Union und AfD:Wenn zwei sich streiten

Bisher setzt die Union im Umgang mit der AfD auf die Totschweige-Taktik. Das reicht vielen CDU-Leuten nicht länger - sie wollen die Euro-Kritiker offensiv angehen. Die SPD weidet sich an dem Streit.

Von Robert Roßmann, Berlin

Die SPD hat eigentlich eine Generalsekretärin und sechs stellvertretende Parteichefs. Eigentlich, denn präsent ist von den sieben Granden oft nur einer. An den meisten Tagen hat Ralf Stegner vormittags schon mehr Kommentare abgesetzt als Generalsekretärin Yasmin Fahimi am Ende der Woche. Am Sonntag demonstrierte der SPD-Vize mal wieder seine Angriffslust, zeitweise twitterte Stegner im Minutentakt Attacken auf CDU und CSU. Mit denen koaliert seine SPD zwar im Bund, aber von so etwas lässt sich ein Stegner nicht aufhalten - vor allem, wenn er einen wunden Punkt beim Gegner entdeckt hat.

Und den gibt es diesmal tatsächlich: Die Union weiß nicht so recht, wie sie mit der AfD umgehen soll. Das Ergebnis ist eine gewaltige Kakophonie: Auf der einen Seite verkündet Unionsfraktionschef Volker Kauder kampfeslustig, er wolle mit denen von der AfD nicht einmal in Talkshows sitzen. Auf der anderen Seite reden Erika Steinbach und andere bereits über mögliche Koalitionen mit den Euro-Kritikern.

"Frau Steinbach plädiert für Koalitionen aus CDU+AfD: Da wird die schwarze Katze aus dem Sack gelassen! Irgendeine klare Haltung, Frau Merkel?" ätzte Stegner deshalb am Sonntag. Die CDU dürfe sich jetzt nicht "rauswinden", sondern müsse noch vor den anstehenden Landtagswahlen "klar sagen", ob sie mit der AfD koalieren wolle. In dieser Frage werde die SPD der CDU kein Schweigen "durchgehen lassen".

Stegners Attacke ist zwar ziemlich vordergründig. Schließlich hat nicht nur Kauder, sondern auch Parteichefin Merkel Koalitionen mit der AfD ausgeschlossen. Und Steinbach hat in der CDU inzwischen so wenig zu melden, wie die FDP im Bundestag. Es geht also in Wahrheit nicht darum, ob die CDU mit der AfD koalieren wird, sondern um die Frage, wie die Christdemokraten die Euro-Gegner wieder unter die Fünf-Prozent-Marke drücken können. Diese Frage beschäftigt die CDU aber gewaltig.

Zentrales Thema der AfD wird so schnell nicht verschwinden

Bisher hat die Union auf das Prinzip Totschweigen gesetzt. Das Resultat: Die AfD ist so lebendig wie noch nie. Kauder glaubt trotzdem, dass er mit der AfD umgehen kann wie früher mit den Republikanern. In seiner Heimat Baden-Württemberg waren die Rechtsausleger 1992 in den Landtag gekommen. Kauder ist sich sicher, dass die Republikaner vor allem deshalb wieder aus dem Parlament verschwanden, weil die CDU sie ignoriert hat. Dabei ignoriert er aber, dass der Niedergang der Republikaner auch an der drastischen Beschneidung des Asylrechts lag. Durch den umstrittenen "Asylkompromiss" von Union und SPD Ende 1992 kam den Republikanern ihr zentrales Thema abhanden. Um Vergleichbares in der Causa AfD zu erreichen, müsste sich die Regierung schon für die Abschaffung des Euro einsetzen.

Und so ist es kein Wunder, dass immer mehr CDU-Politiker einen offensiven Umgang mit der AfD verlangen. "Die AfD und ihre Parolen stellt man durch inhaltliche Auseinandersetzung", sagt etwa Jens Spahn. Außerdem sei es "nicht so richtig plausibel", dass Kauder mit Linken diskutieren wolle, aber nicht mit der AfD, sekundiert Wolfgang Bosbach im Spiegel. Stegner dürfte also noch viel Freude am AfD-Streit der Union haben.

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