US-Abgeordneter Paul Broun:Evolution ist eine "Lüge direkt aus der Hölle"

Der republikanische Abgeordnete Paul Broun bezeichnet die Evolutions- und die Urknalltheorie als teuflische Lüge. Bei seinen Entscheidungen will er sich ganz nach der Bibel richten. Damit ist er selbst im Wissenschaftsausschuss des US-Repräsentantenhauses kein Einzelfall.

Mitt Romney dürfte nicht gerade erfreut sein. Während der Präsidentschaftskandidat in die Mitte rückt und die Unentschlossenen umschmeichelt, sorgt ein erzkonservativer republikanischer Abgeordneter für unrühmliche Schlagzeilen. Wieder einmal.

"All das, was ich einmal gelernt habe über Evolution, Embryologie und die Urknalltheorie, sind Lügen direkt aus der Hölle", erklärte Paul Broun, Arzt und Mitglied des Wissenschaftsausschusses im Repräsentantenhaus, in einer Rede vor der Liberty Baptist Church. Ziel dieser Lügen sei es, "mich und alle anderen davon abzuhalten, zu verstehen, dass wir einen Erlöser brauchen".

Große Online-Portale wie Gawker oder die Huffington Post berichteten am Wochenende über das Video, das die Kirche selbst online gestellt hatte. Das gesamte Video ist mittlerweile nicht mehr im Netz, der Ausschnitt mit den Aussagen über Evolution kursiert aber weiterhin.

Darin fährt Broun fort: Die Bibel sei das, wonach er sich bei seinen Entscheidungen im Abgeordnetenhaus richte, denn "sie lehrt uns, wie wir als Individuum, wie wir als Familien leben und wie wir unsere Kirchen führen sollen. Aber sie lehrt uns auch, wie wir Politik machen und überhaupt alles in der Gesellschaft gestalten sollen." Entsprechend schlug er seinerzeit vor, das Jahr 2010 in den USA zum Jahr der Bibel zu machen

Ein strammer Konservativer in allen Fragen

Broun sitzt seit 2007 für Georgia im Abgeordnetenhaus, ist seitdem zweimal wiedergewählt worden und hat bei der Wahl im November keinen Gegenkandidaten. Seine Wiederwahl gilt deshalb als sicher. Schon häufiger fiel er mit extrem konservativen Ansichten auf. Den Klimawandel hält er für einen "Hoax", der von einer Verschwörung innerhalb der Wissenschaft vorangetrieben werde. Dass Barack Obama wirklich US-Amerikaner ist, will er zumindest nicht bejahen. Er ist Mitglied in verschiedenen Organisationen für Waffenbesitzer, lehnt die Homo-Ehe ab und möchte befruchteten Eizellen alle Menschenrechte geben. Und er glaubt, dass die Welt in sechs Tagen von Gott erschaffen wurde.

Damit vertritt Broun keine ungewöhnliche Position. Wie das Meinungsforschungsinstitut Gallup 2008 ermittelte, glauben 44 Prozent der US-Amerikaner, dass die Erde vor etwa 10.000 Jahren von Gott geschaffen wurde, nur 14 Prozent an eine Evolution ganz ohne Gottes Zutun. Der Rest glaubt, Gott lenke die Evolution. Der Anteil derjenigen, die nicht an die Evolution glauben, ist unter Anhängern der Republikaner höher als unter denen der Demokraten. Insgesamt sind die Werte seit 30 Jahen mehr oder weniger stabil. So ist es kaum verwunderlich, dass auch im Wissenschaftsausschuss nicht immer die Erkenntnisse der Wissenschaft das Maß der Dinge sind.

Erst vor wenigen Wochen geriet das Ausschussmitglied Todd Akin in die Kritik. Er hatte behauptet, der weibliche Körper habe einen Schutzmechanismus, der verhindere, dass eine Frau nach einer "echten Vergewaltigung" - Akin hält nur gewaltsame Vergewaltigungen für echte Vergewaltigungen - schwanger wird. Nicht nur, dass das nicht stimmt: Vor allem diese Unterscheidung in echte und unechte Vergewaltigungen brachte Frauenrechtler und Frauenrechtlerinnen auf der ganzen Welt gegen Akin auf. Sogar Mitt Romney hatte Akin daraufhin zum Rückzug aufgefordert.

Und der Ausschussvorsitzende, Ralph Hall, bestreitet, dass der Treibhauseffekt vom Menschen verstärkt wird, denn "ich glaube nicht, dass wir kontrollieren können, was Gott kontrolliert". (Noch mehr Beispiele bei Wired).

Paul Broun dürfte das ähnlich sehen. Die Wechselwähler der Mitte womöglich nicht.

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