Ungarn 1920 bis 1945:Wie sich eine Monarchie zum Nazi-Staat wandelte

Admiral Horthy sorgte als Reichsverweser für eine enge Bindung zu Hitler-Deutschland. Am Ende errichteten ungarische Nazis ein mörderisches Regime.

10 Bilder

Nikolaus Horthy, 1928

Quelle: SCHERL

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Miklós Horthy herrschte zwischen 1920 und 1944 als Reichsverweser über Ungarn. Der Admiral für eine enge Bindung zu Hitler-Deutschland. Am Ende errichteten ungarische Nazis ein mörderisches Regime. Ein Rückblick in Bildern.

Fast ein Vierteljahrhundert herrschte Nikolaus (Miklós) Horthy von Nagybánya (1868-1957) über das Königreich Ungarn autoritär als Reichsverweser. Als Offizier der kaiserlich und königlichen Kriegsmarine von Österreich-Ungarn war er bis zum Admiral aufgestiegen.

Nach dem verlorenen Weltkrieg zerfiel das Habsburger-Reich. In Ungarn regierte eine kurzlebige Räterepublik, die Horthy erfolgreich bekämpfte. 1920 wurde die Monarchie wiederhergestellt, ohne König, dafür mit einem Reichsverweser: Horthy.

Im Bild: Horthy im Jahre 1928. Alle Aufnahmen dieser Galerie stammen aus dem Archiv von SZ Photo.

Demonstration gegen den Vertrag von Trianon, 1931

Quelle: Scherl / SZ Photo

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In Folge des Vertrages von Trianon musste Ungarn auf zwei Drittel seines Vorkriegsterritoriums zugunsten der zum Teil neu entstandenen Nachbarstaaten verzichten. Dies gab nationalistischen Kräften in Ungarn großen Auftrieb. Horthy machte sich den Unmut zu eigen und betrieb eine revisionistische Politik.

Im Bild: eine Massenkundgebung in Budapest gegen den Vertrag von Trianon im Jahre 1931. Die Aufnahme wurde seinerzeit nachbearbeitet.

Nikolaus Horthy am Heldentag Scherl / SZ Photo

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Zweimal wollte 1920 der frühere österreichische Kaiser Karl, der nicht formell auf die ungarische Krone verzichtet hatte, zurück auf den Thron in Budapest. Beide Male ließ ihn Horthy abblitzen.

Stattdessen setzte sich Horthy entsprechend selbst königlich in Szene und etablierte einen autoritären Staat: antiliberal, antidemokratisch, antisemitisch und revisionistisch.

Im Bild: Horthy schlägt einen verdienten Soldaten mit dem Säbel des Fürsten Rakoczy zum "Helden". Dieser erhält mit dem Heldenschlag den Titel "Vitéz" und zusätzlich Grundbesitz.

Unterzeichnung des Dreimächtepaktes durch Ungarn Scherl / SZ Photo

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Nach der Machtergreifung von Adolf Hitlers Nationalsozialisten orientierte sich Horthy immer mehr am Deutschen Reich. In der Entrechtlichung der Juden, wie in der Außenpolitik. Horthy suchte den persönlichen Kontakt zu den NS-Größen wie Hitler und Göring, man besuchte einander, ging in die Oper und taufte Kriegsschiffe.

Ab 1938 belohnte Hitler den Reichsverweser: Teile der unterjochten Nachbarstaaten fielen wieder zurück an Ungarn.

Im Bild: Unterzeichnung des Beitritts Ungarns zum Dreimächtepakt im Gelben Saal des Schlosses Belvedere in Wien am 20. November 1940. Sitzend von rechts: Ungarns Außenminister Csaky, Italiens Außenminister Graf Ciano, Reichsminister Joachim von Ribbentrop und Japans Botschafter Kurusu.

Ribbentrop, Hitler, Horthy, 1942 Scherl / SZ Photo

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1941 marschierten ungarische Truppen an der Seite der deutschen Wehrmacht in die Sowjetunion ein. Zeitgleich organisierten ungarische Offiziere Deportationen von Juden - und beteiligten sich an Massakern.

Im Bild: Hitler mit Horthy und dem deutschen Außenminister Joachim von Ribbentrop (links) im Führerhauptquartier "Wolfsschanze" 1942.

Wahl Stephan Horthys zum Reichsverweser-Stellvertreter, 1942 Scherl / SZ Photo

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Horthy versuchte offensichtlich, Ungarn langfristig wieder einen König zu bescheren: seinen Sohn István (Stephan), der auch in entsprechenden Uniformen posierte.

1942 ließ Horthy seinen Filius zum Reichsverweser-Stellvertreter ernennen (im Bild). Doch sein Sohn, der einige Jahre in den USA verbracht hatte, kritisierte den Umgang mit den Juden und beschrieb in Briefen von der Ostfront deren Schicksal. Kurze Zeit später kam István Horthy bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.

Juden in Ungarn Scherl SZ Photo

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In Admiral Horthys Reich war Antisemitismus von Beginn an Usus und sogar geltendes Recht. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges ließ Machthaber Horthy Rasse-Bestimmungen verabschieden, die sich an den berüchtigten Nürnberger Gesetzen orientieren.

Später zögerte der Reichsverweser, für Hitlers "Endlösung" alle ungarischen Juden zu deportieren. Nach einer ersten Welle ließ er 1944 "Evakuierungen" stoppen und wollte hinter den Kulissen einen Separatfrieden mit den Alliierten erreichen.

Im Bild: Ungarische Juden werden von Uniformierten festgesetzt. Am 19. März 1944 beginnen die Massenverhaftungen der Juden in Ungarn und die Transporte in die Vernichtungslager. Wo genau diese Aufnahme entstand, ist unklar.

Franz Szalasi, 1944 Scherl / SZ Photo

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Im Oktober 1944 wurde Horthy politisch kaltgestellt: Das noch radikalere Regime der Pfeilkreuzler übernahm die Macht - eine nationalsozialistische Partei, die sich in Ideologie, Herrschaftswesen und Symbolik an Hitlers NSDAP orientiert.

Nun konnten auch aus dem Land der Magyaren ungehindert die Züge in die Vernichtungsfabriken der SS rollen. Oder es wurde gleich in Ungarn gemordet: Todesschwadrone richteten Tausende Juden, Sinti und Roma in den letzten Kriegsmonaten hin.

Kopf der ungarischen Nazis war Ferenc Szálasi. Nach dem Krieg wurde ihm und seinen Kumpanen der Prozess gemacht. Er wurde öffentlich hingerichtet.

Im Bild: Szálasi, der selbsternannte "Führer der Nation", begrüßt 1944 den Kommandeur der Wache vor dem Kriegsministerium.

Ungarin gibt einem deutschen Soldaten in Budapest zu essen, 1945 Scherl / SZ Photo

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Der innere Terror hielt auch an, obwohl die Rote Armee Ende 1944 die Grenzen Ungarns erreichte. Zusammen mit deutschen Einheiten versuchen die Ungarn die Sowjets zurückzudrängen - ohne Erfolg. Bald wurde Ungarn ein Schlachtfeld, die Hauptstadt Budapest belagert.

Im Bild: Im eingeschlossenen Budapest gibt eine Ungarin einem deutschen Soldaten etwas zu essen. Die Aufnahme entsteht 1945.

Nikolaus Horthy als Zeuge in Nürnberg, DENA-Bild SZ-Photo

Quelle: DENA-BILD SZ-Photo

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Miklós Horthy überlebte den Krieg. Der ehemalige Reichsverweser hatte das Land an der Seite Hitler-Deutschlands in den Untergang geführt. 1946 wurde er als Zeuge bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen vernommen, danach verlebte er seinen Lebensabend in Freiheit: als Gast des faschistischen Salazar-Regimes in Portugal, wo er 1957 starb.

Im Bild: Horthy beeidigt seine Zeugenaussage bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen.

© Süddeutsche.de/odg
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