Ungarn:Erste Risse

Die Fidesz-Partei erlebt in einer Orbán-Hochburg eine krachende Niederlage. Das könnte ein Signal für die Parlamentswahl sein.

Von Peter Münch

Auch wenn es nicht ganz leicht fällt: Den Namen des Städtchens Hódmezövásárhely sollte man sich merken. Für Nicht-Ungarn könnte dabei die deutsche Übersetzung hilfreich sein, Biberfeld-Marktplatz. Für Ungarn dürfte die Erinnerung daran reichen, dass hier einst an einem kalten Wintertag anno 2018 das gewaltige Machtgebäude von Viktor Orbán erste Risse gezeigt hat.

Gewiss, es ist nur eine Bürgermeisterwahl gewesen, bei der ein Kandidat seiner Fidesz-Partei nun krachend gegen einen unabhängigen Bewerber verloren hat. Doch diese Niederlage hält eine doppelte Botschaft bereit: Für die Opposition, dass Einigkeit stark macht. Denn in Hódmezövásárhely haben sich alle Kräfte von links bis weit rechts hinter dem siegreichen Kandidaten versammelt. Das könnte Signalwirkung haben für die Parlamentswahl am 8. April. Und für die Regierung, dass die Bevölkerung sich nicht mehr allein mit Hass- und Angstkampagnen gegen Flüchtlinge, George Soros oder die EU vom Machtmissbrauch ablenken lässt.

Noch sichert Orbán seine Herrschaft mit vielfältigen Manipulationen ab. Die wichtigsten Posten in Staat, Verwaltung und Justiz hat er mit seinen Gefolgsleuten besetzt, auch die Medien sind weitgehend unter Kontrolle, und die Wirtschaft wird von einer Oligarchen-Clique kontrolliert. Aber es gibt noch immer genügend wache Kräfte im Land, die sich diesem Orbánschen System entziehen. Das ist ein Hoffnungszeichen für Ungarn, und ebenso eines für Europa.

© SZ vom 27.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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