Unterhaltsrecht:Hüter der Ehe

Mit dem neuen Unterhaltsrecht sollten die Ansprüche geschiedener Frauen reduziert werden. Doch daraus wird vorerst nichts. Ein regelrechter Aufstand der Unionsfamilienpolitiker verhindert das Inkrafttreten im April.

Robert Roßmann

Der Anspruch war gewaltig. ,,Wir wollen nicht weniger als das Unterhaltsrecht an die gesellschaftlichen Verhältnisse anpassen'', sagte die Bundesjustizministerin bei der Präsentation ihres Gesetzentwurfs.

Brigitte Zypries

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries

(Foto: Foto: dpa)

In Deutschland gebe es immer mehr Scheidungen - und damit immer mehr Zweitehen und nichteheliche Beziehungen mit Kindern. Dies müsse bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen endlich berücksichtigt werden, befand Brigitte Zypries.

Mit dem neuen Recht sollten deshalb die Ansprüche geschiedener Frauen reduziert werden - zugunsten von Kindern und neuen Partnerinnen. Im April 2006 beschloss die Bundesregierung das neue Unterhaltsrecht. Zypries lobte den ,,wichtigen Schritt zu einer modernen Familienpolitik''.

Doch daraus wird erst einmal nichts: Am Donnerstagabend musste die Sozialdemokratin eingestehen, dass die Reform nicht wie versprochen am 1.April in Kraft treten wird. Schuld daran ist ein regelrechter Aufstand der Unionsfamilienpolitiker. ,,Das Gesetz enthält einen Paradigmenwechsel, den wir nicht akzeptieren'', sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ilse Falk (CDU).

200.000 geschiedene Ehen pro Jahr

Durch das Gesetz würden noch erziehende Ex-Ehefrauen und unverheiratete Nachfolgerinnen mit Kindern gleichgestellt. Dies gefährde aber ,,die Verlässlichkeit von Entscheidungen in der Ehe'' und schwäche die nacheheliche Solidarität, etwa wenn ein Partner zugunsten der Kindererziehung auf eine eigene Berufstätigkeit verzichtet habe. Dies könne nicht im Sinne der Union sein.

Die Familienpolitiker lehnen das neue Gesetz deshalb einmütig ab. Sie haben Fraktionschef Volker Kauder aufgefordert, in einer der nächsten Sitzungen über das Gesetz diskutieren und abstimmen zu lassen. ,,Der Ausgang ist offen'', sagt Falk. Die Rechtspolitiker der Union sind für das Zypries-Gesetz, die Familienpolitiker dagegen. Sollte sich Falk durchsetzen, wäre das Gesetz eines wesentlichen Ziels beraubt und ein Koalitionskrach mit der SPD programmiert. Schließlich hat die gemeinsame Bundesregierung das Gesetz bereits beschlossen und das CDU-geführte Familienministerium sein Plazet erteilt.

Schuld an dem Streit ist wie meistens fehlendes Geld. In Deutschland werden jährlich mehr als 200.000 Ehen geschieden. In der Regel ist nicht genug Geld zur Deckung aller Ansprüche vorhanden. Deshalb ist der Rang des Anspruchs so wichtig. Bisher steht die Ex-Frau im ersten Rang, zusammen mit allen Kindern.

Eine neue unverheiratete Partnerin mit Kind rangiert nur auf Platz zwei. Künftig sollen die Kinder allein auf Platz eins stehen. An die zweite Stelle rücken alle noch erziehenden Mütter - egal ob verheiratet oder nicht. Nicht mehr kinderbetreuende Ex-Frauen rutschen - außer ,,bei langer Ehedauer'' - auf Rang drei ab.

Die Familienpolitiker der Union wollen das nicht hinnehmen. Sie akzeptieren zwar die Besserstellung der Kinder, beharren aber auf einer Privilegierung der Ex-Ehefrauen gegenüber unverheirateten Müttern. Zypries lehnt das ab. ,,Damit würden wir ja das wichtigste Ziel der Reform konterkarieren'', sagt die Ministerin.

Ihr gehe es darum, dass alle Mütter - unabhängig vom Status - genug Geld bekämen, um für ihre Kinder da sein zu können. Zypries hofft deshalb, dass sich in der Union die Rechtspolitiker durchsetzen. Dann, aber nur dann, könnte ihre Wunschreform wenigstens noch zum 1.Juli in Kraft treten.

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