Ungarn:Hilfe soll bestraft werden

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Die Regierung des rechtspopulistischen Premier Victor Orbán will das Engagement von Flüchtlingsaktivisten mit neuen Gesetzen erschweren - und so wohl ihre eigenen Anhänger für die Wahl mobilisieren.

Von Peter Münch, Wien

Mit einem Bündel neuer Gesetze will die Regierung von Viktor Orbán in Ungarn ihren Kampf gegen alle jene verschärfen, die Flüchtlingen oder Asylbewerben Hilfe leisten. Als Teil eines angekündigten "Stop-Soros-Gesetzespakets" wurden nun drei Entwürfe im Parlament eingebracht, die mit Drohungen und Strafen die Arbeit einschlägiger Nichtregierungsorganisationen (NGOs) praktisch unmöglich machen. Der Menschenrechtsbeauftragte des Europarats, Nils Muižnieks, zeigte sich "alarmiert" von diesem Vorstoß und kritisierte die "Aggressivität" der geplanten Maßnahmen. Auch die Bundesregierung protestierte. Man habe gegenüber der ungarischen Führung die Bedenken "unmissverständlich zum Ausdruck gebracht", heißt es in einer Erklärung aus dem Berliner Außenministerium vom Donnerstag.

Konkret enthalten ist in dem Gesetzespaket eine Art Strafsteuer von 25 Prozent auf alle Spenden, die diese NGOs aus dem Ausland erhalten. Mitarbeitern der Organisationen kann der Aufenthalt in einer acht Kilometer breiten Zone entlang der Schengen-Außengrenzen untersagt werden. Ausländische Mitarbeiter könnten sogar des Landes verwiesen werden. In letzter Minute eingefügt wurde überdies noch die Bestimmung, dass alle NGOs, die Flüchtlingen helfen, eine Genehmigung des Innenministeriums brauchen. Voraussetzung dafür ist eine Durchleuchtung durch den Geheimdienst. Schlussendlich bedeutet dies, dass allein die migrationsfeindliche Regierung bestimmen kann, ob zivilgesellschaftlichen Gruppen Flüchtlingen Hilfe leisten dürfen.

Das mit viel öffentlichem Brimborium geschnürte "Stop-Soros-Gesetzespaket" darf als Mobilisierungsmaßnahme von Orbáns Fidesz-Partei im Wahlkampf verstanden werden. Ob es noch vor der Parlamentswahl am 8. April verabschiedet wird, ist offen. In jedem Fall ist dieser Vorstoß ein neuer Höhepunkt in der Kampagne gegen George Soros, der es sich zum Ziel gemacht hat, weltweit mit Milliardenbeträgen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu fördern. Der aus Ungarn stammende 87-jährige Holocaust-Überlebende ist von Orbán zum Erzfeind erklärt worden unter dem Vorwurf, er organisiere eine massenhafte Einwanderung von muslimischen Flüchtlingen, um Europa seiner christlichen Identität zu berauben. Beweise für einen solchen "Soros-Plan" gibt es nicht, aber Ungarns Regierung agitiert seit Monaten mit riesigen Anzeigenkampagnen gegen diese angebliche Verschwörung. Bereits im vorigen Sommer wurde ein Gesetz verabschiedet, wonach sich alle NGOs als "auslandsgeförderte Organisationen" registrieren lassen müssen, die im Jahr mehr als 24 000 Euro an Unterstützung aus dem Ausland erhalten. Die EU hat darauf mit einem Vertragsverletzungsverfahren reagiert und Ungarn im Dezember vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt.

Orbán selbst ließ es sich auch nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass vom neuen Gesetzespaket nicht nur die von Soros finanzierten Organisationen betroffen sein könnten, sondern auch Soros persönlich, bis hin zu einem Aufenthaltsverbot in Ungarn. Der Gesetzentwurf diene dazu, dass "man jene, die die Migration organisieren und finanzieren, von Ungarn fernhalten kann", sagte er jüngst im staatlichen Rundfunk. Soros könne aber "zum Bespiel von der Umsetzung des Soros-Plans absehen, dann betrifft ihn das neue Gesetz nicht".

© SZ vom 16.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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