CDU und CSU gerieren sich gerne als Parteien der staatspolitischen Vernunft. Doch was sie an diesem Wochenende gezeigt haben, muss sogar treue Anhänger der Union an diesem Selbstbild zweifeln lassen. Da kommt am Freitag die Nachricht, dass die Briten für den Brexit gestimmt haben - mit enormen Folgen für die EU und Deutschland. Und was macht die Spitze der Union? Sie fährt, als ob nichts gewesen wäre, zu einer zweitägigen Familientherapie nach Brandenburg. Hat die Kanzlerin in so einer Krise nichts Besseres zu tun? Doch Angela Merkel und die anderen Unionsgranden ließen den Brexit-Tag lieber bei einem Grillabend am Seeufer ausklingen.
Das alles könnte man noch rechtfertigen, wenn CDU und CSU auf der gemeinsamen Klausur tatsächlich gebührend über ihren Streit in der Flüchtlingspolitik beraten hätten. Dafür war das Treffen ja einberufen worden. Was passieren kann, wenn innerparteiliche Richtungskämpfe konservative Parteien erschüttern, zeigen gerade die britischen Tories, die amerikanischen Republikaner oder das bürgerliche Lager Frankreichs. Solche Zustände mag man sich für Deutschland nicht wünschen.
Doch CDU und CSU bemühten sich bei der Klausur gar nicht ernsthaft darum, ihren Konflikt aufzuarbeiten. Sie kaschierten ihn einfach. Dafür am Brexit-Tag auf eine Brandenburger Halbinsel zu fahren, war mindestens Zeitverschwendung.