UN-Generaldebatte:Syrien-Krise bringt Obama und Putin zusammen

Ungeachtet massiver Differenzen loten der US-Präsident und sein russischer Kollege eine Kooperation im Nahen Osten aus, um die Lage im Bürgerkriegsland Syrien zu stabilisieren.

Von Nicolas Richter, New York

Trotz der Zerwürfnisse in den vergangenen Jahren ist US-Präsident Barack Obama offen für eine Zusammenarbeit mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin, um die Lage im Bürgerkriegsland Syrien zu stabilisieren. "Die USA sind zur Kooperation bereit, auch mit Russland", sagte Obama am Montag vor der UN-Generalversammlung in New York. Die Welt brauche ein starkes Russland, das bereit sei, "um des Friedens Willen zusammenzuarbeiten". Wochenlange Gespräche ihrer Regierungen sollten am späten Montagnachmittag (Ortszeit) in einem Treffen der beiden Staatschefs gipfeln.

Vor ihrer Begegnung allerdings betonten beide Präsidenten ihre Differenzen, im Allgemeinen wie auch in der Syrien-Frage. In seiner ersten Rede bei den UN seit zehn Jahren warf Putin westlichen Staaten vor, anderen Ländern ihr System aufzwingen zu wollen. Amerikaner und Europäer hätten etwa in Libyen eine Revolution militärisch unterstützt und nur Chaos hinterlassen. "Ist Euch klar, was Ihr angerichtet habt?", fragte Putin. "Illegal und nutzlos" sei auch die US-Hilfe für Rebellen in Syrien. Der Nato warf er vor, nach Osten zu expandieren, dies habe die Ukraine-Krise ausgelöst. Obama wiederum warnte in seiner Rede vor "gefährlichen Strömungen" auf der Welt und meinte damit Regime wie das von Putin, die im Inneren die Opposition unterdrücken und außen militärisch intervenieren. Obama plädierte für Diplomatie und die Achtung des Völkerrechts und verteidigte die westlichen Sanktionen gegen Russland. Sie seien kein Versuch, Russland zu unterdrücken, sondern die Antwort auf die jüngsten russischen Angriffe auf das Staatsgebiet der Ukraine.

In New York wurde auch deutlich, wie weit Obama und Putin im Fall Syrien auseinanderliegen. Washington verlangt den Rückzug des Diktators Baschar al-Assad. Obama sagte, nach den Gräueltaten des "Tyrannen" könne man nicht zur Lage vor dem Bürgerkrieg zurückkehren. Moskau dagegen sieht das Regime als legitim, als Garanten für Stabilität und als Bollwerk gegen den islamistischen Terror. Russland hat seine neuen Ambitionen in der Region zuletzt mehrmals verdeutlicht. Es hat jüngst seine Militärbasis bei Latakia ausgebaut, um den "Islamische Staat" zu bekämpfen, der Teile Syriens besetzt. Außerdem will Moskau mit dem Irak, Iran und Syrien Informationen über Extremisten teilen. Obama wiederum führt im Kampf gegen den IS eine Koalition aus Dutzenden Ländern an. Moskau und Washington verhandeln nun darüber, ob sie den Bürgerkrieg entschärfen können, der mehr als 200 000 Menschenleben gefordert hat.

Die Initiative für das Treffen Obamas und Putins war von Moskau ausgegangen, und die US-Regierung hat Skepsis durchblicken lassen. Obama war eine treibende Kraft, um Putin international zu isolieren, nachdem er die Krim annektiert hatte, die eigentlich zur Ukraine gehört. Allerdings hieß es in Washington auch, man müsse jede Chance nutzen, um Syriens Krise endlich zu beenden; es wäre daher unverantwortlich, mit Putin nicht wenigstens zu reden.

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