UN-Tribunal:Serbischer Nationalist Šešelj beschimpft UN-Tribunal nach seinem Freispruch

UN-Tribunal: Der serbische Nationalist Vojislav Šešelj bei einem Wahlkampf-Auftritt in Belgrad.

Der serbische Nationalist Vojislav Šešelj bei einem Wahlkampf-Auftritt in Belgrad.

(Foto: AP)

Er gilt als Propagandist eines Groß-Serbien, aber ein Kriegsverbrecher ist Vojislav Šešelj nicht, urteilt das Gericht. Nun fordert er eine Entschädigung für seine zwölfjährige U-Haft.

Der serbische Nationalist Vojislav Šešelj hat nach seinem Freispruch das UN-Kriegsverbrechertribunalbeschimpft. Es sei "ein antiserbisches Gericht in der Hand der westlichen Mächte", sagte Šešelj. "Es hat juristisch keinerlei Bedeutung." Für seine über zwölfjährige Untersuchungshaft beim UN-Tribunal werde er eine Entschädigung von 14 Millionen Euro verlangen. Es sei von "Anfang an klar gewesen, dass ich unschuldig bin", sagte der Extremist. Er habe "die dort präsentierten gefälschten Beweise zerstört".

Das UN-Tribunal hatte Šešelj freigesprochen. Die Beweise für seine Schuld an Kriegsverbrechen im Bürgerkrieg auf dem Balkan Anfang der 90er Jahre reichten nicht aus, urteilten die Richter in Den Haag. "Mit diesem Freispruch ist Vojislav Seselj ein freier Mann", erklärte der Vorsitzende Richter Jean-Claude Antonetti. In Kroatien und Bosnien-Herzegowina beschreiben die Medien den Freispruch als Schock und Schande.

Erstmals fiel Urteil in Abwesenheit des Angeklagten

Šešelj gilt als ehemaliger "Chefpropagandist von Groß-Serbien". Ihm wurden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen, es geht um die Ermordung Tausender und die Vertreibung mehrerer Zehntausend Kroaten und Muslime in Bosnien. Die Anklage hatte 28 Jahre Haft gefordert und dies unter anderem damit begründet, Šešelj habe paramilitärische Verbände aufgestellt, die Gräueltaten verübten. Zudem hätten seine Reden dazu beigetragen, die ethnische Gewalt gegen Nicht-Serben wachsen zu lassen.

Erstmals fiel ein Urteil am Tribunal in Den Haag in Abwesenheit des Angeklagten: Der 61-Jährige, der im November 2014 aus Gesundheitsgründen aus der Untersuchungshaft entlassen worden war, weigerte sich, zur Verkündung anzureisen.

Šešelj macht derzeit Wahlkampf, für die von ihm gegründete Serbische Radikale Partei (SRS) will er im April ins Parlament einziehen. Šešelj nutzte die Gelegenheit der Urteilsverkündung, um nochmals für seine Ideen zu werben: Trotz aller Verfahren gegen seine serbischen Landsleute in Den Haag bleibe "die Idee von Großserbien machtvoll mit mir oder ohne mich".

Vor seinem Freispruch hatte Vojislav Seselj in einem Interview noch einmal sein Weltbild präsentiert. Er sei der "größte Nationalist Serbiens", sagte er dem Magazin Nedeljnik. Die EU sei für ihn der Satan, der historische Verbündete seines Landes und die "große Liebe" Wladimir Putins Russland.

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