Uniform:Bunter als die Polizei erlaubt

Tattoos von Beamten beschäftigen immer häufiger die Gerichte.

Von Susanne Höll

Wie wünscht sich der Deutsche seine Polizisten? Stets erreichbar, schnell zur Stelle, klar. Höflich sollen sie sein und gepflegt, im traditionellen Sinne, wohlgemerkt. Eine Studie der Polizeihochschule Rheinland-Pfalz jedenfalls ergab, dass die Bürger Tätowierungen bei Beamten nicht goutieren. Uniformierte mit Körperbemalung genössen weniger Respekt, lautet das Ergebnis. Das mag man erstaunlich finden, weil man in diesen heißen Frühsommertagen den Eindruck gewinnen könnte, unbestochene Zeitgenossen seien inzwischen in der Minderheit. Für die Polizeioberen ist dieser Widerspruch zwischen dem Stilgefühl und dem Zeitgeschmack mehr als eine Geschmacksfrage. Sie haben ein echtes Problem.

Länder und Bund suchen nach Jahren des Abbaus inzwischen oft händeringend nach Polizisten-Nachwuchs. Weil etliche Bewerber die strengen Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, wurden Einstellungskriterien längst gelockert. Die Beamten in spe dürfen etwas kleiner sein, mehr Fehler im Diktat machen - und auch ein Tattoo haben.

Bis in die 1970er-Jahre hinein waren Tattoos bei der Polizei verpönt. Nun gilt in allen Ländern und dem Bund der Grundsatz, dass Bewerber eines tragen dürfen, wenn es im Dienst nicht sichtbar ist und den Grundwerten der freiheitlich-demokratischen Ordnung entspricht. Der Name des Kindes auf dem Oberarm ist erlaubt, auch eine Rose auf dem Po. Schlangen, die bis zum Ohr züngeln, sind schwierig, so sie nicht mit Pflaster im Job abgeklebt werden können. Extremistische oder gewaltverherrlichende Symbole sind verboten, egal, wo sie sich befinden.

So weit, so gut. Doch die Entscheidung im Einzelfall ist oft schwierig. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gab unlängst einem jungen Mann recht, den die Polizei wegen eines imposanten Löwenkopfes auf der Innenseite des Unterarms abgelehnt hatte. Solche schwerwiegenden Entscheidungen könnten nur auf gesetzlicher Grundlage gefällt werden und nicht, wie in dem Fall, auf der Basis einer Richtlinie, urteilten die Richter.

Womöglich muss NRW ein Gesetz zur Körperbemalung bei Polizisten auf den Weg bringen. Dann würden andere Bundesländer wohl folgen, sagt der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow. Er ist Jahrgang 1963, hat mithin schon viele Debatten über das Erscheinungsbild von Polizisten erlebt, angefangen von der erlaubten Haarlänge bis hin zum männlichen Ohrschmuck. Er kennt den Zeitgeschmack, findet aber auch, dass man selbst in Personalnot die Tattoo-Regeln nicht weiter lockern sollte. "Es gibt derzeit keinen Grund, etwas zu verändern", sagt er.

Und wie, bitte schön, fasst man die unzähligen Motive und Symbole, die die Tattoo-Studios anbieten, in einem Gesetz zusammen? Das funktioniere nur im Grundsatz, antwortet Malchow. Nicht sichtbar, nicht anstößig. Ein Bewerber, der sich womöglich in jugendlichem Leichtsinn einmal das Kürzel "A.C.A.B" auf den Oberarm stechen ließ, muss demnach auch künftig auf eine Polizeikarriere verzichten. Es stammt aus der englischen Sprache und steht für den zutiefst verunglimpfenden Satz "All cops are bastards", was so viel bedeutet, dass alle Polizisten Schweinehunde sind.

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