Panama Papers:Die Suche nach den Amerikanern im Heuhaufen

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Die USA haben eigene Steueroasen (Foto: Peter Hoffmann)

In den Panama Papers sind kaum US-Bürger zu finden. Allerdings wird in den Vereinigten Staaten Reichtum weniger versteckt.

Von Nicolas Richter

Wie überall erregen die Panama Papers auch in den USA Aufsehen, aber das Publikum wirkt zuweilen ein bisschen enttäuscht: Noch fehlen Hinweise auf Berühmtheiten aus Amerika, auf Sportler, Schauspieler oder gar Präsidentschaftskandidaten. Während in Island der Premier stürzte, fand sich in den USA nicht einmal die Briefkastenfirma eines Football-Stars. "Das Bemerkenswerte an den Panama Papers ist das, was fehlt", befand der Sender NBC News: "Amerikaner".

Wer zu Verschwörungstheorien neigt, vermutet bereits, der US-Geheimdienst CIA habe die Panama-Papiere lanciert, um Gegnern wie Wladimir Putin und Baschar al-Assad eins auszuwischen, während die USA natürlich unbescholten bleiben. Das aber widerspricht nicht nur jeder Erfahrung, es gibt auch viel plausiblere Erklärungen - und die lassen die USA durchaus nicht nur gut aussehen. Es kann für ein Land also peinlich sein, in den Papieren vorzukommen; es kann aber auch peinlich sein, weniger darin vorzukommen.

Zunächst einmal stimmt es gar nicht, dass Amerikaner in den Papieren gänzlich "fehlen". Die USA waren schon immer eine Großquelle versteckten Vermögens, das beweist allein der einstige Skandal um amerikanische Kunden der Schweizer Bank UBS. Natürlich tauchen auch in den Panama Papers etliche Amerikaner auf: Die Reporter der Zeitungsgruppe McClatchy haben in der Datenbank die Kopien von mindestens 200 US-Pässen entdeckt. 3500 Anteilseigner von Offshore-Firmen besitzen US-Adressen. Und knapp 3100 Gesellschaften in Steuerparadiesen weisen Spuren zu Anwälten und Finanzexperten in Miami, New York und anderen US-Städten auf. Mindestens vier Amerikaner, denen die panamaische Kanzlei Mossack Fonseca mit Briefkastenfirmen geholfen hat, wurden von der US-Justiz wegen schwerer Finanzkriminalität verurteilt oder angeklagt.

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Namen berühmter Amerikaner

Auch berühmte Namen sind bereits aufgetaucht, ohne dass dies unbedingt auf eine Straftat hindeutet. Der Hollywood-Mogul David Geffen zum Beispiel soll ein Firmenkonstrukt verwendet haben, um eine Yacht zu verkaufen; die Hotel-Erbin Liesel Pritzker Simmons wiederum steht als Anteilseignerin einer Gesellschaft in Panama fest, über die in ein kolumbianisches Agrarprojekt investiert wird. Pritzker Simmons und ein Anwalt Geffens haben jedes Fehlverhalten bestritten.

Mit größter Akribie freilich haben die McClatchy-Reporter die Unterlagen nach Politikern durchsucht. "Wir haben in die Datenbank die Namen sämtlicher Abgeordneter und Senatoren im Kongress eingegeben, die ihrer Mitarbeiter, die von Regierungsmitgliedern, Präsidentschaftskandidaten, deren Geldgebern, von Lobbyisten und allen Spendern der globalen Clinton Stiftung", sagt Kevin Hall, einer der Rechercheure und ein ausgewiesener Wirtschaftsexperte.

Daraus sollte man keineswegs folgern, dass die Politik sauber ist. Womöglich ist eine einschlägige Firma trotz methodischer Suche in den elf Millionen Dokumenten nur noch nicht gefunden worden. Und so groß das Aktenkonvolut aus Panama auch ist - es gibt auch nur einen kleinen Teil der Wirklichkeit wieder. In der Nähe der USA liegen etliche englischsprachige Steuerparadiese wie die Cayman-Inseln oder die Bahamas mit zahllosen Anbietern dubioser Verschleierungstechniken. Es besteht also aus US-Sicht keine dringende Notwendigkeit, ins spanischsprachige Panama zu gehen. Außerdem leisten sich die USA selbst ihre dunklen Winkel, etwa in den Staaten Delaware oder Wyoming (mehr dazu hier).

Aber es gibt noch eine Erklärung dafür, warum US-Politiker nicht in den Akten zu finden sind: Womöglich haben es die allermeisten schlicht nicht nötig, ihre Vermögensverhältnisse in einer Steueroase zu verschleiern. Erstens ist es in Amerika sehr verbreitet und akzeptiert, dass Politiker reich sind - anders als in Europa. Bis auf wenige Ausnahmen sollen alle US-Senatoren Millionäre sein; das muss also niemand verheimlichen.

In Washington ist es auch völlig üblich, ein paar Jahre in der Politik zu arbeiten, ob im Parlament, in einem Ministerium oder im Weißen Haus, dann ein paar Jahre in der Wirtschaft, wo man sich seine guten Kontakte vergolden lässt, und dann wieder in die Politik zurückzukehren. Außerdem hat es der Supreme Court erlaubt, dass Reiche und Konzerne unbeschränkt Geld für Wahlkämpfe spenden können. Die amerikanische Politik also ist vom großen Geld durchsetzt, das weiß jeder und es wird im Wahlkampf zurzeit auch wieder einmal beklagt. Nur: Verheimlichen muss man das längst nicht mehr.

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Für die Reichsten in Amerika ist der Anreiz auch deutlich geringer als in Teilen Europas oder Lateinamerikas, Vermögen im Ausland zu verstecken: Die Gesetze begünstigen sie nämlich ohnehin. Wenn die Einkünfte aus Geldanlagen stammen, ist der Steuersatz deutlich geringer als bei Angestellten. "Wenn man Mitt Romney heißt oder Donald Trump und seine Einkünfte aus Investitionen bezieht, ist der Steuersatz so niedrig, dass man eine ferne Oase gar nicht braucht. Außerdem nutzen die Reichen etliche legale Steuerschlupflöcher", sagt der Reporter Kevin Hall.

Das bestätigt die These des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders, wonach "das System" in Amerika allein den Reichen in die Hände spielt. "Ich habe es euch schon immer gesagt" - so lässt sich seine Reaktion auf die Panama Papers zusammenfassen. "In einer Zeit wachsender Ungleichheit müssen die reichsten Menschen und die größten Konzerne ihren fairen Anteil Steuern zahlen", erklärte Sanders in einer Stellungnahme. "Kinder sollten nicht hungern, während Milliardäre Steuerparadiese nutzen, um Steuern zu vermeiden." Das Dramatische ist: Nach immer neuen Steuersenkungen seit den Achtzigern sind die USA, jedenfalls für die Reichsten, längst selbst ein Steuerparadies.

© SZ vom 08.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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