US-Gouverneurswahlen:Hoffnung für die Demokraten, Schlappe für Trump

  • In Virginia gewinnt der Demokrat Ralph Northam (knapp 54 Prozent) die Wahl zum Gouverneur.
  • In New Jersey siegt Phil Murphy (knapp 56 Prozent), der ehemalige US-Botschafter in Deutschland.
  • Und New York City wählt wieder Bill de Blasio zum Bürgermeister (mehr als 65 Prozent).

Analyse von Beate Wild, Austin

Die Demokraten feiern zwei Siege bei den Gouverneurswahlen in Virginia und New Jersey. Es ist ein wichtiger Erfolg für die Partei, die in den Resultaten ein Signal sieht, dass Mäßigung und Höflichkeit über Angstmacherei und Ausländerfeindlichkeit siegen können.

In Virginia gewann der Demokrat Ralph Northam (knapp 54 Prozent) die Wahl zum Gouverneur gegen den Republikaner Ed Gillespie (etwa 45 Prozent). Er wird Nachfolger von Terry McAuliffe, der ebenfalls ein Demokrat war.

In New Jersey siegte Phil Murphy (knapp 56 Prozent), der ehemalige US-Botschafter in Deutschland, über die republikanische Kandidatin Kim Guadagno (mehr als 42 Prozent). Er löst damit den scheidenden Republikaner Chris Christie ab, der bereits seit Jahren sehr unbeliebt ist. Die Demokraten konnten somit einen Bundesstaat (New Jersey) hinzugewinnen - und einen anderen (Virginia) behalten.

Die beiden Kandidaten in Virginia hatten sich einen überhitzten Wahlkampf geliefert. Der 56 Jahre alte Gillespie, eigentlich ein gemäßigter Konservativer, schlug einen aggressiven Ton an und brachte seinen Konkurrenten in einem Werbesport mit dem Titel "Töten, vergewaltigen, kontrollieren" in Verbindung mit der salvadorianisch-amerikanischen Verbrechergang MS-13. Die Botschaft: Northam sei zu schwach in der Verbrechensbekämpfung - vor allem in der Bekämpfung von Kriminalität durch Einwanderer.

Transgenderfrau besiegt "Chef-Homophoben"

Gillespie, einst Berater von George W. Bush, imitierte dabei Donald Trump, hielt ihn im Wahlkampf aber dennoch aus taktischen Gründen auf Abstand: Gerade in Virginias bürgerlichen Vororten Washingtons, wo viele Mitarbeiter des Washingtoner Politik- und Sicherheitsbetriebs leben, ist Trump äußerst unbeliebt.

Northam, ein 58-jähriger Arzt und Army-Veteran, konterte mit eigenen Angriffen: So brachte er Gillespie in Verbindung mit weißen Rassisten, nachdem sich dieser gegen die Entfernung von umstrittenen Konföderierten-Denkmälern ausgesprochen hatte. Und er stellte Gillespie als Trumpisten dar, um die gemäßigten Republikaner zu ködern.

New York: Bill de Blasio gewinnt zweite Amtszeit

Und noch einen weiteren Sieg, wenn auch keinen überraschenden, können die Demokraten für sich verbuchen: Bei den Bürgermeisterwahlen in New York City gewann Amtsinhaber Bill de Blasio von den Demokraten mit mehr als 66 Prozent. Der 56-Jährige hat nun vier weitere Jahre Gelegenheit, die Stadt nach seinen progressiven Vorstellungen zu formen.

Die republikanische Herausfordererin Nicole Malliotakis landete mit noch nicht einmal 30 Prozent der Stimmen abgeschlagen auf dem zweiten Platz, weit dahinter mehrere unabhängig angetretene Kandidaten.

De Blasio gilt als nicht besonders beliebt, wird von den New Yorkern aber akzeptiert. Er zählt zum linken Flügel der Demokraten und hat die Unterstützung vieler Geldgeber und Gewerkschaften. Zu seinen größten Erfolgen gehört ein kostenloses Kindergartenjahr. Die Zahl der Obdachlosen zu senken und mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, gelang ihm bislang jedoch nicht.

Trump twitterte noch am Wahltag, Northam "wird der Kriminalität erlauben, wild zu wuchern" und Gillespie werde in Sachen Verbrechensbekämpfung "das Ruder total herumreißen". Nach der Wahl kommentierte der US-Präsident, der derzeit in Südkorea weilt: "Ed Gillespie hat hart gearbeitet, aber nicht mich oder das, für was ich stehe, angenommen."

Einen wichtigen Erfolg erreichte Transgenderfrau Danica Roem. Sie trat in einer Vorortregion von Washington (Manassas Park City, Teile von Prince William County) für einen Abgeordnetensitz im Virginia House of Delegates an und bezwang den langjährigen Amtsinhaber Robert G. Marshall (Republikaner). Marshall, der sich selbst als "Chef-Homophoben" bezeichnet, hatte sich im Wahlkampf geweigert, Roem als Frau anzuerkennen. Die Lokaljournalistin hatte sich vor vier Jahren zur Geschlechtsanpassung entschlossen. Sie ist die erste offen lebende Transgender-Person, die je in einem Bundesstaat zur Abgeordneten gewählt wurde.

Der republikanischen Agenda überdrüssig

In New Jersey war der Sieg von Murphy erwartet worden. Die Wähler in New Jersey sind der republikanischen Agenda des bisherigen Amtsinhabers Christie seit Jahren überdrüssig, unter anderem wegen des sogenannten Brücken-Skandals (mehr dazu: hier). Murphy war einst Goldman-Sachs-Manager und war von Barack Obama zum Botschafter in Deutschland ernannt worden.

Die republikanische Kandidatin Kim Guardagno, Christies Vize-Gouverneurin, war im Wahlkampf ganz nach Trumps Vorbild ebenfalls nach rechts gerückt. Von Murphy behauptete sie, er würde "geistesgestörte Mörder" decken. Bill Clinton, der bei Kundgebungen für Murphy auftrat, sagte über Guardagno: "Sie versucht, den Menschen eine Höllenangst einzujagen."

Die beiden Gouverneurswahlen gelten als weiterer Gradmesser der aktuellen politischen Stimmung im Land, allerdings in zwei von Demokraten geprägten Ostküsten-Staaten. Einige Wahlbeobachter sprachen von einem "Referendum gegen Trump", eine kleine Übertreibung: Gouverneurswahlen sind vor allem Wahlen von Persönlichkeiten - oder im Falle von Chris Christie eine späte Retourkutsche gegen die Partei eines unbeliebten Landespolitikers.

Der Wahldienstag zeigt als Momentaufnahme, in welche Richtungen sich die Parteien entwickeln. Der Rechtsruck bei den Republikanern ist nicht zu übersehen, selbst moderate Politiker versuchen so, die konservativen Wähler zu mobilisieren. Dass Trump-spielen ohne Trump-sein in moderaten Staaten nach hinten losgehen kann, dürfte die Demokraten allerdings beruhigen. Bei den Demokraten hatten sich bereits in den Vorwahlen die beiden zentristischen Kandidaten gegen linkere Politiker durchgesetzt.

Bildung spaltet die USA

Am Beispiel Virginia zeigt sich auch wieder einmal die Spaltung des Landes: Umfragen zufolge haben 72 Prozent Weiße ohne Universitätsabschluss den Republikaner Gillespie gewählt und nur 26 Prozent den Demokraten Northam.

Unter den weißen Uni-Absolventen stimmten nur 48 Prozent für Gillespie, überraschende 51 Prozent für Northam - bei den vergangenen Wahlen hatten demokratische Kandidaten nie mehr als 45 Prozent in dieser Gruppe erreicht, nicht einmal Barack Obama. Auch bei Afroamerikanern und Latinos waren die Demokraten wesentlich erfolgreicher: 86 Prozent der schwarzen Wähler stimmten für Northam und 66 Prozent der Hispanics.

Die Demokraten können also weiterhin auf die "Obama-Koalition" aus Akademikern und Minderheiten setzen, um die stadtnahen Gebiete zu gewinnen. Die Republikaner dagegen haben ihre Basis in den weißen, ländlichen Gebieten und unter den Nichtakademikern.

Die Demokraten hoffen nun, diese Erfolge bei den Mid-Terms 2018 wiederholen und zahlreiche Abgeordnetensitze im Kongress zurückgewinnen zu können. Sie interpretieren den Ausgang in Virginia auch so, dass den Wählern das Northam-Thema "Krankenversicherung" wichtiger war als "Kriminalität" und "Einwanderung", mit denen Gillespie Wahlkampf gemacht hatte. Allerdings führt die Partei intern weiterhin einen Richtungsstreit. Doch die Serie von Misserfolgen, die sich seit dem Wahltag 2016 auch dieses Jahr in einigen Niederlagen bei Kongress-Nachwahlen in konservativen Staaten fortsetzte, ist erst einmal vorbei.

Die Republikaner müssen erkennen, dass die Demokraten konkurrenzfähig sind. Die Konservativen sind seit Beginn der Trump-Ära ein ganzes Stück nach rechts gerückt. Doch wie stark der Trump-Effekt wirkt und ob der Anti-Trump-Effekt der Partei in moderaten Staaten schadet, gehört zu den spannendsten Fragen der kommenden zwölf Monate. Einen Weg zurück in gemäßigtere Gefilde scheint es für die Republikaner vorerst nicht zu geben.

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