Unruhen im Jemen:Demonstranten setzen auf Eskalation

Seit Wochen drängt die Opposition im Jemen Staatschef Salih zum Rücktritt. Doch der lässt die Proteste brutal ersticken. Jetzt ändern die Regierungsgegner ihre Taktik und versuchen, die Situation zum Eskalieren zu bringen. Die UN warnen angesichts der Unruhen vor "großen Risiken für die Sicherheitslage" in der gesamten Region.

Die blutigen Unruhen im Jemen könnten den Vereinten Nationen zufolge die ganze Region gefährden. "Sie haben das Potential, Frieden und Sicherheit in der Region zu bedrohen", sagte UN-Untergeneralsekretär Lynn Pascoe in einer geschlossenen Sitzung des UN-Sicherheitsrates. Zudem werde die humanitäre Arbeit der Vereinten Nationen in dem bitterarmen Land gefährdet.

Anti-government protests in Yemen

Während die Vereinten Nationen alle Seiten zur Besonnenheit aufgerufen haben, setzen die Demonstranten im Jemen nun auf Eskalation, um ihrer Forderung nach einem politischen Umbruch im Land  Nachdruck zu verleihen.

(Foto: dpa)

Das mächtigste UN-Gremium war auf Anregung Deutschlands erstmalig zur Beratung der Lage in Jemen zusammengetreten. Auf eine gemeinsame Erklärung konnten sich die 15 Staaten aber nicht einigen.

Menschenrechtler: "Brutale Unterdrückung der Opposition"

Auch der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig sah "große Risiken für die Sicherheitslage". Es käme jetzt darauf an, dass alle Seiten größtmögliche Zurückhaltung übten, die Gewalt beendeten und eine weitere Eskalation verhinderten. Die anderen Staaten teilten diese Einschätzung. Hier sei die Initiative des Golfkooperationsrates sehr wichtig und alle Seiten seien aufgerufen, sich zu beteiligen. Wittig bezeichnete es als Fortschritt, dass zum ersten Mal Beratungen des Sicherheitsrates zu Jemen zustande kamen.

Zuvor hatte Human Rights Watch Aktionen gegen den Jemen gefordert. Nach dem Tod von Demonstranten müsse der Sicherheitsrat jetzt mit einer Stimme sprechen, erklärte die Menschenrechtsgruppe in New York. "Endlich ist die brutale Unterdrückung der Opposition auf dem Radar des Sicherheitsrates, der die Sache als Bedrohung des internationalen Friedens sieht", sagte UN-Experte Philippe Bolopion von der Organisation.

Neue Proteste - Polizei feuert auf Demonstranten

Bei neuen Protesten gegen die Regierung von Präsident Ali Abdullah Salih waren mindestens vier Menschen getötet worden. Etwa 220 wurden verletzt. In der Hauptstadt Sanaa feuerten Polizisten nach Angaben von Oppositionellen mit scharfer Munition auf Demonstranten, um einen Marsch zum Haus des Vizepräsidenten zu verhindern.

In der Hafenstadt Hudaida schoss ein bewaffneter Mann Zeugen zufolge wahllos in eine Menge von Demonstranten. Mindestens ein Mensch sei dabei getötet worden, hieß es. Der Unbekannte habe sich auf einem Motorrad den Demonstranten genähert, die gerade beim Morgengebet gewesen seien. Er habe das Feuer eröffnet und sei danach davongerast. Hudaida liegt am Roten Meer.

Die Opposition setzt dennoch unter dem Eindruck nicht erfüllter Forderungen auf eine Eskalation der Proteste gegen den autoritären Staatschef. In der Industriestadt Tais steckten Demonstranten Reifen in Brand und marschierten zu einem Armeeposten, in dem Einheiten des regierungskritischen Generals Ali Mohsen stationiert sind. Dort feierten sie lautstark dessen Entschluss, sich gegen den Präsidenten zu stellen.

Die Demonstranten würden ihre Taktik ändern und versuchen, die Situation zum Eskalieren zu bringen, sagte ein Student, der in Tais auf die Straße ging. Die Salih-Gegner hätten das Gefühl, ihre Forderungen würden nicht erfüllt. Ein Protestzug zu Salihs Palast sei derzeit noch nicht geplant.

Vermittlungsversuche westlicher und arabische Länder sind bislang fehlgeschlagen. Am Dienstag sollten Vertreter des Präsidenten in Abu Dhabi mit Außenministern der Golfstaaten zusammenkommen - ein neuer Versuch, wieder Schwung in die festgefahrenen Verhandlungen zu bringen. Die Demonstranten drohten mit einem umfangreichen Streik, sollten die Vermittlungsversuche im Sand verlaufen.

Der seit 32 Jahren herrschende Salih hat sich nicht auf die Forderung der Opposition eingelassen, binnen Wochen zurückzutreten. Er hat sich zwar grundsätzlich zu einem Rückzug bereiterklärt, allerdings erst, wenn das Land in "sicheren Händen" sei.

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