Urteil:Fünf-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen verfassungswidrig

Die Fünf-Prozent-Klausel bei Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes verfassungswidrig. Die Grünen und die Linken hatten Erfolg mit ihrer Klage - und können sich nun gute Chancen bei den kommenden Wahlen im Mai ausrechnen.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Fünf-Prozent-Sperrklausel bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein gekippt. Die Klausel verletze die Chancengleichheit kleinerer Parteien oder Wählervereinigungen, verkündete das Gericht in Karlsruhe.

Geklagt hatten die Landes-Grünen, die Linke hatte sich der Klage angeschlossen. Damit haben beide Parteien nun gute Chancen, bei den Kommunalwahlen am 25. Mai in Stadträte und Kommunalvertretungen einzuziehen.

SPD und CDU versprachen, das Karlsruher Urteil zur Fünf-Prozent-Hürde noch vor der Kommunalwahl umzusetzen. "Wir streben die Einbringung eines entsprechenden Gesetzentwurfs in der Februarsitzung des Landtages an", sagten die Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien, Ralf Stegner (SPD) und Johann Wadephul (CDU). Angesichts der hohen Bedeutung des Urteils für die Demokratie müsse konsequent gehandelt werden.

Auch der Präsident des schleswig-holsteinischen Landtags, Martin Kayenburg (CDU), will das Karlsruher Urteil zügig umsetzen. Er sei dafür, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Landeskommunalwahlrecht schnellstmöglich zu berücksichtigen, sagte er in Kiel. Kayenburg bemerkte aber auch, dass die Abschaffung der Klausel die Arbeit in den Kommunalparlamenten beeinträchtigen könne.

Die von CDU und SPD gestellte Kieler Landesregierung hatte die Sperrklausel bei der mündlichen Verhandlung im vergangenen November damit gerechtfertigt, dass sie zur "Sicherung der Gesamtwohlorientierung politischer Kräfte" diene. Diesen Vorranganspruch für etablierte Parteien wies das Gericht nun in die Schranken. Die Kandidatenauswahl für kommunale Vertretungen dürfe nicht in erster Linie den "am Staatsganzen orientierten politischen Parteien" vorbehalten bleiben. Auch Kandidaten mit ortsgebundenen, lediglich kommunalen Interessen müsse eine chancengleiche Teilhabe an den Wahlen ermöglicht werden.

Nahezu alle Flächenländer haben die Klausel bereits abgeschafft

Die vom Land befürchtete Gefahr, dass die Arbeitsfähigkeit der kommunalen Vertretungen leiden würde, wenn alle politischen Gruppen und Wählervereinigungen in sie einziehen könnten, sehen die Verfassungshüter nicht. Bürgermeister und Landräte würden seit 1995 direkt gewählt. Dies garantiere eine funktionierende Verwaltung, unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen in den Gemeindevertretungen.

Zudem reiche bei Abstimmungen über Sachentscheidungen bereits eine relative Mehrheit aus. Das Gericht verwies überdies darauf, dass nahezu alle Flächenländer im Bund die Fünf-Prozent-Klausel bereits abgeschafft hätten und aus dortigen Rathäusern und Gemeindevertretungen keine "schwerwiegende Störungen der Funktionsfähigkeit" bekannt geworden seien. Die Sperre gilt außer in Schleswig-Holstein nur noch im Saarland und in Thüringen sowie in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen.

Das Urteil kann allerdings nicht auf Landtags- oder gar die Bundestagswahl übertragen werden. Nach Ansicht der Richter sind für solche Parlamente klare Mehrheiten zur Sicherung einer politisch aktionsfähigen Regierung unentbehrlich, weil diese Körperschaften Gesetze erlassen müssten. Gemeindevertretungen und Kreistage seien dagegen verwaltend tätig.

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