Union:Seehofers Affront gegen Merkel empört die CDU

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Nach dem Eklat bei dem Auftritt der Kanzlerin auf dem CSU-Parteitag fordern mehrere Ministerpräsidenten: Statt zu streiten, sollte man diskutieren, etwa über Kontingente für Flüchtlinge.

In der CDU-Führung herrscht Empörung darüber, wie der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer am Freitag beim Parteitag in München auf offener Bühne Bundeskanzlerin Angela Merkel behandelt hat. Merkel hatte in einer Rede ihre Flüchtlingspolitik verteidigt, der Applaus der CSU-Delegierten war mäßig geblieben. Seehofer hatte daraufhin über fast 15 Minuten den Kurs der neben ihm stehende Kanzlerin kritisiert und Obergrenzen bei der Zuwanderung gefordert. Merkel wusste zwar, dass Seehofer nach ihrer Rede für ein paar - eventuell auch kritische - Worte zu ihr auf die Bühne kommen würde. Dass der CSU-Chef sie aber eine Viertelstunde lang bewerten würde, konnte Merkel nicht wissen. Die gesamte Rede der CDU-Chefin hatte nur gut 20 Minuten gedauert.

Thomas Strobl, CDU-Chef in Baden-Württemberg und stellvertretender Vorsitzender der Bundes-CDU, sagte der Süddeutschen Zeitung, die Angriffe auf Merkel müssten nun ein Ende haben. In der Flüchtlingskrise sei es Aufgabe der politischen Führung, "Signale der Integration" auszusenden, das gelte auch für die Union. Strobl fürchtet, der Streit könnte seiner Partei bei der Landtagswahl am 16. März schaden. Julia Klöckner, ebenfalls stellvertretende CDU-Vorsitzende und Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im März, sagte dem Berliner Tagesspiegel, sie wolle den Vorgang in München nicht kommentieren, denn ansonsten müsse sie "jede Form des normalen Umgangs verlassen". Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) erklärte: "Dies war keine Demütigung von Angela Merkel. Dies war der Unterschied zwischen einem Parteivorsitzenden auf einem Parteitag und einer Kanzlerin, die Verantwortung für Deutschland und Europa trägt."

Seehofer verteidigte seinen Auftritt. Merkel habe "keinen einzigen Satz" zur Forderung der CSU gesagt, die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren, "obwohl sie meine Position kennt", sagte der bayrische Ministerpräsident der Bild am Sonntag. Der ehemalige Bayernkurier-Chef Wilfried Scharnagl sagte Merkels Rede sei "eine Provokation" gewesen. Seehofer betonte, dass es keinen Bruch zwischen ihm und Merkel gebe. Gingen CDU und CSU auseinander, seien die "Trennungsverluste weitaus größer als die Trennungsgewinne".

Auch vom Koalitionspartner SPD kam Kritik; Generalsekretärin Yasmin Fahimi nannte Seehofer "oberlehrerhaft und unerhört gegenüber der deutschen Bundeskanzlerin"; Fraktionschef Thomas Oppermann erklärte: "Die Schwestern sollen jetzt mal aufhören zu zanken. Wir haben wirklich Wichtigeres zu tun." Dazu gehöre die Debatte, ob und wie die Zuwanderung nach Deutschland begrenzt werden soll. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Oppermann schlugen eine Kontingentlösung vor. Der Bundestag solle in Abstimmung mit der EU und dem UN-Flüchtlingswerk "jedes Jahr aufs Neue über die Größe der Kontingente von Flüchtlingen entscheiden, die wir aufnehmen können", sagte Oppermann dem Tagesspiegel.

© SZ vom 23.11.2015 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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