Unruhen nach der Präsidentenwahl:Blutiger Aufruhr in Kenia alarmiert die USA

Menschen verbrennen in einer Kirche, der plündernde Mob zieht durch die Straßen: Kenia droht nach der umstrittenen Präsidentenwahl im Chaos zu versinken. Jetzt fordern auch die Amerikaner Präsident Kibaki dazu auf, das Ergebnis überprüfen zu lassen.

Judith Raupp

Nach dem umstrittenen Wahlsieg des kenianischen Präsidenten Mwai Kibaki haben die USA und Großbritannien eine unabhängige Untersuchung der Stimmenauszählung gefordert und die Kenianer zur Ruhe aufgerufen. Bei Tumulten nach der Abstimmung kamen bislang etwa Hunderte Menschen ums Leben, Zehntausende sind auf der Flucht.

Unruhen nach der Präsidentenwahl: Polizisten verfolgen in Nakuru, 250 Kilometer westlich von Nairobi, einen Demonstranten mit Schlagstöcken.

Polizisten verfolgen in Nakuru, 250 Kilometer westlich von Nairobi, einen Demonstranten mit Schlagstöcken.

(Foto: Foto: dpa)

Die USA seien ernsthaft besorgt über die Unregelmäßigkeiten bei der Wahl, sagte Außenministeriums-Sprecher Tom Casey am Dienstag. Am Sonntag, als sich Kibaki trotz offensichtlicher Manipulationen zum Wahlsieger erklären ließ, hatte ihm Washington noch zu seiner zweiten Amtszeit gratuliert.

Kenia gilt als Verbündeter der USA im Kampf gegen den Terrorismus. Das ostafrikanische Land grenzt an Somalia, wo seit Jahren ein rechtloser Zustand herrscht und die USA radikale Islamisten vermuten. Der britische Premier Gordon Brown telefonierte mit dem kenianischen Präsidenten und mit dessen Herausforderer Raila Odinga.

Er appellierte an beide, nach den "schrecklichen Todesfällen" eine friedliche Lösung zu suchen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, weitere Gewalt müsse "unter allen Umständen" vermieden werden.

Odinga verglich Kibaki mit einem Militärdiktator, der seine Macht nur noch mit Gewehren sichern könne. Nachdem Polizisten am Montag verhindert hatten, dass sich Odinga als Gegenpräsident vereidigen ließ, rief er seine Anhänger zu einem Protestmarsch für Donnerstag auf. "Wir werden Trauerflor tragen, weil wir um unseren Sieg betrogen worden sind", kündigte Odinga an.

Laut Wahlkommission bekam Kibaki 4,5 Millionen Stimmen, Odinga 4,3 Millionen. Bereits bei der Veröffentlichung des Resultates hatte der Chef der EU-Wahlbeobachter, Alexander Graf Lambsdorff, die Auszählung angezweifelt und eine Untersuchung gefordert.

Lesen Sie auf der nächsten Seite mehr über den Brandanschlag auf eine Kirche.

Blutiger Aufruhr in Kenia alarmiert die USA

Auch Mitglieder der Wahlkommission geben inzwischen zu, dass beim Addieren der Resultate aus den Bezirken getrickst wurde. Präsident Kibaki rief in seiner Neujahrsansprache zur Versöhnung auf. Allerdings ließ er auch wissen, dass er jene, die den Frieden störten, verfolgen lassen werde.

Unruhen nach der Präsidentenwahl: Bewohner des Kibera-Slums in Nairobi stehen an, um sich mit Kerosin-Vorräten einzudecken.

Bewohner des Kibera-Slums in Nairobi stehen an, um sich mit Kerosin-Vorräten einzudecken.

(Foto: Foto: AFP)

Angesichts der offenkundigen Wahlfälschungen gab es in mehreren Regionen Kenias Ausschreitungen. Nach örtlichen Berichten gab es bis zu 200 Tote, das Rote Kreuz spricht von 120 Opfern und 70.000 Flüchtlingen. Es sei zu heftigen Zusammenstößen zwischen dem Volk der Kikuyu und der Luo gekommen. Kibaki gehört den Kikuyu an, Odinga den Luo.

Die Gewalt entlud sich vor allem in Odingas Hochburgen: in seiner Heimatstadt Kisumu und in den Slums größerer Städte. Bei einem Brandanschlag auf eine Kirche in Eldoret kamen laut Rotem Kreuz mindestens 50 Kikuyus ums Leben, die vor den Unruhen in das Gotteshaus geflüchtet waren.

Odinga warf der Regierung Völkermord vor. Örtliche Medien berichten von Lebensmittel- und Benzinknappheit. Augenzeugen kritisierten, die Polizei gehe mit unverhältnismäßiger Härte vor und schieße selbst auf weglaufende Demonstranten.

Louise Arbour, UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, rief die kenianische Regierung auf, die von ihr unterzeichneten Abkommen einzuhalten und Polizisten zur Verantwortung zu ziehen, die gegen Menschenrechte verstießen.

Unruhen gab es auch in der Touristenstadt Mombasa. Viele Gäste trauten sich nicht mehr aus ihren Hotels. Das Auswärtige Amt in Berlin rät, sich von Menschenansammlungen in Kenia fernzuhalten und über das Verschieben geplanter Urlaubsreisen nachzudenken.

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