US-Demokraten:Der vermieste Parteitag

Eine neue E-Mail-Affäre beschädigt die Kandidatin Hillary Clinton. Wollen russische Hacker ihr schaden?

Von Hubert Wetzel

Kann man es als Skandal bezeichnen, wenn herauskommt, dass das Führungsgremium der US-Demokraten während der Vorwahlen hinter Hillary Clinton stand und nicht hinter Bernie Sanders? Eher nicht. Die E-Mails, die dem Democratic National Committee (DNC) gestohlen und im Internet veröffentlicht worden sind, zeigen, dass man sich dort Clinton als Präsidentschaftskandidatin wünschte. Das ist so spektakulär wie die Feststellung, der Papst sei katholisch. Schließlich verkörpert Clinton wie kaum je eine Bewerberin "die Partei".

Sanders hingegen war ein unabhängiger Senator, der - wie Donald Trump es bei den Republikanern getan hat - die Demokraten nur als Vehikel nutzen wollte, um Präsidentschaftskandidat zu werden. Es gibt zudem keinen Hinweis darauf, dass das DNC Sanders irgendwie benachteiligt oder ausgebootet hätte, auch wenn einige Mitarbeiter sich despektierlich über den Linksliberalen äußerten. Es geht da um Meinungen, nicht um Taten.

Viel interessanter ist die Herkunft der Mails. Russische Hacker sollen sie geklaut und durchgestochen haben. Um den Demokraten den Parteitag zu vermiesen? Kaum wahrscheinlich. Oder geht es in Wahrheit darum, Clinton zu schaden und damit Donald Trump, dem Russland-Versteher, Nato-Gegner und Putin-Bewunderer zu helfen? Eine inszenierte Affäre, um die US-Wahl zu beeinflussen - das allerdings wäre ein echter Skandal.

© SZ vom 26.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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