Ungarn:Europas Schleifstein

Nach Afghanistan wird abgeschoben, in Orbans Land nicht.

Von Heribert Prantl

Ministerpräsident Viktor Orbán benimmt sich wie die Axt im Wald. Er hat in Ungarn die Menschenrechte abgeholzt und die Flüchtlingsrechte zerhauen. Niemand ist ihm in den Arm gefallen. Im Gegenteil: Horst Seehofer, der CSU-Chef, hat mit Orbán herumgeschmust. Dimitris Avramopoulos, der EU-Kommissar für Migration, hat so getan, als könne er die Probleme wegschunkeln. Das hat Orbán ermuntert, es immer toller zu treiben: Er lässt Flüchtlinge inhaftieren, internieren, malträtieren. Es gilt die Steigerung: mies, mieser, orbánisch. Sein neues Asylgesetz ist faktisch die Abschaffung des Asyls. Orbán tut alles, um Ungarn als EU-Land unmöglich zu machen.

Spät, viel zu spät reagieren nun EU-Staaten auf den Affront; sie tun es, weil der UN-Flüchtlingskommissar aufgeschrien hat. Deutschland will künftig keine Flüchtlinge mehr auf der Basis der Dublin-Regeln nach Ungarn überstellen, weil Asyl dort zur Fata Morgana geworden ist. Bei diesem faktischen Abschiebestopp kann es aber nicht sein Bewenden haben - da würde sich ja Orbán ins Fäustchen lachen. Die EU, deren Regeln so verhöhnt werden, muss ihre Sanktionsinstrumente auspacken und anwenden.

Unterm Strich zeigt sich jetzt ein makabres Paradoxon: Nach Afghanistan wird abgeschoben, nach Ungarn nicht. Afghanistan gilt als sicheres Herkunftsland. Ungarn ist unsicheres Drittland. Das verstehen nicht nur die Flüchtlinge nicht mehr.

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