Umwelt:Wild-Wechsel

Lesezeit: 2 min

Deutschlands Jäger ringen um ein besseres Image - sie wollen nicht länger als eine Art blutrünstige Ballertruppe gesehen werden.

Von Susanne Höll

Deutsche Jäger haben es - so sehen sie das selbst - nicht leicht im 21. Jahrhundert. Denn seitdem vielerorts die Grünen mitregieren, werden die Jagdregeln zunehmend verschärft. Das erbost die Waidleute und führt zu regelmäßigen Verwerfungen mit der Öko-Partei. Die Streitigkeiten aber gehen selten zugunsten der Jäger aus, die sich energisch dagegen wehren, als eine Art blutrünstige Ballertruppe verunglimpft zu werden. Nun unternimmt der Deutsche Jagdverband (DJV) einen neuen Anlauf, das Ansehen der Zunft zu verbessern - frei nach dem Motto: Liebe geht durch den Magen.

Bundesweit preist der DJV den Verzehr von Reh, Hirsch, Wildschwein und anderem Getier an, mit dem Slogan "Wild auf Wild". Zögerlichen Verbrauchern soll die Angst vor dem geschmähten intensiv-strengen Geschmack von Wildbret genommen werden, mit Küchentipps und Menüvorschlägen, die weit über die traditionelle Keule mit Preiselbeeren hinausgehen. Unter den Menüvorschlägen in der Sammlung sind Rezepte für Carpaccio vom jungen Rotwildfilet und Saltimbocca vom Wildschwein - das klingt äußerst zeitgemäß. DJV-Sprecher Torsten Reinwald sagt, das Image des Jägers müsse weiterentwickelt werden. "Wir möchten zeigen, dass auch Jäger ganz modern sind."

Deshalb bietet der DJV auch allerlei Werbematerial an, das auf dem Markt oder im Hofladen genutzt werden kann: Theken, Aufsteller, Servietten, Schürzen, Sportkappen - alle mit dem "Wild"-Logo versehen - sollen eine frische und appetitliche Anmutung vermitteln. Es sei längst nicht mehr damit getan, das Fleisch auf einem womöglich betagten Tablett des Kräuterlikörherstellers Jägermeister zu präsentieren, sagt Reinwald.

Auch der Ruf des Wildbrets muss offenkundig poliert werden. Regelmäßig erkundet der Verband, wie die Deutschen über Jagd und Wildfleisch denken. Die jüngste Umfrage aus dem vergangenen Jahr ergab, dass gut 80 Prozent der Menschen Wildfleisch für gesund und empfehlenswert halten. Wird es beim Jäger gekauft, kann es auch als heimisches Produkt punkten. Allerdings gab nur rund die Hälfte der Befragten an, in den vergangenen zwölf Monaten selbst ein Stück Wild verspeist zu haben. Jagdleute und Gastronomen haben da offenbar noch einige Überzeugungsarbeit zu leisten.

Der DJV macht kein Geheimnis daraus, dass die kulinarische Kampagne das Bild vom verstaubten Jägertum zurechtrücken und den Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen soll. "Das wäre ein schöner Nebeneffekt", sagt Reinwald. Die organisierten Jäger sehen die Bevölkerung ohnehin auf ihrer Seite - von gut 80 Prozent Zustimmung spricht der Verband.

Tatsächlich ist mancherorts die Freude an Jagd und Jägern spürbar gewachsen, seitdem Wildtiere immer zutraulicher werden - etwa in den Vororten größerer und kleinerer Städte, wo Wildschweine die Blumenbeete auf der Suche nach Nahrung durchwühlen. Oder dort, wo sich Waschbären unter Hausdächern eingenistet haben, Nachwuchs großziehen, ansonsten schwerst randalieren und die Bewohner zur Verzweiflung treiben. Ist die Ruhe bedroht, wechseln die Präferenzen zuweilen schnell vom Tierschutz zum Menschenschutz.

© SZ vom 13.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: