Urteil des saarländischen Verfassungsgerichts:Saar-Minister darf NPD "braune Brut" nennen

Ulrich Commercon

Ulrich Commerçon (SPD), Minister für Bildung und Kultur der saarländischen Landesregierung, darf nun auch offiziell seine Meinung zur NPD äußern.

(Foto: dpa)

Das Verfassungsgericht im Saarland hat entschieden, dass selbst Minister rechtsradikales Gedankengut "in aller verbalen Deutlichkeit" verurteilen dürfen. Damit ist die NPD ist mit ihrer Klage gegen den saarländischen Minister Commerçon gescheitert.

  • NPD scheitert mit Verfassungsklage gegen saarländischen SPD-Minister Commerçon wegen Verletzung des Neutralitätsgebots. Er hatte NPD-Mitglieder unter anderem als "braune Brut" bezeichnet.
  • Auch Minister haben Recht auf negative Werturteile.

"Braune Brut" verletzt nicht Neutralitätsgebot

Nach einem Verfassungsgerichtsurteil dürfen sich auch Minister negativ über die rechtsextreme NPD äußern. Die Partei scheiterte am Dienstag vor dem Verfassungsgerichtshof des Saarlandes mit einer Organklage gegen den Bildungsminister Ulrich Commerçon. Der hatte im März bei einer Veranstaltung zum bundesweiten Projekt "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" vor einem Wiedererstarken der "braunen Brut" gewarnt und die NPD-Anhänger als "Wiedergänger der alten Nazis" bezeichnet. Die NPD sah dadurch das Neutralitätsgebot für Minister verletzt. Zudem hätte Commerçon mitten im Europawahlkampf damit den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien im Europa und Kommunalwahlkampf verletzt, klagten die Rechtsextremen.

Der Verfassungsgerichtshof von Saarland entschied dagegen, dass Commerçons Äußerungen durch die Verfassung gedeckt sind. Auch eine wehrhafte Demokratie brauche klare Aussagen angesichts der Wichtigkeit des Themas. Die beanstandete Äußerung Commerçons habe in einem sachlichen Zusammenhang zu dem Schul-Projekt gegen Rassismus gestanden und der bildhaften Veranschaulichung dessen gedient, was passieren könne, wenn rechtsradikale, antidemokratische Gesinnungen vertreten würden. Dem Minister sei es nicht darum gegangen, die NPD oder deren Sympathisanten zu diffamieren, sondern darum, rechtsradikales Gedankengut "in aller auch verbalen Deutlichkeit zu verurteilen".

Darüber hinaus trete gerade die NPD im politischen Wettbewerb oft zugespitzt und diskreditierend auf, fügten die Richter an. Sie könne für sich selbst daher nicht das Recht dazu einfordern, dass sich staatliche Organe nur in einer akademischen, zurückhaltend-distanzierten Sprache über sie und ihre Anhänger äußerten. Damit billigte das Verfassungsgericht auch Ministern das Recht zu negativen Werturteilen zu.

Urteil entspricht Entscheidung Bundesverfassungsgerichts

Bereits im Juni hatte das Bundesverfassungsgericht in einem ähnlichen Fall gegen die NPD entschieden: Damals hatte Bundespräsident Joachim Gauck vor Schülern angesichts von ausländerfeindlichen, von der NPD mitgetragenen Demonstrationen gegen ein Asylbewerberheim in Berlin seine Unterstützung für eine Gegendemonstration signalisiert. Man brauche Bürger, die "den Spinnern ihre Grenzen aufweisen", sagte der Bundespräsident vor mehreren hundert Schülern. Die NPD hatte geklagt, Gauck habe mit seiner Äußerung seine Kompetenzen überschritten. Das Bundesverfassungsgericht hatte dagegen entschieden, dass sich der Bundespräsident bei wertenden Äußerungen über politische Parteien nicht zwangsläufig neutral verhalten muss.

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