Urteil:Sicherungsverwahrung als Therapie ist rechtens

Ein psychisch kranker Sexualstraftäter hatte vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geklagt. Nun ist die Entscheidung gefallen: Auch eine nachträgliche Verwahrung ist erlaubt.

Die nachträgliche Sicherungsverwahrung eines psychisch kranken Straftäters zum Zweck seiner Behandlung ist zulässig. Zu diesem Urteil gelangte der Europäische Menschenrechtsgerichtshof am Donnerstag in Straßburg. Der konkrete Fall betraf die Sicherungsverwahrung eines heute 72-jährigen Sexualstraftäters, die rückwirkend über die zur Tatzeit und zum Zeitpunkt der Verurteilung zulässige Höchstdauer von zehn Jahren hinaus verlängert worden war. Die Straßburger Richter sahen darin keinen Verstoß gegen das Recht auf Freiheit und den Grundsatz "keine Strafe ohne Gesetz" der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Der Gerichtshof hatte sich im aktuellen Fall erstmals mit der Frage befasst, ob die Sicherungsverwahrung zum Zweck einer therapeutischen Behandlung nach der gesetzlichen Neuregelung in Deutschland mit der Konvention vereinbar ist. Das neue Gesetz war 2013 in Kraft getreten, nachdem das Bundesverfassungsgericht alle Regelungen zur nachträglichen Verlängerung und Anordnung der Sicherungsverwahrung für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt hatte.

Der Kläger war 1986 zu 15 Jahren Haft verurteilt und anschließend in der Sicherungsverwahrung untergebracht worden, weil der Einschätzung der Richter zufolge die Gefahr bestand, dass er unter Alkoholeinfluss weitere Gewalttaten begehen könnte. Nachdem die Höchstdauer von zehn Jahren erreicht war, ordneten die Gerichte in regelmäßigen Abständen eine Verlängerung der Sicherungsverwahrung an.

Der Menschenrechtsgerichtshof gelangte zu dem Schluss, dass die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung in dem konkreten Fall als Freiheitsentziehung "bei psychisch Kranken" zu werten und damit zulässig sei. Der Straftäter habe eine psychische Störung aufgewiesen, durch die er eine Gefahr für die Allgemeinheit dargestellt und die sowohl eine medikamentöse Behandlung als auch eine Therapie erfordert habe. Ein entsprechendes Therapieangebot habe ihm zur Verfügung gestanden, ebenso sei er angemessen untergebracht worden.

Nach Einschätzung der Straßburger Richter verändere sich darüber hinaus Wesen und Zweck der Sicherungsverwahrung, wenn sie zu Behandlungszwecken angeordnet werde. In solchen Fällen könne sie nicht länger als Strafe gewertet werden.

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