foto: AP)

Donald Trump hat sich vor seiner Wahl dagegen ausgesprochen, zusätzliche US-Soldaten ins Ausland zu schicken. Nun wird erwartet, dass Verteidigungsminister Mattis das Gegenteil veranlasst.

Die USA werden die Zahl der Soldaten in Afghanistan offenbar erhöhen - obwohl sich US-Präsident Donald Trump vor seiner Wahl gegen die Verlegung zusätzlicher Truppen ins Ausland ausgesprochen hatte.

Wie US-Medien berichten, will das Pentagon die Entsendung von 3000 bis 5000 zusätzlichen US- und Nato-Soldaten beantragen. Bereits im Februar hatte der Nato-Oberkommandierende in Afghanistan, US-General John Nicholson, "einige Tausend Soldaten" mehr gefordert.

Die neuen Pläne hängen offenbar damit zusammen, dass Trump die Entscheidung über die künftige Truppenstärke in Afghanistan dem Pentagon überlassen will. Verteidigungsminister James Mattis könne die Zahl der Soldaten ab sofort eigenständig festlegen, sagte ein Regierungsvertreter in Washington. Eine solche Befugnis hatte Trump dem Pentagon bereits für die Einsätze gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak erteilt.

Unter Trumps Vorgänger Barack Obama war die Truppenstärke in Afghanistan, Irak und auch bereits in Syrien in enger Abstimmung mit dem Weißen Haus festgelegt worden. Über den sich daraus ergebenden geringen Spielraum hatte sich die Militärführung beklagt.

Die Zahl der US-Soldaten in Afghanistan beläuft sich gegenwärtig auf 9800, 2017 sollte sie den Plänen von Barack Obama auf 8400 verringert werden. Dazu kommen etwa 5000 Soldaten aus anderen Nato-Staaten.

Offiziell hatten die Nato-Staaten ihren Kampfeinsatz am Hindukusch Ende 2014 beendet. Seitdem beschränkt sich die Aufgabe der verbleibenden Nato-Truppen auf Ausbildung, Beratung und Unterstützung von Anti-Terror-Einsätzen. Die Sicherheitslage in Afghanistan ist aber weiterhin äußerst instabil. Mehr als ein Drittel des Landes wird nicht von den Sicherheitskräften der Regierung kontrolliert.

US-Militär: Soldaten der US-Armee und der afghanischen Streitkräfte an einem Kontrollposten in der Provinz Nangarhar.

Soldaten der US-Armee und der afghanischen Streitkräfte an einem Kontrollposten in der Provinz Nangarhar.

(Foto: AFP)

Mattis erklärte bei einer Anhörung im Kongress, die Regierung wolle bis Mitte Juli eine neue Strategie für Afghanistan entwickeln. Zuvor hatte der republikanische Senator John McCain kritisiert, dass es noch immer keine Strategie gebe, um den bereits seit 15 Jahren währenden Konflikt zu beenden.

Bei der Anhörung hatte Mattis vor einem Vorrücken der radikalislamischen Taliban gewarnt. Derzeit könnten die ausländischen Truppen den Krieg gegen die Taliban "nicht gewinnen". Die Aufständischen hätten 2016 "ein gutes Jahr" gehabt, sagte Mattis. "Und sie versuchen, dieses Jahr wieder ein gutes Jahr zu haben", fügte der Pentagon-Chef hinzu.

Krieg in Afghanistan nimmt an Schärfe zu

In der afghanischen Hauptstadt Kabul ist unterdessen der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, eingetroffen. Die Stadt hat jüngst die blutigste Woche seit dem Bürgerkrieg in den 1990er Jahren erlebt. Bei zwei großen Anschlägen sowie Demonstrationen für mehr Sicherheit im Land waren etwa 180 Menschen getötet und mehr als 600 verletzt worden. Landesweit verschärft sich der Krieg mit den radikalislamischen Taliban.

Wegen der größer werdenden Gewalt seit Anfang 2016 sind mehr als 785 000 Afghanen zu Binnenflüchtlingen geworden. Außerdem kehren seit dem vergangenen Jahr Hunderttausende afghanische Flüchtlinge zwangsweise aus dem Nachbarland Pakistan in ihr kriegszerrissenes Heimatland zurück. Nur wenige bekommen Hilfe. Geschätzt 250 000 Afghanen hatten außerdem allein 2016 das Land Richtung Europa verlassen. Viele europäische Staaten schicken weiter abgelehnte Asylbewerber zurück. Deutschland hat die Abschiebungen nach der blutigen Woche in Kabul Anfang Juni ausgesetzt.

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