Krieg in der Ukraine:Putin spricht von "Völkermord"

Russian President Vladimir Putin looks on during a meeting with Cyprus President Nicos Anastasiades at the Novo-Ogaryovo state residence outside Moscow

Russlands Präsident Putin rückt die ukrainische Regierung in die Nähe von Menschenrechtsverbrechern.

(Foto: REUTERS)
  • Die Ukraine will die Separatisten in der Ostukraine nicht mit Erdgas versorgen. Russlands Präsident Putin erhebt deshalb Vorwürfe gegen die Regierung in Kiew. Dabei fällt auch das Wort "Völkermord".
  • Der ukrainischen Armee zufolge ist erstmals seit mehreren Wochen in den vergangenen 24 Stunden kein Soldat getötet worden. Die vereinbarte Waffenruhe werden weitgehend eingehalten.
  • Panzer des US-Militärs haben in der estnischen Grenzstadt Narva an einer Parade zum Unabhängigkeitstag des Nato-Partners teilgenommen.
  • Der estnische Staatschef Toomas Hendrik Ilves betonte bei den Feierlichkeiten die Wichtigkeit der Nato-Präsenz in den baltischen Staaten.

Putin: Es riecht nach "Völkermord"

Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Weigerung der ukrainischen Regierung, die von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete Donezk und Luhansk mit Erdgas zu versorgen, in die Nähe von Menschenrechtsverbrechen gestellt. In der Ostukraine herrsche bereits Hunger und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) spreche von einer humanitären Katastrophe, es rieche nach "Völkermord", die Menschen auch noch von der Erdgasversorgung abzuschneiden, sagte Putin in Moskau.

Die ukrainische Regierung hat soziale Leistungen wie Rentenzahlungen und andere Versorgungsdienste in die Rebellengebiete weitgehend eingestellt. Dadurch hat sich die soziale Lage der Bevölkerung in der Ostukraine verschärft.

Russland hatte vor zehn Tagen damit begonnen, von prorussischen Rebellen kontrollierte Gebiete in der Ostukraine mit Erdgas zu beliefern. Die Rebellen hatten zuvor mitgeteilt, die von ihnen gehaltenen Gebiete würden nicht mehr vom ukrainischen Gaskonzern Naftogas beliefert.

Seinerseits drohte Putin der Ukraine mit einem Stopp der Gaslieferungen. Der staatlich kontrollierte Energiekonzern Gazprom werde seine Lieferungen einstellen, sollte die Ukraine nicht zahlen, sagte er. Das werde auch Probleme für den Transit in die EU schaffen, der durch die Ukraine läuft. Er hoffe aber, dass es nicht so weit kommen werde.

Waffenstillstand weitgehend eingehalten

Mehr als eine Woche nach dem offiziellen Beginn des Waffenstillstandes in der Ostukraine scheinen sich Rebellen und Regierungstruppen weitgehend an die Vereinbarungen zu halten. Zum ersten Mal seit mehreren Wochen sei in den vergangenen 24 Stunden kein Soldat getötet worden, sagte ein Armeesprecher. Demnach gab es in den Regionen Donezk, Luhansk und Mariupol keine Gefechte. Die Zahl der Verstöße gegen die Feuerpause habe deutlich abgenommen.

US-Panzer nehmen an Parade in Grenzstadt teil

Amerikanische Militärfahrzeuge haben einem Bericht der Washington Post zufolge bei einer Militärparade in Estland teilgenommen - nur wenige Meter von der russischen Grenze entfernt. Die Parade mit Panzern, Kampffahrzeugen und Soldaten fand anlässlich des Unabhängigkeitstages in Estland in der Grenzstadt Narva statt. Die Stadt ist nur durch einen Fluss von Russland getrennt. An der Parade nahmen Soldaten des 2. Kavallerieregiments der US-Armee teil.

Estland ist Mitglied der Nato, ebenso wie seine baltischen Nachbarn Lettland und Litauen. Das Baltikum ist seit jeher ein Streitpunkt zwischen Russland und dem Westen. Vor ihrer Unabhängigkeit waren Estland, Litauen und Lettland Teil der Sowjetunion. Russland sieht die Aufnahme der baltischen Staaten in die Nato und in die EU als Beschneidung der eigenen Einflusszone und die Expansion der Nato als Sicherheitsbedrohung für das eigene Land.

Eine immer wieder diskutierte Aufnahme auch der Ukraine in die Nato befeuerte diese Ansichten im Kreml. Die Konfrontation zwischen Russland und dem Westen hat mit dem Krieg in der Ostukraine wieder eine Neuauflage erreicht.

Der estnische Staatschef Toomas Hendrik Ilves betonte die Bedeutung der Nato-Präsenz in den baltischen Staaten: "Der Einsatz von alliierten Streitkräften in den Grenzstaaten des Bündnisses ist eine Antwort auf die neue Realität", sagte er in seiner Rede am Nationalfeiertag. Estland gehört zu den wenigen Nato-Mitgliedstaaten, die noch eine allgemeine Wehrpflicht haben.

Litauen will Wehrpflicht wieder einführen

Litauen will wegen des Krieges in der Ukraine diese wieder einführen. "Wir müssen die Verteidigungskapazitäten des Landes stärken", sagte Staatspräsidentin Dalia Grybauskaitė nach einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates in der Hauptstadt Vilnius. In den kommenden fünf Jahren sollen etwa 3500 junge Männer eine neunmonatige Grundausbildung machen. Das Parlament muss dem noch zustimmen. Der Gesetzesentwurf soll Anfang März von der Regierung zur Diskussion eingebracht werden.

"Angesichts der veränderten geopolitischen Situation muss die Armee auch in Friedenszeiten gut vorbereitet sein für die bewaffnete Verteidigung des Landes", sagte Grybauskaitė. Das aktuelle Umfeld erfordere, die Armee stärker und schneller auszustatten. Litauen, das 2008 die Wehrpflicht abgeschafft hatte, sei wegen des russischen Vorgehens in der Ukraine besorgt um die eigene Sicherheit.

Nachbar Lettland hält die Wiedereinführung der Wehrpflicht dagegen für unnötig. Das Thema steht derzeit nicht auf der Agenda, sagte Regierungschefin Laimdota Straujuma. Weder Lettland noch den anderen beiden baltischen Staaten drohe derzeit eine militärische Invasion. Um die Sicherheit zu erhöhen, sollte aber die Grenze im Osten zu Russland verstärkt und moderne Militärausrüstung angeschafft werden, so Straujuma.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: